Druckartikel: Kreis Kronach: Endstation DDR - Dreharbeiten zum neuen Bully-Film beginnen

Kreis Kronach: Endstation DDR - Dreharbeiten zum neuen Bully-Film beginnen


Autor: Marco Meißner

Nordhalben, Dienstag, 10. Oktober 2017

In Nordhalben dreht Michael "Bully" Herbig seinen neuen Film. Die Frankenwald-Gemeinde mutiert dafür zu einem Ort in der DDR - in mehrfacher Hinsicht.
Timo Querfurth musste aufpassen, dass im Film nicht plötzlich ein modernes Auto auftaucht. Er stoppte die Fahrzeuge beim Nordwaldmarkt, wenn gedreht wurde. Foto: Marco Meißner


Die Stimmung ist trist. Nebel hängt über dem Ort. Überall stehen Sperrschilder. Schon am Ortseingang sollen Absperrzäune den Verkehr ausbremsen. Posten stoppen die "Verirrten". Also diejenigen, die sich auf gut Glück weiter in Richtung Ortskern wagen. Eine kleine Autoschlange bildet sich. Deutsche Fahrzeuge, ebenso slowakische. Die Straßen sind ansonsten wie leer gefegt. Ein einsamer Wartburg an der Straßenkreuzung zeigt: die DDR ist nah.

Der "Vorposten" beim Nordwaldmarkt ist bestimmt, doch stets freundlich. Hier herrscht also doch nicht das harte Regime der Deutschen Demokratischen Republik. Die Ostzone ist nur Kulisse. Eine Kulisse, die den Medienvertretern an diesem Dienstag allerdings vorenthalten bleibt. Dafür muss auch Timo Querfurth sorgen.

Der gebürtige Nordhalbener hatte sich ursprünglich als Komparse beworben. Das hat nicht geklappt. Dafür darf er nun in seiner Heimatgemeinde beim Transport und als Sicherheitskraft für Michael "Bully" Herbigs ("Der Schuh des Manitu", "Bullyparade") neuen Film "Ballon" mitmachen. Es geht um einen Thriller über eine Ballonflucht aus der früheren DDR.


Sympathischer Star

Seit 7.30 Uhr steht Querfurth in der Kälte. Dennoch erledigt er seinen Job zuverlässig und zugleich mit einer Prise Humor. "Ich hab' den ,Bully‘ kennengelernt. Er hat zu uns gesagt, wir sollen uns ordentlich behandeln lassen", erinnert sich Querfurth mit einem Schmunzeln. "Er ist ein Mensch wie du und ich. Er ist auf dem Boden geblieben." Allerdings hat der Regisseur auch genaue Vorstellungen, wie die Arbeit am Drehort ablaufen soll. Dazu zählt: Keine Medienvertreter am Set.

Auch für die Bürger sind mit den Dreharbeiten gewisse Einschränkungen verbunden. Eine Anwohnerin aus der Gartenstraße - dort war das Filmteam gestern vor Ort - berichtet davon, dass die Autos rechtzeitig aus dem Sichtfeld geschafft werden mussten und man sich bei der Crew melden soll, wenn man auf die Straße gehen will. "Der Film spielt ja im Jahr 1979", erinnert sie daran, dass ein Wagen jüngerer Baureihe oder ein Fußgänger mit Handy eine Szene kaputt machen würden.

Aus diesem Grund muss Timo Querfurth auch immer wieder die Autos stoppen, die sich an den Absperrungen vorbeigemogelt haben. Das betrifft sogar die Schulbusse. Erst wenn eine Drehpause eingelegt wird, können die Wagen schnell durch den Ortskern gelotst werden. "Auto aus. Warten", rät Querfurth einem Fahrer mit ruhiger Stimme. Sein Gegenüber nimmt's gelassen. Ein paar Meter weiter schimpft eine junge Frau: "Ich will doch nicht ganz außen herum fahren. Das kekst mich jetzt an!" Doch es hilft nichts. Auch sie muss noch einige Minuten ausharren.


Manche schimpfen, andere nicht

Die Leute gehen nicht nur in dieser Situation ganz unterschiedlich mit dem Ausnahmezustand in Nordhalben um. Diese Erfahrung hat auch Tanja Müller-Ruf vom Nordwaldmarkt-Team gemacht. "Manche schimpfen, andere nicht", berichtet sie. Doch die Sperrung sei ja nicht für lange. "Und wir machen auch noch keine Hamsterkäufe", ruft ein Kunde mit einem Lachen dazwischen. Letztlich sei es ja schön, dass in Nordhalben etwas los ist, unterstreicht die Verkäuferin.

Tanja Schmeißner, das Haus ihrer Schwiegereltern wurde auf Filmkulisse getrimmt, meint ebenfalls, dass die Einwohner die Situation zum Großteil mit einer gewissen Gelassenheit nehmen. Zum einen wüssten die Einheimischen eh, wie sie die Sperrungen zügig umfahren können, zum anderen bestehe das Filmteam aus freundlichen Leuten. So dürfe beispielsweise ein Teil der Nordwaldhalle für den Sport genutzt werden, obwohl dort eine Schaltstelle für die Dreharbeiten eingerichtet ist. Nicht zuletzt sei die Situation irgendwie auch lustig. "Du denkst ja, du fährst in Nordhalben durch den Osten", stellt sie angesichts der Kulissen fest.

Die "DDR" im Frankenwald wird einige Wochen Bestand haben. Man sollte also noch Umwege und Wartezeiten in Nordhalben einplanen. Denn vorläufig hört man weiter "Bullys" Stimme durchs Security-Funkgerät schnarren: "Achtung, wir drehen! Action! Ton ab!"