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Extra-Gebühr fürs Geld-Abheben? Nicht in Kronach


Autor: Jochen Nützel, Marian Hamacher

LKR Kronach, Dienstag, 04. April 2017

Berichte, dass Sparkassen sowie Volks- und Raiffeisenbanken auch von eigenen Kunden Gebühren fürs Geld-Abheben verlangen wollen, erhitzen die Gemüter.
Geld zahlen, damit Geld rauskommt? Sparkassen sowie Volks- und Raiffeisenbanken stehen für angebliche Pläne in der Kritik. Foto: Hänseler (Archiv)


Gebühren auf Dienstleistungen, die gefühlt seit Ewigkeiten kostenlos waren, sind offenbar immer ein Aufregerthema. Gerade beim eigenen Geld. Da macht die Kunde von den Sparkassen, die sich "plötzlich" das Geldabheben am Automat bezahlen lassen wollen, in den Medien wie auch den sozialen Netzwerken rasend schnell die Runde.

"Natürlich fragen die Kunden bei uns deswegen nach, aber wir können sie da beruhigen", sagt Markus Lieb, Unternehmenssprecher der Sparkasse Kulmbach-Kronach, dazu auf FT-Nachfrage. "Was die Sparkasse Kulmbach-Kronach angeht: Zurzeit bestehen unsererseits keine Überlegungen dahingehend. Das Heimatsparkassenmodell hat weiterhin Bestand. Das Abheben an einem der rund 25 000 Geldautomaten ist für Kunden der Sparkassen natürlich nach wie vor kostenlos."

Was war passiert? Von "Gebühren-Hammer" war die Rede. Bis zu 50 Cent pro Geldausgabe am Automat sollen fällig werden - und das für Kunden bei ihrer Hausbank. Das war bislang fast ausnahmslos gratis. Lediglich Transfers von anderen Kreditinstituten sind im Allgemeinen mit Gebühren belegt.

Nach aktuellen Medienberichten, unter anderem der Bild-Zeitung, erheben derzeit 40 der bundesweit 400 Sparkassen und über 150 Volks- und Raiffeisenbanken diese Gebühren. Die berechneten Kosten hingen vom jeweiligen Kontomodell des Kunden ab.


Je nach Kontomodell

Da liegt der Hase im Pfeffer. Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband schreibt in einer Erklärung: "Je nach gewähltem Kontomodell können bei einzelnen Sparkassen - wie bei anderen Kreditinstituten auch - Postenentgelte bei Überschreitung einer bestimmten Anzahl an Buchungsvorgängen auf dem Konto entstehen. Das hängt in diesen Fällen vom jeweils gewählten Kontomodell ab und wird von jedem Institut in eigener geschäftspolitischer Verantwortung entschieden."

So wie etwa rund 60 Kilometer von Kronach entfernt bei der Sparkasse in Bayreuth. Fünf Posten sind dort pro Kunde frei - jeder weitere wird mit einer Gebühr von 35 Cent belegt, heißt es auf dem Portal www.biallo.de. Vorstandsvorsitzender Wolfram Münch lässt dazu wissen: "Wir waren sehr überrascht davon, dass unser Haus im Rahmen der Berichterstattung über ,neue Gebühren für Verfügungen an Geldautomaten' für Privatkunden genannt wurde."

An diesen Preisen habe sich bei der Sparkasse Bayreuth seit 2003 nichts verändert. "Unsere Kunden können nach wie vor an unseren eigenen Geldautomaten im Geschäftsgebiet kostenlos Geld verfügen, und das ohne jegliche Beschränkung", so Münch. Lediglich bei Bargeldverfügungen an anderen Geldautomaten würden - und das auch nur dann, wenn der Kunde das kostengünstigste Kontomodell gewählt hat. "Das war aber in diesem Kontomodell schon immer so. Eine Preiserhöhung hat es in diesem Bereich in den vergangenen 14 Jahren nicht gegeben und sie ist auch nicht beabsichtigt."


