FOS Ludwigstadt: Nur ein Viertel schaffte das Abi
Autor: Veronika Schadeck
Ludwigsstadt, Montag, 30. Juni 2014
Das erste Fachabitur an der Fachoberschule am Rennsteig in Ludwigsstadt ist absolviert, doch das Ergebnis sieht furchtbar aus: Nur vier der 16 Schüler haben die Prüfung auf Anhieb bestanden. Die Verantwortlichen suchen nach Ursachen.
Die schriftlichen Prüfungen an der Fachoberschule in Ludwigsstadt sind vorbei. Doch die Schüler zittern weiter. Der Grund: Nach dem aktuellen Stand sollen nur vier von 16 Schülern das Fachabitur in der Tasche haben. In dieser Wochen laufen nun die mündlichen Prüfungen. Das endgültige Ergebnis gibt es Anfang nächster Woche.
"Wir sind total frustriert", meint eine Mutter, die namentlich nicht erwähnt werden möchte. Die Eltern hätten viel Hoffnung in die FOS am Rennsteig gesetzt und auch finanzielle Belastungen auf sich genommen. Einige Schüler, so erzählt sie, haben einen Ausbildungsvertrag in der Tasche, allerdings unter der Prämisse, dass sie ein Fachabitur vorweisen können. Und nun diese Situation.
Fehlende Unterrichtsqualität
Die Frage nach möglichen Ursachen begründet sie mit einer fehlenden Qualität des Unterrichts. Die Lehrer hätten es ihrer Meinung nach nicht verstanden, den Lernstoff den Schülern verständlich zu vermitteln. Fragen bezüglich des Lehrplanes, Praktika und Prüfungen haben auf die Schnelle nicht beantwortet werden können.
Weiterhin hätten die Schüler erst im Laufe der zwölften Klasse erfahren, dass sie beispielsweise in bestimmten Fächern, wie Physik/Chemie oder Wirtschaftsinformatik, geprüft werden.
"Vorher war das kein Thema!" Der Elternbeirat, so eine andere Mutter, habe mehrmals das Gespräch mit der Schulleitung gesucht. Auch mit dem Förderverein sei gesprochen worden. Sie klagt über Stundenausfälle und dass ihrer Meinung nach einige Lehrer für den Job nicht geeignet gewesen seien. Die Idee der FOS mit Praktika, der modernen Kommunikationsausstattung oder den Kontakten zu den Betrieben sei nicht schlecht. Es seien durchaus auch kompetente Lehrkräfte dabei.
Leider haben auch die Prüfungsvorbereitungen und der von Zeit zu Zeit angesetzte Nachfolgeunterricht nicht den gewünschten Erfolg gebracht.
Einige Schüler werden nun das Jahr wiederholen, meinen beide Mütter. Sicherlich, das Endergebnis steht erst nächste Woche, wenn auch die mündlichen Prüfungen absolviert sind, fest und so hoffen die Mütter, dass noch mehr Schüler ihr Fachabitur erreichen - "aber es fragt sich nur wie!"
Schwierige Situation
Es ist für alle Beteiligten eine schwierige Situation. Noch vor wenigen Wochen berichteten zwei Schüler gegenüber unserer Zeitung, dass sie recht zuversichtlich sind, ihr Fachabitur in den Händen halten zu können. Sie berichteten von Prüfungsvorbereitungen und freiwilligen Unterrichtsstunden. Aufgrund dessen, dass sie relativ wenig Schüler seien, könnten die Lehrer auch verstärkt auf die persönlichen Belange eingehen, hieß es damals.
"Über Zahlen sage ich nichts", will sich der Schulleiter der Fachoberschule Coburg, Anton Staudigl, dazu nicht weiter äußern. Seine Schule war es, unter dessen Federführung die Prüfungen an der FOS am Rennsteig durchgeführt wurden.
Das war wegen der staatlichen Anerkennung des Fachabiturs erforderlich. Im Klartext: Es mussten die gleichen Aufgaben wie an einer staatlichen FOS, also in Englisch, Mathematik, Deutsch und - je nach technischem oder wirtschaftlichem Zweig - in Physik beziehungsweise Betriebswirtschaftslehrer/Rechnungswesen gelöst werden.
