Feuerwerk der Stimmen im Wasserschloss
Autor: Heike Schülein
Mitwitz, Montag, 19. August 2013
Das Wasserschloss Mitwitz bot die Kulisse für "Haus Marteau auf Reisen". Sechs Interpreten aus dem Meisterkurs für Gesang von Charlotte Lehmann sorgten für besondere Musikmomente.
Schon allein der Anblick lässt jedem Musikfreund das Herz aufgehen: Sechs junge Ausnahmetalente im herrlichen Ambiente des weißen Saals, durch die Fenster dringt der Abendsonnenschein.
Und erst die Musik! Liebe, Leidenschaft, Sehnsucht, Herzschmerz und Tragik - wo könnten diese Gefühle intensiver ausgedrückt werden als in der Oper? Wunderschöne Stimmen kündigte Charlotte Lehmann, die sichtlich stolz auf ihre Schützlinge war, zu Beginn des Konzerts an. Gleich vornweg: Die Leiterin des Meisterkurses für Gesang hatte nicht zu viel versprochen.
Ein einziger Genuss
Den wunderbaren Interpreten - fünf Sängerinnen und ein Sänger - zuhören zu dürfen, war ein einziger Genuss.
Mit ausgewählten Kompositionen unterschiedlicher Stilepochen und Genres entzündeten sie ein wahres Feuerwerk der schönen Stimmen - tonschön, stilvoll und mit leidenschaftlichen Tönen. Umso beeindruckender war dies, da sie nur eine Woche Zeit hatten, sich in der Bildungsstätte des Bezirks Oberfranken - unter Anleitung von Charlotte Lehmann und Generalmusikdirektor Christian Fröhlich - auf ihre gemeinsamen Solo-Auftritte vorzubereiten. Und doch: Ihre musikalische Reise durch die Welt der Oper ließ Zeit und Raum vergessen. Von Händel über Mozart, Schumann, Donizetti, Gounod, Verdi bis zu Puccini wurde ein großes Spektrum voller Emotionen dargeboten. Von Christian Fröhlich am Klavier begleitet, konzentrierten sich die jungen Leute auf das Wesentliche: die Musik.
Dabei sangen sie mit solcher Hingabe und Leidenschaft, so strahlend und facettenreich, mit brillanten Höhen und sauberen Koloraturen, dass es dafür nur ein Wort gibt: hinreißend. Die Freude und Begeisterung für diese herrliche Musik sprang sofort auf die Gäste über, von denen einige die Darbietungen mit geschlossenen Augen verfolgten. Eine Atmosphäre der Gemeinschaft und der Harmonie machte sich breit. Diese Musik ging unter die Haut!
Außergewöhnliche Konzerterlebnisse mit ungewöhnlichen Programmen an herausragenden Orten verspricht die Reihe "Haus Marteau auf Reisen", die der Bezirk Oberfranken seit drei Jahren veranstaltet. Die Meisterkurse gastieren dabei unter der Leitung ihres jeweiligen Dozenten abseits der großen Häuser und meist auch abseits der Zentren. Die Internationale Musikbegegnungsstätte des Bezirks bietet in Lichtenberg jährlich etwa 40 Meisterkurse mit renommierten Dozenten für verschiedene Instrumente beziehungsweise Gesang an. Seit 2010 gehen ausgewählte Meisterkurse auf Reisen und präsentieren ihre Abschlusskonzerte in verschiedenen Orten. So kommen Musikliebhaber in ganz Oberfranken in den Genuss der hochwertigen Abschlusskonzerte - darunter erfreulicherweise am Sonntag auch die Gäste im Rahmen der "Mitwitzer Schlosskonzerte".
Die jungen Stimmen
Jeder Zuhörer durfte sich dabei als Beschenkter bei dem an Höhepunkten reichen Abend fühlen. Von den jungen Stimmen von Sonja Herrling, Julian Hauptmann, Kai-Li Hsin, Ewa Piatek, Jennifer Riedel und Nicole Schömig ging ein besonderer Zauber aus - ein Berührtwerden, was vielleicht mit der überwältigenden Frische dieses Klangs zu tun hat. Erstaunlich das hohe Niveau der Beiträge, die nahezu perfekte Intonierung und das Selbstbewusstsein, mit dem sie ihre Beiträge zum Besten gaben. Das "Haus Marteau" gilt nicht umsonst als Talentschmiede für junge Musiker aus der ganzen Welt.
Einige Mitwirkende konnten bereits Bühnenerfahrung sammeln. Die Sopranistin Jennifer Riedel gastierte schon an der Staatsoper Berlin, dem Festspielhaus Baden Baden, dem Badischen Staatstheater Karlsruhe und dem Staatstheater Braunschweig. Sie wuchs in Pulsnitz bei Dresden auf. Sie wird in der Spielzeit 2013/14 als Gilda in "Rigoletto" von Verdi am Theater Trier und als Blonde in "Die Entführung aus dem Serail" von Mozart am Gärtnerplatztheater München debütieren. Auch in Mitwitz brachte sie Szenen beziehungsweise Arien aus der Verdi-Oper aus dem Jahr 1851 zu Gehör, die sie mit ihrer glockenhellen Stimme innig und beseelt sang.
Königin der Nacht
Seit April 2007 studiert die aus dem Raum Schweinfurt stammende Nicole Schömig privat bei Charlotte Lehmann. Seit März 2012 gastiert sie als "Königin der Nacht" in der Produktion "Die kleine Zauberflöte" am Theater Erfurt. In Mitwitz gab sie Boléro von Charles Gounod sowie die Arie der Lucia "Regnava nel silencio" aus Donizettis Oper "Lucia di Lammermoor" zum Besten. Beides ließ sie mit ihrem betörend warmen und zugleich lieblich jungen Sopran zu einem solchen Klang-Ereignis werden, dass es Bravo-Rufe aus dem Publikum gab. Damit setzte sie auch den Schlusspunkt hinter ein Konzert voll musikalischer Tiefe, für das die Zuhörer am Ende "Bravourös, einfach toll, exzellent" und weitere Superlative fanden.