Druckartikel: "Faust"-Erfolg übertrifft Leistners Erwartungen

"Faust"-Erfolg übertrifft Leistners Erwartungen


Autor: Marco Meißner

Kronach, Montag, 27. Juli 2015

Intendant Daniel Leistner ist mehr als zufrieden mit dem bisherigen Verlauf der Saison bei den Faust-Festspielen in Kronach. Nicht nur der "Faktor Uli Scherbel" verleiht den Festspielen großen Schwung.
Dass der gute, alte "Faust" heuer so "durch die Decke geht", hatte Kronachs Festspiele-Intendant Daniel Leistner (hier als Darsteller) nicht zu träumen gewagt. Foto: Hendrik Steffens


Daniel Leistner ist in Nürnberg, als das Telefon klingelt. Doch in Gedanken ist er auch dort immer wieder auf der Festung Rosenberg. Als wir ihn anrufen, eine kurze Einschätzung zu den Faust-Festspielen erfragen, sprudelt es nur so aus ihm heraus. Von einer Krise oder einer Delle im Besucherstrom - wie noch vor drei Jahren - spricht heute niemand mehr. Leistner schon gar nicht. So wie es 2015 läuft, könnte er sich sogar beruhigt zurücklehnen. Doch daran ist für ihn nicht zu denken. Er ist weiter voll fokussiert. Die Saison dauert schließlich noch bis zum 29. August.

"Ich bin super zufrieden", freut sich der Intendant der Faust-Festspiele, dass der Aufwärtstrend auch heuer seine Fortsetzung findet. "Bisher lief alles wie geschmiert. Nein! Sogar besser."

Ein wesentlicher Grund dafür ist Uli Scherbel. Der bekannte Musicaldarsteller schlüpft im "Faust" in die Rolle des Mephisto. Nicht nur Scherbels Name, sondern auch seine Darstellung und seine Persönlichkeit haben das Oldie-Stück im Spielplan aufpoliert. "Sein Auftritt weckt eine Aufmerksamkeit, die den ganzen Festspielen gut tut", unterstreicht Leistner. Dabei sieht er in Scherbel keinen Gaststar, sondern ein echtes Ensemblemitglied. Mit seiner bodenständigen, offenen Art ohne Allüren passe der gebürtige Rothenkirchener perfekt zum Freilufttheater auf der Festung. Und dass der prominente Darsteller sogar hochkarätige Angebote für Kronach sausen ließ, nötigt dem Intendanten Respekt ab.


Faust geht durch die Decke
Trotzdem hatte Leistner im Vorfeld nicht damit gerechnet, "dass das mit dem Faust so durch die Decke geht". Immerhin habe das Stück in Kronach schon zwei Jahrzehnte auf dem Buckel. Doch der Intendant wurde überrascht - positiv: "Bei unserer jüngsten Faust-Aufführung gab es einen Jubel, so etwas habe ich in 20 Jahren nicht oft erlebt." Und der letzte "Faust" der Saison wird ausverkauft sein. "Das gab's schon lange nicht mehr", sagt Leistner, der in solchen Nachrichten die schönsten Geschenke zu seinem 50. Geburtstag in diesem Jahr sieht.

Ob Uli Scherbel ihm noch ein weiteres Präsent macht und für die Zukunft eine Rückkehr auf die Kronacher Bühne zusagt, weiß Leistner nicht. "Ich habe ihn noch nicht gefragt", gesteht er. Allerdings glaubt der Intendant, dass es schwierig wird, Scherbel 2016 erneut nach Kronach zu lotsen. Zu gefragt sei der Musicalstar bundesweit.
Vieles von der guten Entwicklung der Festspiele wird heuer in Verbindung mit dem Namen Uli Scherbel gebracht. Doch sieht Daniel Leistner darin bei Weitem nicht den einzigen Erfolgsfaktor.


Ein großer Spaß fürs Publikum
",Der zerbrochene Krug‘ verkauft sich gut und macht den Leuten Spaß", erklärt der Intendant. Auch dieses Stück werde ganz wesentlich von einer Person getragen: Rainer Gräbner. Dessen Leistung sei herausragend.
Gut angelaufen sei zudem "Der Florentinerhut". Die Inszenierung von Heidemarie Wellmann sei insgesamt sehr gelungen. "Für mich ist das ein ganz großer Spaß", berichtet Leistner aus der Sicht des Schauspielers. Seine Rolle als Schwiegervater Niedafür ist ihm wie auf den Leib geschneidert. "Ich renne durch die Gegend und schreie immerzu: ,Alles ist aus!‘" Leistner fängt spontan an zu lachen. Mancher Kritiker denke an der Stelle wohl: "Jetzt zieht er wieder sein Ding durch." Aber dass die Zuschauer diese Worte bei der Aufführung inzwischen schon mitsprechen, sei für ihn eine Bestätigung. Offenbar mache seine wilde Art auch anderen einen Riesenspaß.

Wo genau die Festspiele bei den Besucherzahlen am Ende ankommen werden, kann heute noch keiner sagen. Allerdings gibt Leistner eine klare Prognose ab: "Wir werden in der Gesamtheit auf jeden Fall nicht schlechter dastehen als vergangenes Jahr - das kann ich jetzt schon prophezeien."

Zu sich selbst als Fast-Fünfziger und nach 20 Jahren Festspiele findet der Intendant, Regisseur und Darsteller ebenfalls einen eindeutigen Kommentar: "Es macht mir gerade einen Mordsspaß zu spielen!"


Beim Tourismusbetrieb ist man sehr zufrieden
Es sind die magischen Momente, die dem Theater sein Flair verleihen, die für den Erfolg der Stücke sorgen. Davon ist die Leiterin des Kronacher Tourismusbe triebs, Kerstin Löw, fest überzeugt. Vergangenes Jahr habe "Romeo und Julia" sie mit derartigen Momenten beeindruckt. Heuer knüpften die Faust-Festspiele unter anderem durch Uli Scherbels Mitwirken nahtlos daran an.

Die "Marke Uli Scherbel" habe zudem dazu beigetragen, die "Marke Faust-Festspiele" weiter ins Land hin auszutragen. "Da hat Daniel alles richtig gemacht", sagt Löw zum geschickten Schachzug Leistners, den Rothenkirchener Darsteller nach Kronach zu lotsen. "Uli Scherbel verfügt über ein großes schauspielerisches Talent", lobt Kerstin Löw den Gastdarsteller. "Ein genau solches hat aber auch Heidemarie Wellmann. Es war eine große Freude, ihr und Uli Scherbel zuzusehen. Sie ist ein großer Schatz, den wir hier haben." Und Löw pflichtet dem Intendanten weiter bei, dass auch Rainer Gräbner mit einer exzellenten Leistung eine tragende Rolle im Ensemble einnehme.


Es sind noch Potenziale da
Noch nicht ausgeschöpfte Potenziale für neue Besucher sieht Löw unter anderem bei den klassischen Busaus flügen. Doch bei dem Thema bleibe man am Ball. Was den Kartenverkauf angehe, habe sich der Umstieg auf das Ticketportal Reservix gelohnt. Dadurch erfahre die Stadt viel mehr als früher über das Kaufverhalten der Besucher. "Das hilft zur Optimierung für nächstes Jahr", stellt sie fest. Denn auch wenn man noch mittendrin in der Saison 2015 ist, sind Löws Gedanken schon auf die nächste Spielzeit ausgerichtet. Und dann gilt: "Wir müssen immer wieder neue Glanzpunkte für unser Publikum setzen."