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Für wen der Oscar zum Greifen nah ist


Autor: Marian Hamacher

Kronach, Freitag, 26. Februar 2016

Geht es nach den Nutzern von infranken.de, darf sich ein großer Favorit über die goldene Statue freuen.
Symbolbild: dpa


Heidemarie Wellmann liebt das Kino. Den Geruch frisch zubereiteten Popcorns, die sich langsam aufbauende Stimmung bei den Zuschauern. Kurz: Die Atmosphäre. "Es ist wie im Theater. Man taucht in eine andere Welt ein und lässt die Realität vor dem Eingang", schwärmt die neue künstlerische Leiterin der Rosenberg-Festspiele. Doch Filme betrachtet sie nur noch selten auf der großen Leinwand. "Einerseits, weil ich kaum noch Zeit dazu habe, andererseits, weil ich das Gefühl habe, dass das Kino derzeit nicht für mich produziert, sondern vor allem für Comic-Fans", erklärt die 43-Jährige. "Manchmal bekomme ich auch gar nicht mit, dass ein interessanter Film ins Kino gekommen ist, weil nur die großen Mainstream-Streifen beworben werden."


Absolut überzeugend

Verzichten möchte Wellmann auf ihre "Alternativwelt" aber nicht. Die Lösung: DVD. Auf 200 bis 300 Silberscheiben schätzt sie ihre Sammlung inzwischen. Zu finden seien darunter auch Action-Streifen - und sogar Comic-Verfilmungen: "Zum Beispiel die beiden ,The Amazing Spider-Man‘-Filme mit Andrew Garfield. Der spielt seine Rolle einfach absolut überzeugend." Es komme darauf an, dass ein Film gut gemacht ist. "Da ist das Genre dann egal", erklärt Wellmann.

Die gleichen Kriterien gelten natürlich auch für die US-amerikanische Academy of Motion Picture Arts and Sciences (AMPAS), die in der Nacht zu Montag in Los Angeles zum inzwischen 88. Mal mit dem "Oscar" den wichtigsten Filmpreis der Welt verleihen wird. Ob sie zu später Stunde den Fernseher einschalten wird, weiß Wellmann noch nicht. "Ich habe erst vor rund zehn Jahren erfahren, dass die Verleihung auch im deutschen Fernsehen live übertragen wird. Da habe ich mir schon mache Nacht um die Ohren geschlagen", erzählt die Schauspielerin, die schon 1995 bei den ersten Faust-Festspielen auf der Bühne stand.

Noch mehr Spaß als die Veranstaltung habe es ihr allerdings gemacht, im Internet die Kommentare zu verfolgen, die sich wahlweise über die Kleider der Stars oder Versprecher der Moderatoren und Redner amüsierten. Darauf dürfte auch diesmal ihr Fokus liegen, denn die prämierten Filme landen wohl erst im Laufe des kommenden Jahres im DVD-Player der Schauspielerin.


Der sechste Anlauf

Eine Einschätzung, wer wohl die goldene Statue in die Höhe recken wird, möchte sie daher nicht abgeben - basieren ihre Informationen doch lediglich auf einigen Trailern, die die Zuschauer in die Kinosäle treiben sollen. "Was ich dort von ,The Revenant‘ gesehen habe, hat mir aber sehr zugesagt. Die Frage, wie weit Rache gehen darf? Wenn ich Zeit gehabt hätte, wäre ich da sicherlich reingegangen", lobt Wellmann genau jenen 156 Minuten langen Western-Thriller, der mit zwölf Nominierungen als großer Favorit der Verleihung gilt.

Der mexikanische Regisseur Alejandro G. Iñárritu darf sich ebenso große Hoffnungen darauf machen, eine Dankesrede zu halten, wie sein Hauptdarsteller Leonardo DiCaprio - der in seinem sechsten Anlauf endlich erfolgreich sein möchte. "Ich mag DiCaprio nicht, aber mit dieser Leistung muss er einfach einen Oscar gewinnen. Wenn nicht jetzt, dann erhält er nie einen", schreibt eine Userin auf der Facebook-Seite von infranken.de.


Großer Vorsprung

Denn in diesem Jahr ließ der Fränkische Tag seine Leser abstimmen, wem sie die Trophäe überreichen würden. In der virtuellen Preisverleihung würden die Verantwortlichen des großen Oscar-Favoriten wohl aus dem Grinsen gar nicht mehr herauskommen: In der Hauptkategorie als bester Film hätte "The Revenant" mit 51 Prozent gegenüber "Der Marsianer" mir Matt Damon (19) klar die Nase vorn. Noch größer als der Vorsprung von Iñárritu als bester Regisseur (63) ist DiCaprios als bester Hauptdarsteller.

76 Prozent sähen ihn deutlich vor Eddie Redmayne (The Danish Girl/11) und Michael Fassbender als Steve Jobs (8). Auf gefühlt ebenso große Zustimmung traf der Vorschlag eines anderen Users, Sercan Sararer vom Fußball-Zweitligisten Fortuna Düsseldorf in dieser Kategorie auszuzeichnen. "Für seine Schauspieleinlage, die am Montag zum Witz-Elfmeter gegen den ,Glubb‘ geführt hat", schrieb er. Glück für Sararer, dass allein die Nominierten der AMPAS als Grundlage der Umfrage dienten.


Eine andere Auswirkung

Bei den Frauen sehen die FT-Leser Jennifer Lawrence für ihre Rolle als alleinerziehende Mutter Joy Mangano, die zu einer der erfolgreichsten Unternehmerinnen der USA wird, mit 57 Prozent deutlich vor Cate Blanchett (Carol/21). Die zweitplatzierte Australierin würde wiederum von Heidemarie Wellmann favorisiert. "Sie ist eine meiner Lieblingsschauspielerinnnen", erklärt die 43-Jährige. "Wenn sie eine Elfenkönigin spielt, ist sie eine Elfenkönigin, spielt sie eine Lehrerin, ist sie eine Lehrerin. Blanchett verkörpert ihre Rollen perfekt."
Wer am Ende auf der Bühne glücklich mit den Tränen kämpft, ist Stefan Grober hingegen egal. "Die Oscars interessieren mich nicht sonderlich. Ich weiß noch nicht einmal, wer so alles nominiert ist", sagt der Leiter der Kronacher "Filmburg". Zwar sei er Fan von Filmen, nicht aber von Preisverleihungen. Davon wolle er einen guten Film nicht abhängig machen. "Mir geht es mehr um Qualität und Aussagekraft", so der 54-Jährige. Zudem habe die Verleihung in Deutschland eine ganz andere Auswirkung als in den USA: "Es kommt höchstens vereinzelt einmal vor, dass mehr Zuschauer kommen, weil der Film einen Preis erhalten hat."