Eiserner Vorhang kein Hindernis für Freundschaft
Autor: Heike Schülein
Kronach, Sonntag, 13. Juli 2014
Die Schulpartnerschaft zwischen der Lorenz-Kaim-Schule und der Berufsfachschule für Handel und Gastronomie in Kiskunhalas besteht seit 25 Jahren. Das Jubiläum wurde an der Kronacher Berufsschule gefeiert.
So lebendig und bunt wie die seit 25 Jahren bestehende Schulpartnerschaft, war auch der Festakt am Freitagvormittag. Anekdoten und Erlebnisse wurden ausgetauscht, es wurde gescherzt und gelacht. Es war offensichtlich: Die Feier war vor allem eines, ein Treffen von Freunden.
Höhepunkt der Feier waren die Ausführungen von Karlheinz Kestel, "Mann der ersten Stunde" auf Kronacher Seite. Man sah es förmlich vor sich, wie er in seinem VW-Bus im Sommer 1989 mit seiner Familie an den - damals noch mit Kalaschnikows bewaffneten - Grenzsoldaten nach Ungarn zu János Schwob fuhr.
Der Kontakt kam über einen Freund von Kestel zustande - Harald Holzmann, der selbst Kontakte nach Ungarn pflegt und immer davon vorschwärmte. Nach mehreren Briefkontakten fuhr die Familie Kestel zu Schwobs Ferienhaus in einem Weinbauerndorf 20 Kilometer vor Kiskunhalas.
Die Idee übertrug man auch auf die Schüler. Schwob stellte den Kontakt zur Berufsschule für Handel und Gastronomie Kiskunhalas her. Der erste Schulbesuch mit den Kronacher Schülern - eine Zugfahrt mit 40 Koffern - sei "ein Horror" gewesen. Ausgerechnet Kestels Koffer mit den Mitbringseln war weg. "Ich bereue nichts. Es war eine wunderschöne Zeit", schwärmte der Lehrer, der die ersten sechs Jahre auf Kronacher Seite verantwortlich für die Schulpatenschaft zeichnete.
Einer, der damals dabei war, ist MdL Jürgen Baumgärtner (CSU). Als 17-Jähriger sei er weniger mitgefahren, um volkswirtschaftliche Strukturen kennenzulernen. "Ich wollte einfach Spaß haben", erinnerte er sich.
Der Rückblick wurde ergänzt von Albin Reif, der mittlerweile mitverantwortlich für den Austausch zeichnet.
Nach Kestel hatte diese Aufgabe Herbert Waldhäuser übernommen. Die Patenschaft sei jetzt anders aufgebaut - in Form von Betriebspraktika, die Verweildauer wurde verkürzt. Der Schüleraustausch werde nunmehr vom Erasmus-Programm unterstützt.
Der Leiter der Kronacher Berufsschule, Rudi Schirmer, hatte zuvor die Gäste - Verantwortliche, Freunde und Gönner der Schulpartnerschaft aus Kronach wie auch Ungarn - willkommen geheißen. "1000 Kilometer und ein eiserner Vorhang konnten nicht verhindern, dass aus einer Freundschaft eine Schulpatenschaft entstanden ist", freute er sich.
Sein Dank dafür galt den beiden Gründungsvätern Karlheinz Kestel und János Schwob. Auf das Jubiläum könne man zu Recht sehr stolz sein - gerade auch angesichts der Tatsache, dass diese Kooperation Wegbereiter für die bestehende Städtepartnerschaft zwischen Kronach und Kiskunhalas war.
So sahen dies auch die Grußwortredner. Laut Regierungsschuldirektor Jürgen Keil von der Regierung von Oberfranken gebe es nur sehr wenige derartige Jubiläen. "Junge Menschen im Sinne der Völkerverständigung zu erziehen, ist eine wichtige Aufgabe", betonte er. Schulpatenschaften eigneten sich dafür hervorragend.
Er könne allen Schulen nur raten, sich darum zu bemühen. "Die Kronacher Berufsschule ist das Zentrum der internationalen Kontakte in Oberfranken", meinte er schmunzelnd, pflege sie doch Kontakte nach Zypern, Estland und in die Partnerstadt Kiskunhalas.
Die Schulpatenschaft wurde vor 25 Jahren begründet - so der Schulleiter der ungarischen Partnerschule, Henrik Abonyi - mit der Zielsetzung einer Bereicherung der beruflichen Ausbildung in beiden Ländern. Aber auch die Förderung des Verständnisses von Lehrern und Schülern für unterschiedliche Gesellschafts- und Wirtschaftsstrukturen habe man sich auf die Fahnen geschrieben.
Die Freundschaft sei eine gute Basis für die Zukunft. Der Gegenbesuch an seiner Schule findet im Oktober statt, wenn das Jubiläum auf ungarischer Seite gefeiert wird.
Landrat Oswald Marr freute sich, dass die Patenschaft schon 25 Jahre durchgehalten hat. "Europa kann nur gelingen, wenn sich die Menschen mögen und verstehen."
"Die Patenschaft verwirklicht den europäischen Gedanken", sagte der Bürgermeister von Kiskunhalas, István Gyovai. Sein Kronacher Amtskollege Wolfgang Beiergrößlein dankte allen, die sich für die Schul- wie auch Städtepartnerschaft einsetzen oder eingesetzt haben - wie insbesondere sein Amtsvorgänger Manfred Raum.
Die beiden Schulleiter tauschten Geschenke aus - ein Stück ungarische Spitze für Rudi Schirmer sowie eine Jubiläums-Urkunde für Henrik Abonyi. Für die musikalische Umrahmung sorgten Ulrike Speich (Violine) und Wendelin Treutlein (Klavier) von der Berufsfachschule für Musik in Kronach.
Die ungarische Abordnung kam am Donnertag in Kronach an. Die Gäste wurden bei einem Abendessen im Schullandheim willkommen geheißen. Am Freitagnachmittag wurde in der Schule die Kleinlöffelausstellung des Halász Balázs im Foyer der Berufsschule sowie abends die Ausstellung "Unter Freunden - Grafisches aus den Partnerstädten" in der Fränkischen Galerie eröffnet.
Zum anschließenden Festabend der Berufsschule in der Alten Markthalle waren auch ehemalige Austauschschüler eingeladen. Am Samstag steht eine Frankenwaldrundfahrt auf dem Programm mit Besichtigung des Tropenhauses Klein-Eden, Mittagessen im Glascafé, Besichtigung des Flakon-Museums sowie ein Abschiedsabend im Schullandheim. Am Sonntagmorgen reiste die Schuldelegation wieder zurück nach Ungarn.