Deutliche Absage

Auf ein mögliches Kontomodell verweist auch Hans Jürgen Möhrle, falls tatsächlich eine Extra-Gebühr anfallen sollte. Bei der Raiffeisen-Volksbank Kronach-Ludwigsstadt gebe es eine solche allerdings nicht und sei auch nicht angedacht, betont das Vorstandsmitglied "Unsere Kunden heben bei uns kostenlos ab, solange und so oft sie wollen", erklärt er und fügt scherzend hinzu: "Und so lange Geld auf dem Konto ist."

Auch an den deutschlandweit 19 000 Geldautomaten der Volks- und Raiffeisenbanken müssten die Kunden keine Gebühr fürchten. Bei der Raiffeisen-Volksbank Kronach-Ludwigsstadt habe man noch nicht einmal darüber nachgedacht. "Ganz ehrlich? Ich hätte es nicht für möglich gehalten, dass jemand eine solche Gebühr einführt, wenn ich es nicht in der Zeitung gelesen hätte", sagt Möhrle. Das ist deutlich.

Verständnis für eine solche Entscheidung habe er aber durchaus. Sparkassen sowie Volks- und Raiffeisenbanken hätten ein simples Geschäftsmodell: Geld einnehmen und wieder verleihen. "Möglichst direkt vor Ort", so Möhrle. Durch die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) gebe es allerdings keine Zinseinnahmen mehr - und durch diese werde das Filialnetz mit Mitarbeitern und Geldautomaten nun einmal finanziert.

Irgendwann stelle sich dann schlicht die Frage, wie zukünftig Geld eingenommen werden kann, um Kosten zu decken. "Wenn es mit dem Niedrigzins so weitergeht, ist vielem Tür und Tor geöffnet", warnt Möhrle. "Ich weiß nicht, ob mit der Gebühr fürs Abheben schon das Ende der Blüten erreicht ist, die das alles treibt."

Kommentar von Jochen Nützel: Abgehobene Diskussion

Jetzt werden die Keulen geschwungen: "Gebühren-Hammer" und "Preisschock" steht in den Gazetten. Der kleine Mann sieht sich wiederholt unter dem Joch der gierigen Finanzbranche geknechtet. Geldabheben am Sparkassen-Automat soll Gebühren kosten - darauf ein Gottseibeiuns! Her mit den Kruzifixen und rein in die gottlosen Schalterräume zur Teufelsaustreibung!

*Ironie AUS*! Banken verdienen an Dienstleistungen - das ist, gerade in Niedrigzinszeiten, essenzielles Geschäftsmodell (das Modell, das nichts kostet, heißt Sparstrumpf). Wenn der Sparkassenkunde täglich Bargeld ziehen will, setzt er ein umfassendes Netz voraus, das unterhalten werden muss. Und wer muss wirklich 20 Mal zum Automaten?

"Geh ich halt zur Direktbank", kommt die Replik. Nur zu, wechseln Sie. Ist nicht verboten. Aber Hand aufs Herz: Kennen Sie jemand, der bei einer Direktbank arbeitet? Ich nicht. Dafür kann ich aus dem Stegreif 15 Leute aufzählen, die bei der Sparkasse angestellt sind. Raten Sie mal, wovon deren Gehälter bezahlt werden? Arbeitsplätze - wird sonst gern als Totschlag-Argument gebraucht. Warum hier nicht?

Weil es um Banken geht. Die sind beim deutschen Wutmichel genauso verschrien wie die EU. Läuft bürokratisch was schief, war es - logo - Brüssel. Steigen Gebühren, sind es - klaro - die Abzocker-Bankster. Dabei kostet Abheben meist eben nix extra. Aber diese Zusammenhänge aufzuzeigen, ist oft mühsam. Bedenklich, wenn sich gerade Medienleute diese Mühe nicht machen (wollen).