Druckartikel: Forderung: Der Landkreis solle in der "Taxi-Problematik" aktiv werden

Forderung: Der Landkreis solle in der "Taxi-Problematik" aktiv werden


Autor: Hendrik Steffens

Kronach, Donnerstag, 12. März 2015

Es sei "Glückssache", ob man im Kreis Kronach spontan ein Taxi bekomme, meint Ingrid Steinhäußer. Sie und ihr Mann fahren regelmäßig Taxi und erleben häufig Verzögerungen. Sie kritisieren das "System Taxi" im Landkreis.
Blick auf die Uhr: Ingrid und Peter Steinhäußer mussten in der Vergangenheit häufig lange auf ein Taxi warten.  Foto: Hendrik Steffens


Ingrid und Peter Steinhäußer haben eine Liste geschrieben. Darauf sind Situationen vermerkt, in denen sie oder Bekannte ein Taxi gebraucht hätten - und gerade keins zur Stelle war. Und die Tageszeiten, die sie aufführen, liegen nicht jenseits von Mitternacht, sondern morgens, abends oder vormittags. Die Schuld daran, dass es "reines Glück" sei, spontan ein Taxi zu bekommen, gibt das Ehepaar aber nicht etwa den Taxifahrern, sondern einem fehlerhaften System im Landkreis Kronach.

Es sind zwei Worte, die das Ehepaar Steinhäußer ärgern: "kein Handlungsbedarf". Die hatte Landrat Oswald Marr am Montag im Kreisausschuss geäußert, als es um die Problematik ging, dass im Kreis Kronach teilweise nur schwer ein Taxi zu bekommen sei.

"Für den Landrat existiert das Problem freilich nicht. Er hat ja auch Dienstwagen und Chauffeur", sagt Ingrid Steinhäußer. Sie beanstandet das Taxi-System im Landkreis Kronach und wünscht sich, dass es von Seiten des Landratsamtes intensiv auf Schwächen untersucht wird.

Nicht nur nächtliches Problem
Dass nachts nur schwer ein Taxi zu bekommen sei, sei nur ein Aspekt des Problems, meinen die Steinhäußers. Und dass es Probleme gebe, sei nicht erst seit Einführung des Mindestlohns so. Obwohl genau das beides bei der Diskussion im Kreisausschuss angemerkt wurde. Das Ehepaar teilt sich seit vielen Jahren - vor allem aus Umweltschutzgründen - ein Auto und nimmt daher oft die Dienste von Taxiunternehmen in Anspruch. "Wir würden den Anbietern auch gern mehr zu verdienen geben, wenn es denn immer klappen würde. Aber das ist nicht der Fall", sagt Ingrid Steinhäußer.

Peter Steinhäuser erinnert sich an einen konkreten Fall: Abends gegen 21.30 Uhr stand er am Kronacher Bahnhof - 45 Minute wartete er in der Winterkälte auf ein Taxi. Ein anderes Mal hätten Kollegen gegen 23 Uhr vor einem Lokal auf Abholung gewartet. "Es war einfach kein Taxi zu bekommen. Die Bedienung musste sie nach Haus fahren", sagt Steinhäußer. Wieder ein anderes Mal habe eine schwer kranke Frau, mit der das Ehepaar gut befreundet ist, vor der Arztpraxis eine geschlagene Stunde auf den Wagen gewartet. "Es sind keine Einzelfälle. Deshalb wundert es uns so, dass kein Handlungsbedarf gesehen wird", sagt Ingrid Steinhäußer.

Inzwischen sei die Taxi-Thematik ein Dauerthema bei der Seniorengemeinschaft, der die beiden fitten Pensionäre angehören. Man fahre sich, wenn es geht, gegenseitig. Auch einen Mietwagendienst nimmt das Ehepaar manchmal in Anspruch. "Allerdings ist beides nicht spontan verfügbar, muss geplant werden", sagt sie. Spontan könne eben nur ein funktionierendes Taxi-System sein.

Und das suche man im Kreis Kronach vergeblich. Die Steinhäußers wünschen sich, dass das Landratsamt hier ansetzt. So ein ineffizientes System wie im Kreis Kronach, meinen sie, hätten sie nirgendwo anders erlebt. Vielleicht hapere es an der Vernetzung der Unternehmen untereinander.

Die Sicht des Unternehmers
Karl-Heinrich Dauer ist genervt von der öffentlichen Diskussion, die um das Thema Taxi aufgekommen ist. Dass es ständig Probleme mit zu langen Wartezeiten gebe, hält er für unwahr. "Ich habe seit dem 1. Januar keine Beschwerde erhalten", sagt Dauer.

Aber nur dann - nämlich wenn sich unzufriedene Kunden mit ihm in Verbindung setzten - könne er reagieren. "Jeder, der ein Problem mit dem Taxiservice hat, kann in unserem Büro anrufen." Angesprochen auf den Vorwurf, dass am Wochenende nachts nach 3 Uhr keines seiner Taxen mehr fahre, holt er einen Dienstplan heraus: Vergangener Samstag, 7. März. Drei Fahrer waren im Einsatz. Von zweien legt Dauer Aufzeichnungen vor, die bezeugen, wann sie in der Nacht unterwegs waren: Der eine von 20 bis 5.30 Uhr, der andere von 18 bis 5.30 Uhr. "Ich störe mich an dieser Behauptung, ab 3 Uhr sei kein Wagen mehr zu bekommen", sagt Dauer und zeigt auf den Gegenbeweis in Form der Aufzeichnungen seiner Fahrer.

Klar, in der Woche sei früher Schluss. Aber auch da seien bis 24 Uhr Taxen unterwegs. Und damit sei die "Wirtschaftlichkeitsgrenze" erreicht, sagt Dauer. Es gebe Tage, an denen ein Fahrer zwischen 20 und 24 Uhr nur 30 Euro erwirtschafte. Das ist unrentabel.

13 Wagen haben die zwei Taxiunternehmer Dauer und Angles für den Kreis Kronach im Einsatz. Ein dritter Taxiunternehmer, Pluschke, hat sich Anfang des Jahres aus dem Geschäft zurückgezogen, die Konzessionen übernahm Dauer.

Mehr Taxen auf die Straßen zu schicken - tags wie nachts -, wäre unrentabel, meint Dauer. Sein Taxiunternehmen ist seit den 1930er Jahren in Familienhand, er kann also auf Erfahrung zurückblicken. Man versuche, einen Kompromiss zwischen Rentabilität und kurzen Wartezeiten für Kunden zu schaffen.

Und mehr als eine halbe Stunde Wartezeit, so Dauer, komme höchstens in Ausnahmesituationen vor. Etwa nachts, wenn ein Fahrer im Funkloch stecke und Anrufe verpasse. "Aber generell: Wenn Wartezeiten zu lang sind, dürfen sich Kunden gern melden. Nur dann kann ich den Fall prüfen", rät der Chef eines Unternehmens mit 33 Mitarbeitern.

Die Frage, inwiefern das Landratsamt Probleme im "System Taxi" beheben kann, konnte von selbigem gestern wegen eines Krankheitsfalles nicht bearbeitet werden.

Bei der Sitzung des Kreisausschusses am Montag berichtete Rosemarie Lebok, die beim Landratsamt zuständig für Verkehrswesen ist, dass bei dem Amt jährlich "höchstens zwei" Beschwerden eingingen. Die Sitzung drehte sich vor allem um Nachtzeiten, zu denen schwer ein Taxi zu bekommen sei. Verzögerungen bei der Fahrgastbeförderung am Tage wurden nicht en détail angesprochen.