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Gedenkstein erinnert an Grenzöffnung bei Tschirn


Autor: Friedwald Schedel

Tschirn, Mittwoch, 05. November 2014

Am 23. Dezember 1989 wurde der Grenzübergang zwischen Tschirn und Brennersgrün geöffnet. Der Dirigent der Blaskapelle "Edelweiß", Adelbert Greiner, erinnert sich, wie er zum Metallgitterzaun marschierte. Das Jubiläum "25 Jahre Mauerfall" wird am 7. Dezember in Brennersgrün begangen.
Adelbert Greiner am Gedenkstein neben der Straße zwischen Tschirn und Brennersgrün. Der Stein steht an der Stelle, an der einst die Grenze verlief und erinnert an die Wiedervereinigung Deutschlands am 3. Oktober 1990. Foto: Friedwald Schedel


Adelbert Greiner, der Dirigent der Blaskapelle "Edelweiß" aus Tschirn, bekommt immer noch feuchte Augen, wenn er sich an die Ereignisse vor 25 Jahren erinnert, die zur Öffnung des Grenzübergangs zwischen seinem Heimatort Tschirn und dem benachbarten Brennersgrün in Thüringen führten.

"Es war am Tag vor dem Heiligen Abend, als sich das Tor im Metallgitterzaun endlich öffnete und unsere Brennersgrüner Freunde auf uns zuströmten", berichtet der Dirigent, der zusammen mit der Blaskapelle einen wesentlichen Anteil daran hatte, dass auch die Gemeinde Tschirn einen Grenzübergang erhielt, damit man die alten Verbindungen in die Thüringer Nachbarorte wieder auffrischen konnte. Über vier lange Jahrzehnte war man abgeschottet, eine undurchdringliche Barriere aus Metallgitterzäunen, Selbstschussanlagen und Minenfeldern, zudem noch bestens von einem Heer von DDR-Grenztruppen bewacht, trennte die Tschirner von ihren Nachbarn in Brenners grün. Damit sollte im November 1989 Schluss sein. Da sich überall rundum Grenzübergänge auftaten, wollten auch die Tschirner die alte Verbindung nach Thüringen wieder reaktivieren. Vor dem Zweiten Weltkrieg wurde die Straße auf dem Höhenzug zwischen Hesselbach und Brennersgrün auch von den vielen Schieferarbeitern aus dem Frankenwald, die in den Schieferbrüchen in Lehesten arbeiteten, benutzt.

Mit dem Bus nach Brennersgrün

"Etwa zwei Wochen vor Weihnachten fuhren wir, Gemeinderäte, Musiker und Vereinsvorstände, mit einem Bus über den Grenzübergang Rodacherbrunn bei Nordhalben nach Brennersgrün", erinnert sich Dirigent Greiner. Von Brenners grün aus zogen die Tschirner mit Marschmusik zum Metallgitterzaun, um dessen Öffnung in ähnlicher Weise zu erzwingen wie dies Wochen zuvor zwischen Welitsch und Heinersdorf gelungen war. "Die DDR-Grenzer haben vielleicht dumm geguckt, als wir anmarschierten", erinnert sich Adelbert Greiner. "Für uns war das wie in einem spannenden Film. ,Wie geht's weiter?‘ fragten wir uns." Aber der Zaun, der nur wenige Hundert Meter von Brennersgrün entfernt ist, blieb zu. Man musste sich noch zwei endlos lange Wochen gedulden. Dann lagen sich alle freudestrahlend in den Armen, weil sie einen Tag vor Heiligabend ein vorgezogenes Weihnachtsgeschenk erhalten hatten. "Wir konnten uns das Wochen vorher nicht vorstellen, dass wir das noch erleben würden", ist Adelbert Greiner noch immer überwältigt von den Ereignissen des Jahres 1989.

Christbaum am Zaun

Ganz mutige Tschirner hatten zuvor einen mit Glaskugeln geschmückten Weihnachtsbaum direkt vor dem Metallgitterzaun platziert - auf Thüringer Gebiet und in Schussweite vom DDR-Beobachtungsturm entfernt. Ein Jahr zuvor wäre das noch lebensgefährlich gewesen.

Der Tschirner Dirigent erinnert sich, dass man in Brenners grün hervorragend bewirtet wurde: mit Thüringer Bratwürsten, Glühwein und Plätzchen.

Die Tschirner Musiker hatten in der Folge viele Auftritte in Thüringen. Sie spielten die Silvesterständchen in Brenners grün und seit zehn Jahren sorgen sie auch beim dortigen Dorffest für die musikalische Unterhaltung. "Die wollen immer das Rennsteiglied und das Oberfrankenlied hören", stellt der Dirigent die Heimatverbundenheit heraus. Die Klangqualität der Tschirner Blaskapelle bescherte ihr auch eine Reihe von Gastspielen in anderen Thüringer Orten.

Viele Freundschaften

In den vergangenen 25 Jahren haben sich viele Freundschaften zwischen Tschirner und Brennersgrüner Familien entwickelt. Auch die Greiners haben Freunde aus Brennersgrün. Die sind zwar inzwischen aus dem Nachbarort weggezogen, aber die Freundschaft hält immer noch. Auch der Tschirner Torwart Henry Müller ist ein Brenners grüner. Der stieß vor Jahren zur Mannschaft des SSV und bildet einen Rückhalt der Fußballer. "Das ist ein hervorragender Torwart", lobt Adelbert Greiner.

Feier am 7. Dezember

"25 Jahre Grenzöffnung" wird am 7. Dezember ganz groß gefeiert. "Wir treffen uns am 7. Dezember am ehemaligen Grenzübergang und ziehen dann zum Brennersgrüner Gemeindehaus", kündigt Dirigent Greiner an. "Die Brennersgrüner kamen auf uns zu und schlugen vor, am 7. Dezember dieses Fest durchzuführen", berichtet Greiner. Bis zu diesem Zeitpunkt müssen die Brennersgrüner allerdings noch tüchtig zupacken. Zurzeit läuft die Renovierung des verschieferten Gemeindehauses auf Hochtouren. Aber bis zum Nikolaustag soll alles fertig sein.