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Flüchtlinge kommen in die Schule in Gehülz


Autor: Friedwald Schedel

Gehülz, Dienstag, 17. Februar 2015

Bis zu 150 Flüchtlinge können im ehemaligen Schulkomplex in Gehülz untergebracht werden. Die Kronacher Dreifachturnhalle ist vorerst außen vor. Wir haben eine umfangreiche Bilderstrecke mit Außen- und Innenansichten der ehemaligen Schulgebäude.
Begrüßungstafel in einem der leeren Klassenzimmer Fotos: Friedwald Schedel


Die meisten Gebäudeteile der ehemaligen Schule in Gehülz werden zum Auffanglager für Flüchtlinge. Die Dreifachturnhalle des Schulzentrums wird vorerst dafür nicht gebraucht. Das bestätigte der Pressesprecher des Landratsamts Kronach, Bernd Graf, am Dienstag auf Nachfrage. Ob und wann Flüchtlinge kämen, sei am Dienstag noch unklar gewesen, aber die Weichen für eine vorübergehende Aufnahme der Flüchtlinge für mehrere Wochen seien gestellt.

Am Vormittag waren bei einer Dienstbesprechung mit Mitarbeitern des Amts offene Fragen geklärt worden. Beteiligt waren Kräfte aus Kreisverwaltung sowie Sicherheits- und Wohlfahrtsorganisationen, um sich abzustimmen. Zu diesem Zeitpunkt war es noch offen, ob und wann für den Landkreis Kronach der "Zuweisungsfall" eintritt. Inzwischen waren auch Teilnehmer der Besprechung im Schulgebäude in Gehülz, um sich dort ein Bild zu machen.


Eine Reihe von Räumen

Zuerst war man im Landratsamt von einer größeren Anzahl an Flüchtlingen ausgegangen und hatte die Dreifachturnhalle des Schulzentrums als Auffanglager ins Gespräch gebracht. Doch das hätte massive Auswirkungen auf den Schulunterricht und die Vereinsaktivitäten gehabt. Außerdem wären alle Flüchtlinge in einem riesigen Raum, der Dreifachturnhalle, untergebracht gewesen.

In Gehülz stellt sich das anders dar. Da etwa 150 Flüchtlinge erwartet werden, reichen die Räumlichkeiten aus. Dort gibt es neben der Turnhalle noch sechs große Klassenzimmer auf zwei Etagen, den ehemaligen Computerraum, das Lehrerzimmer sowie einen kleinen Raum, in dem das ehemalige Elternsprechzimmern war. Auch im Keller gibt es einen Raum. Außerdem stehen noch drei Räume mit Minibad, die vorher von der Schulleitung im Altbau genutzt wurden, zur Verfügung. Eine weitere Wohnung im Altbau ist vermietet und bewohnt. Im Schulgebäude gibt es auch Toiletten. In der Turnhalle stehen Toiletten und Duschen - getrennt nach "Jungen" und "Mädchen" - zur Verfügung. Die sanitären Anlagen für die Jungen sind saniert, die für die Mädchen sollen in einen erbärmlichen Zustand sein.


Katastrophe für den Turnverein

Betroffen von einer Unterbringung von Flüchtlingen in der Turnhalle wäre vor allem der Turnverein Eichenkranz (TVE) Gehülz, der umfangreiche Aktivitäten anbietet. Die Bergmusikanten Gehülz haben im ehemaligen Werkraum ihren Probenraum und nutzen die Schultoiletten. Die Vereine wurden am Dienstag von der Stadt Kronach von der Möglichkeit, dass Flüchtlinge im Schulgebäude untergebracht werden könnten, unterrichtet.

