Druckartikel: Gegenwind fürs Rathaus in Küps

Gegenwind fürs Rathaus in Küps


Autor: Friedwald Schedel

Küps, Freitag, 24. Juli 2015

Am kommenden Dienstag berät der Marktgemeinderat über den Beschluss des Verwaltungsgerichts Bayreuth, den Windpark Hain zu erlauben. Ein Fristversäumnis der Verwaltung wird als Ursache dafür genannt, dass es jetzt solche Probleme gibt. Marktgemeinderäte sind entsetzt.
Fünf Windräder dieser Größenordnung sollen auf dem Reinberg zwischen Wildenberg und Hain errichtet werden.  Foto: Friedwald Schedel


Egal, wie die Temperaturen am kommenden Dienstag sind, es wird eine heiße Sitzung werden. Dessen sind sich Mitglieder des Küpser Marktgemeinderats sicher. Und aller Voraussicht nach wird Bürgermeister Herbert Schneider (parteilos), der zu der Sondersitzung geladen hat, "gehörig der Kopf gewaschen". Warum eigentlich?

Der Rathaus-Chef hat es versäumt, dem Landratsamt Kronach das negative Votum des Marktgemeinderats zum Bauantrag für die Windräder bei Hain rechtzeitig zur Kenntnis zu geben. Zwei Tage nach der Sitzung stand es am 26. Juni 2014 in der Zeitung, dass die Mehrheit des Marktgemeinderats das gemeindliche Einvernehmen nicht erteilt, weitere drei Tage (bis 29. Juni) hätte die Verwaltung Zeit gehabt, das Abstimmungsergebnis des Marktgemeinderats der Behörde Landratsamt kund zu tun. Erst weitere Tage danach, am 2. Juli 2014, ging die Nichterteilung des gemeindlichen Einvernehmens im Landratsamt ein. Da war die Zweimonatsfrist aber schon abgelaufen.


Es ist sehr kompliziert

Zweimonatsfrist deshalb, weil die Gemeinde zwei Monate Zeit hat, zu einem Bauantrag positiv oder negativ Stellung zu nehmen. Tut sie das nicht, gilt der Bauantrag als positiv beschieden, selbst wenn hinterher eine Ablehnung kommt.

Die Sache ist aber noch viel vertrackter: Der Bauherr der fünf Windräder, die MVV Energie AG aus Mannheim, reichte den Bauantrag nicht - wie allerorts üblich - über die Gemeinde ein, sondern über das Landratsamt. Dieses wiederum forderte die Gemeinde zu einer Stellungnahme auf. Die gab es auch, sie war ablehnend, aber sie ging einige Tage zu spät in der Kronacher Güterstraße ein. Trotzdem, und das kann vom Anwalt des Marktes Küps als Steilvorlage gesehen werden, wurde das ablehnende Votum des Marktgemeinderats im Landratsamt zur Kenntnis genommen und später die gemeindliche Zustimmung durch das Amt ersetzt.

Das hatte Bürgermeister Schneider auch vorausgesehen, denn wer A sagt, muss auch B sagen. Sprich: Der Marktgemeinderat hatte die Fläche bei Hain als Vorrangfläche für Windenergie ausgewiesen und wunderte sich dann, dass dort oben tatsächlich wer Windräder errichten wollte.


Windkraftgegner oder nicht?

Dass der Marktgemeinderat eigentlich keine rechtliche Handhabe hatte, dem Bauantrag nicht zuzustimmen, hatte der Bürgermeister als Verwaltungsfachmann auch mehrfach betont und bemerkt, dass das Landratsamt das gemeindliche Einvernehmen einfach ersetzen werde, was ja auch tatsächlich geschah. Beim ganzen Procedere hatte das Gemeindeoberhaupt den Eindruck erweckt, dass es nicht unbedingt zu den Windkraftgegnern zu zählen sei.

Ein Windkraftgegner, der den Widerstand tatkräftig organisiert hat, ist Helmut Schiffner vom Schlosshof in Hain. Der hatte auch nach dem Bekanntwerden des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Bayreuth zum Eilantrag aus Mannheim den richtigen Riecher. Schiffner blickte auf seine Erfahrungen während seiner Studentenzeit zurück, die er in einer Rechtsanwaltskanzlei, die viel mit Eilanträgen zu tun gehabt hatte, in acht Jahren Tätigkeit dort gemacht hatte. "Wenn ein Eilverfahren so schnell durchgewunken wird, müssen Formfehler gemacht worden sein." Schiffner vermutete reine Verfahrensfehler wie Fristversäumnisse. "Das wäre ein Super-Gau!"

Und er hatte damit ins Schwarze getroffen, wie ein Sprecher des Verwaltungsgerichts am Freitag auf Anfrage bestätigte. Der Widerspruch der Gemeinde gegen den Bauantrag sei zu spät beim Landratsamt eingegangen. Die Behörde hätte das gemeindliche Einvernehmen gar nicht mehr ersetzen müssen, habe dies halt aus Sicherheitsgründen trotzdem getan. Die Bayreuther Richter hätten deshalb in ihrem Beschluss gar keine andere Entscheidung treffen können. Alles andere wäre ein Rechtsverstoß gewesen.

Die 2. Kammer des Verwaltungsgerichts war beim Eilverfahren der Meinung, die Klage des Marktes Küps habe offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Klage des Marktes Küps sei wegen fehlender Klagebefugnis unzulässig. Das Einvernehmen des Marktes Küps gelte als erteilt, weil binnen zwei Monaten kein Widerspruch der Gemeinde erfolgt sei. Der Markt Küps habe das Einvernehmen nicht innerhalb dieser Zweimonatsfrist verweigert.

Bürgermeister Herbert Schneider bestätigte, dass er den Beschluss des Verwaltungsgerichts "überflogen" habe, hielte es "aber für gewagt, dazu etwas zu sagen". Er verwies auf die Stellungnahme des Anwalts der Gemeinde, der auf die formaljuristischen Sachen eingehen werde.


Räte sind entsetzt

Zweiter Bürgermeister Bernd Rebhan (CSU) rang nach den richtigen Worten, als er die Fristversäumnis kommentieren sollte. Dadurch würden der Wille der Bevölkerung und das Votum des Marktgemeinderats ausgehebelt. Dritte Bürgermeisterin Helga Mück (FW) war entsetzt, dass der Wille der Bürger und Räte unterlaufen werde und maßlos enttäuscht, "wie so etwas passieren kann". Ralf Pohl (SPD) sagte, wenn sich das Ganze so darstelle wie es jetzt den Anschein habe, brauche man am Dienstag gar nicht reden. Vielleicht hätte das Landratsamt eindeutiger auf die Frist hinweisen müssen. An was es gelegen habe, müsse man klären.


Der Windpark in Hain

Beschluss Das Verwaltungsgericht Bayreuth hat am 17. Juli den Beschluss gefasst, "den sofortigen Vollzug der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für den Windpark bei Hain anzuordnen".

Eilantrag Damit wurde dem entsprechenden Eilantrag der MVV Energie AG aus Mannheim stattgegeben. Das heißt, die Mannheimer dürfen sofort mit dem Bau beginnen, müssen aber, wenn später eine gegenteilige Entscheidung getroffen würde, alles wieder zurückbauen.

Sondersitzung Der Marktgemeinderat Küps berät am 28. Juli, 18.30 Uhr, in einer von Bürgermeister Herbert Schneider einberufenen Sondersitzung über das weitere Vorgehen, denn es kann gegen den Beschluss der Bayreuther Verwaltungsrichter Beschwerde beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in München eingelegt werden.