Endet das Kronacher Freischießen heuer früher?
Autor: Friedwald Schedel
Kronach, Montag, 04. August 2014
Der Anwohner, der bereits vergangenes Jahr gegen Veranstaltungen auf dem Schützenplatz geklagt hat, will nun, dass beim Freischießen früher Schluss ist. Die Schützen wollen sich das nicht bieten lassen.
Eine Hiobsbotschaft erreichte den Schützenmeister der Schützengesellschaft Kronach, Frank Jungkunz, am Montag: Der Anwohner, der sich seit geraumer Zeit gegen Veranstaltungen auf dem Schützenplatz wendet, will, dass früher Schluss ist mit dem Feiern. Am Wochenende um 24 Uhr, während der Woche um 23.30 Uhr. Jeweils eine halbe Stunde vorher soll der Ausschank enden.
"Das ist der Super-Gau für das Freischießen", war Jungkunz am Abend, bei der traditionellen Pressekonferenz im Vorfeld des Freischießens, noch immer geschockt. Es wäre schlimm, wenn um 23 Uhr mit dem Bierausschank Schluss sein müsste. Der Schützenmeister befürchtete, dass die Feiernden dann in die Stadt, zum Bahnhofsbereich, ausweichen werden. Das werde für die Polizei mehr Probleme mit sich bringen, befürchtete er.
Die Nachricht aus dem Verwaltungsgericht Bayreuth über die Klage des Anwohners ging am Montag telefonisch im Rathaus ein. Der Anwohner hat nicht die Schützen, sondern die Stadt verklagt, weil diese den Genehmigungsbescheid erlassen hat. Stefan Wicklein von der Stadt Kronach war gegenüber den Schützen zuversichtlich, dass der Bescheid rechtmäßig sei.
Das Leben schwer gemacht
Schützenmeister Jungkunz rechnete mit dem Schlimmsten. Der Anwohner habe den Schützen bereits in den vergangenen Jahren das Leben schwer gemacht. Eine ganze Reihe von Veranstaltungen habe man absagen müssen, Pachtausfälle gehabt. Das Schützenfest habe der Anwohner aber nicht antasten wollen, habe er stets versprochen. Der Anwohner selbst wollte sich gestern Abend nicht äußern. Auf einen Anruf unserer Redaktion gegen 17 Uhr reagierte er mit der Aussage, dass er so spät am Abend nicht mehr von der Presse belästigt werden wolle.
Das Freischießen 2014
Schießwettbewerbe Zweiter Schützenmeister Matthias Kümmet wies auf das umfangreiche Schießprogramm hin, das am Sonntag, 17. August, beginnt. Als Neuerung wird heuer erstmals auf eine Jugendscheibe geschossen: am 16. August.
Schützenauszug Organisator Johannes Schedel berichtete, dass der Zug vom Heeresmusikkorps I aus Hannover angeführt werde. Neun weitere Musikvereine spielen auf. 23 Gastvereine haben ihre Teilnahme zugesagt.
Kinderfestzug Organisator Bernd Korb erwartet, dass 1500 Kinder und 300 Erwachsene teilnehmen. 53 Vereine und Gruppierungen haben sich angemeldet. Sieben Kapellen sorgen für Musik. Wenn der Zug am Schützenplatz angekommen ist, beginnt das Schießen auf Adler und Schwan.
Vergnügungspark Platzmeister Karl-Peter Wittig bedauerte, dass der 80-Meter-Turm, den er haben wollte, nicht kommen werde. Die ganze Platzbelegung hätte geändert werden müssen. Eine 45-Meter-Schaukel werde aufgebaut. Eine Horror-Show mit lebenden Geistern werde für Spaß sorgen. Großes Riesenrad, Wellenflug, Verkehrskindergarten und kleine Achterbahn sorgten für einen attraktiven Platz.
Verkehr Marc-Peter Biedermann vom Landratsamt bedauerte, dass es jedes Jahr Probleme mit Falschparkern gebe, die Feuerwehranfahrtszonen zuparkten. Die Feuerwehranfahrtszonen müssten freigehalten werden. Sonst werde abgeschleppt. Der Fahrplan für den Freischießen-Express sei schon auf die Homepage des Landratsamts eingestellt. Biedermann wies darauf hin, dass die Verkehrsführung an der Südbrücken-Baustelle nicht geändert werden könne.
Ordnung Uwe Herrmann von der Polizei lobte, auf dem Schützenplatz sei alles gut organisiert. Er befürchtete mehr Körperverletzungen und Sachbeschädigungen, wenn sich das späte Feiern Richtung Bahnhofsplatz verlagere.
Kommentar von Redakteurin Corinna Igler:
An den Menschenverstand appellieren
In nicht einmal mehr zehn Tagen beginnt das 426. Kronacher Freischießen. Ja, richtig gelesen, das 426. Zum zweiten Mal klagt nun ein Anwohner dagegen. Klar könnte man jetzt, wie es ein Nutzer auf der Facebook-Seite des Fränkischen Tags Kronach geschrieben hat, sagen "Wer war zuerst da?". Das Freischießen sicherlich. Man muss aber auch klar sagen: Der Anwohner klagt nicht gegen die Veranstaltung an sich, er klagt gegen die Art der Durchführung. Statt um 2 Uhr soll an den Wochenenden bereits um 24 Uhr Schluss sein und statt um 24 Uhr unter der Woche bereits um 23.30 Uhr. Ja heidenei, reißen es diese zwei Stunden beziehungsweise 30 Minuten denn nun wirklich raus? Diese Frage kann man natürlich nicht nur dem Anwohner stellen, sondern auch den Festbesuchern. Aber das Feierverhalten hat sich in den 426. Jahren sicherlich verändert. Und immerhin geht es hier nur um elf Tage im Jahr oder genauer gesagt um 13 Stunden. So viele Stunden sind es nämlich, die der Anwohner gerne weniger an Feierei hätte, die Besucher aber gerne behalten würden.
Egal, wer jetzt wie lange feiern will oder wer zuerst da war eines ist doch traurig: Dass das ganze zehn Tage vor dem Fest der Feste in Kronach kommt, dass man während des Jahres die Angelegenheit nicht hat klären können. Glaubt man Schützengesellschaft und Stadtverwaltung, liegt das am Anwohner, der wohl in allen Gesprächen gesagt hat, dass man das Freischießen so durchführen könne, wie man wolle. Glaubt man dem Anwohner, glaubt man nichts, weil der nichts sagt.
Es dreht sich also irgendwie doch um die Zeit. Nicht um die 13 Stunden mehr oder weniger Feierei, aber um den Zeitpunkt, zu dem das Ganze nun wieder hochkocht. Immerhin ist schon vieles passiert. Nicht nur einige Buden und Fahrgeschäfte stehen schon auf dem Platz. Nein, auch die Fahrpläne für den Freischießen-Express sind schon gemacht, die Schichten der Busfahrer eingeteilt. Gar nicht dran zu denken, wenn man das nochmal alles ändern müsste.
Doch egal wie die Sache ausgeht. Eines sollte auch klar sein: Dem Anwohner Ärger zu machen oder wie es eine Facebook-Nutzerin geschrieben hat, vor seinem Haus einfach weiter zu feiern, bringt sicherlich auch nicht den gewünschten Erfolg - im Gegenteil. Dann hat der Anwohner erst recht Grund, gegen das Freischießen und dessen Besucher vorzugehen.
Man kann in der Angelegenheit also nur an den gesunden Menschenverstand appellieren - auf beiden Seiten.