Hans Haderlein, Vorsitzender des TVE, bezeichnete es als "eine katastrophale Situation für uns, wenn wir nicht in die Halle können". Von Montag bis Freitag werde die Turnhalle jeden Abend genutzt, am Samstag teilweise auch für Tischtennis-Punktspiele. Am Rosenmontag sei ihm von der Stadtverwaltung mitgeteilt worden, dass man zunächst den Mittelteil des Gebäudekomplexes nutzen wolle, den Altbau, in dem im oberen Stockwerk eine Mietwohnung untergebracht sei, nicht. Im Mittelteil seien die Klassen- und Funktionsräume. Außerdem werde der Zwischenbau zwischen Schulhaus und Turnhalle, in dem die Umkleide- und Duschmöglichkeiten seien, für die Flüchtlinge benötigt. "Wenn die Flüchtlinge in diesem Teil sind, können wir die Turnhalle so nicht nutzen", meinte Haderlein dazu.


Einbußen befürchtet

Die Stadt habe dem TVE auch keine Ersatzräume versprechen können. Sicherlich würden die Turner nicht einige Kilometer weit zu einer Ersatzhalle fahren. Der TVE-Vorsitzende befürchtete, dass sein Verein Einbußen erleide, wenn die Unterbringung von Flüchtlingen in Gehülz ein Dauerzustand werde. Außerdem würden die Räumlichkeiten durch diese Art der Nutzung nicht besser, eine Sanierung der Sanitäranlagen sei hinterher bestimmt nötig. "Ich hege keinen Groll gegen die Asylsuchenden", stellte Hans Haderlein die Wichtigkeit des Asyls heraus. "Da müssen wir durch, weil das Anerkennungsverfahren einige Zeit dauert. Ich sehe das voll und ganz ein." Andererseits müsse man sehen, dass der TVE zurzeit Lehrgänge und Programme wie die Rückenschule durchführe, die nicht von heute auf morgen eingestellt werden könnten.


Keine kurzfristige Lösung

Zunächst geht es für die Kreisverwaltung darum, Aufnahmebereitschaft herzustellen und alles vorzubereiten. Wenn Flüchtlinge "im Anmarsch" sind, wird man rechtzeitig in Kenntnis gesetzt. Das wird nicht allzu kurzfristig sein. Es wird also nicht von der Regierung von Oberfranken die Mitteilung kommen: "Die Flüchtlinge fahren jetzt in München los und sind in vier Stunden in Gehülz!"

Trotz allem muss der Landkreis dafür gerüstet sein, ein gewisses Kontingent aufnehmen zu müssen. Eigentümer des Schulkomplexes ist die Stadt Kronach, die Unterbringung erfolgt durch den Landkreis. Die vor etlichen Wochen erfolgte Deponierung von Feldbetten im Schulgebäude hat mit der aktuellen Lage laut Aussage von Verantwortlichen nichts zu tun. Damals ging man nicht davon aus, die ehemalige Schule als Unterkunft für Flüchtlinge nutzen zu müssen.


Eingangsuntersuchungen

Die ganze Sache erfordert einen Riesenaufwand, denn es müssen alle Eventualitäten bedacht werden, beispielsweise die Eingangsuntersuchungen. Da muss man auf die Herkunft der Flüchtlinge Rücksicht nehmen und darf Männer nicht von Ärztinnen untersuchen lassen, Frauen nicht von Ärzten. Auch für ausreichend Verpflegung in der entsprechenden Qualität - für Moslems kein Schweinefleisch - muss gesorgt sein. Ein Sicherheitsdienst muss bereitgestellt werden. Die Abfallentsorgung ist zu regeln.

Keine Aussagen konnten am Montag getroffen werden, welche Volksgruppen für Gehülz vorgesehen sind. Wären es Kosovaren, hätten sie nur eine sehr geringe Chance, als Asylsuchende anerkannt zu werden. Nach der Prüfung würden die meisten wieder zurückgeschickt. Vielleicht sollte man im Kosovo informieren, dass die Chance, Asyl in Deutschland zu erhalten, minimal sei. Dann würden auch nicht so viele Flüchtlinge den weiten und sinnlosen Weg auf sich nehmen, merkte einer der Verantwortlichen, der nicht zitiert werden wollte, an.

Andererseits müsse man darauf aufpassen, dass man nicht - wie in Mitwitz - Serben und Kosovaren unter einem Dach unterbringe, denn diese Gruppen seien sich spinnefeind, Differenzen vorprogrammiert, sagte ein anderer unserer Gesprächspartner.