Der Unterschied aber ist, so Staudigl, dass die Schüler der privat geführten FOS am Rennsteig als "externe Bewerber" gelten. Das bedeutet, sie müssen mehr Prüfungen als Schüler einer staatlichen FOS ablegen, da alle bisherigen Leistungen während des Schuljahres keine Berücksichtigung im Fachabiturzeugnis finden. Sozialkunde sei für alle "Externen" verpflichtend. Darüber hinaus haben die Bewerber drei weitere Pflichtfächer der jeweiligen Ausbildungsrichtung zu wählen. Dies können Fächer wie Geschichte, Ethik, Technologie, Chemie, Wirtschaftsinformatik sein.
Dies ist im Paragraph 75 der Fachober- und Berufsoberschulordnung festgelegt. Die Frage zwecks Austausch zwischen den beiden Fachoberschulen beantwortet Staudigl mit zwei offiziellen Zusammenkünften. Die Fachbetreuer jedoch haben untereinander Kontakt gehabt. Allerdings habe man keine konkreten Aussagen bezüglich der Prüfungsfragen machen können, denn "wir wissen diese ja selbst nicht". Und er betont: "Wir stehen der FOS am Rennsteig positiv gegenüber und wir sehen in dieser Bildungseinrichtung auch keine Konkurrenzsituation zu uns!"
Bevor das Endergebnis nicht steht, könne er keine Aussage treffen, sagt auch der Geschäftsführer der Heinz-Holding, Thomas Kneitz. Erst, wenn ein endgültiger Stand vorhanden ist, könnten die an der FOS beteiligten Partner - sprich Förderverein, Landkreis Kronach und der Schulträger Sabel - den weiteren Weg bezüglich Finanzierung, Entwicklung und so weiter treffen.
Es wird auch auf die Unternehmer Carl-August Heinz und Nikolaus Wiegand ankommen, die doch einen wesentlichen Beitrag für diese Schule leisten.
Auch Nikolaus Wiegand will erst das endgültige Ergebnis abwarten, sagt nur so viel: "Die Idee der FOS am Rennsteig ist gut, aber es wird noch an der Umsetzung gearbeitet werden müssen."
Er könne verstehen, wenn Eltern enttäuscht sind, so der Schulleiter der FOS, Frank Kücholl. Bezüglich der vorgebrachten Kritikpunkte meint er, dass in den Fächern Deutsch, Englisch und Mathematik pro Woche eine zusätzliche Stunde stattgefunden habe.
Es habe Vorbereitungsunterricht an Sonnabenden und an fünf Tagen während der Oster- und Pfingstferien gegeben. An Quantität sei nicht mehr möglich gewesen.
Fleiß erforderlich
Bezüglich Qualität meint er, es sei Wissen entsprechend der Prüfungsanforderungen vermittelt worden. Und er betont: Bei jedem Vertragsgespräch seien die Bewerber informiert worden, dass sie in acht Fächern geprüft werden. Kücholl stellt auch klar, dass seitens eines Schülers während der zwei Jahre FOS kontinuierlicher Fleiß und die Bereitschaft zum Lernen erforderlich seien, um die Fachoberschule erfolgreich beenden zu können.
Der Vorsitzende des Fördervereins, Wolfgang Feuerpfeil will das Endergebnis abwarten. Er räumt ein, dass es Hinweise auf Unstimmigkeiten gegeben habe. Und er spricht von strukturellen Verbesserungen, die bereits eingeleitet sind. Welche? Diese will er erst nach dem Endergebnis der Öffentlichkeit mitteilen.
Staatliche Anerkennung hängt von Erfolg ab
Die FOS am Rennsteig wird zurzeit durch die Unternehmer Carl-August Heinz, Nikolaus Wiegand sowie durch den Landkreis Kronach finanziert. Weiterhin wird die FOS durch heimische Firmen aus der Region und das Schulgeld unterstützt.
Wenn alles gut läuft, kann im Laufe des Schuljahres 2015/2016 die staatliche Anerkennung erfolgen. Wie der stellvertretende Pressesprecher des Bayerischen Kultusministeriums, Henning Gießen, auf Anfrage erklärte, müssen zwei Drittel der Schulabgänger an zwei aufeinander folgenden Jahren die Fachhochschulreife bestehen.
Danach könne die Schule einen entsprechenden Antrag auf staatliche Anerkennung stellen. Ist dieser Status erreicht, kann die Schule in Eigenregie ihre Fachabiturprüfungen ablegen und erhält auch staatliche Förderungen.