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Eine überragende Liya Petrova in Kronach


Autor: Heike Schülein

Kronach, Sonntag, 08. März 2020

Einmal mehr verzauberten die Hofer Symphoniker ihr Kronacher Stammpublikum. Sie musizierten auf höchstem Niveau - mit einer grandiosen Solistin.
Mit Leidenschaft und Präzision: Die Violin-Virtuosin Liya Petrova begeisterte im harmonischen Zusammenspiel mit den Hofer Symphonikern.  Heike Schülein


Man ist unter Freunden: Auch in diesem Jahr durfte sich das weit über die Region Hochfranken hinaus bekannte Orchester über drei Mal volles Haus und ein herzliches Willkommen in der Lucas-Cranach-Stadt freuen. Auf dem Programm der Abende, das die Hofer Symphoniker unter dem präzisen Dirigat von Christoph-Mathias Mueller in der großartigen Akustik des Kreiskulturraums präsentierten, standen dramatische Werke von Ludwig van Beethoven, Felix Mendelssohn Bartholdy und Sergej Prokofjew. Den Höhepunkt des Konzertverlaufs bildete die atemberaubende Intonation von Beethovens Violinkonzert Nr. 3 aus dem Jahr 1806 durch die junge Geigerin Liya Petrova.

Perfektion und Leidenschaft, Spielfreude, gepaart mit einer natürlichen und intensiven Musikalität und makelloser Technik - die Bulgarin schien mit ihrem Instrument eins zu sein. Mit geschlossenen Augen, sich bei den schnelleren Teilen mit dem ganzen Körper hin und her wiegend, kredenzte sie dieses als eine der größten artistischen Herausforderungen für jeden Geiger geltende Meisterwerk mit Bravour.

Bei der Uraufführung zunächst als "überladen" und "undankbar" durchgefallen, gehört das fesselnde zentrale Werk der Sololiteratur für Violine - Beethovens einziges Violinkonzert - heute in das Repertoire aller bedeutenden Geiger. Die 1990 in Sofia geborene Preisträgerin zahlreicher hochkarätiger internationaler Violin-Wettbewerbe meisterte bei ihrem Kronacher Gastspiel sämtliche Hürden der berühmten Komposition in allen drei Sätzen mit einer Leichtigkeit, Wachsamkeit und einem Feuer der Leidenschaft, über die man nur staunen konnte. Virtuos, brillant, phänomenal. Der Lohn: frenetischer Beifall des minutenlang applaudierenden Publikums, das sich im Konzertverlauf über weitere, ebenfalls sehr geglückte Aufführungen freien durfte.

Knackiger Aufwecker

Am Pult stand - erstmals in Kronach zu Gast - der Schweizer Dirigent Christoph-Mathias Mueller. Unter seinem lebhaften, geschmeidigen Dirigat hatte das große besetze Orchester das Konzert mit Mendelssohns in nur zwei Tagen komponierter Ouvertüre "Ruy Blas" eröffnet. Die leidenschaftlich-spannungsgeladene Musik zum gleichnamigen Theaterstück von Victor Hugo - Mendelssohn hatte sie zunächst aufgrund der vielen, sich im Stück ereigneten Morde gar nicht schreiben wollen - wirkte wie ein festlicher Aufwecker: knackig und elegant, mit feiner Agilität in den Streichern, strahlenden Holzbläsern und wohldosierter Kraft im Blech.

Im weiteren Verlauf setzte das einmal mehr vor Energie und Spritzigkeit nur so sprühende Orchester auch Beethovens berühmte Leonoren-Ouvertüre Nr. 3 in Szene. Mit seiner dramatischen Wucht und musikalischen Radikalität sprengte der aufregende Duktus - eine aufwühlend-fesselnde Zusammenfassung der Fidelio-Oper - den Rahmen des damals von Opern-Ouvertüren Gewohnten. Christoph-Mathias Mueller servierte die zügigen Tempi mit seinem famos aufspielenden Orchester geschmeidig und elastisch.

Ein elitäres Klangerlebnis war auch die zum Ende des Programmteils erklingende, von Heiterkeit und Vitalität geprägte Sinfonie Nr. 1 in D-Dur. Die kürzeste und zugleich bekannteste Sinfonie Prokofjews verdankt ihren Beinamen "Klassische" ihrer liebevoll-parodistischen Verwendung einer an Haydn und Tschaikowski gemahnenden Tonsprache - ein echter, immer wieder gern gehörter Gassenhauer, der sich durch eine ausgeklügelte Rhythmik auszeichnet. Das Publikum war begeistert.

Eine Energieleistung

"Eigentlich sind wir platt", meinte Mueller angesichts des kredenzten wahrlich "sportlichen Programms", das sowohl die Muskeln enorm beansprucht als auch unglaubliche Konzentration erfordert habe. Dennoch gewährte man - welche Energieleistung (!) - dem Publikum noch zwei bewegende Zugaben. Die, so Mueller, "champagnermäßige" Beethoven-Ouvertüre zum Ballett "Die Geschöpfe des Prometheus" wie auch das dritte Werk der "Moments musicaux", sechs Klavierstücke von Franz Schubert. Das dritte, voller Leichtigkeit und Frische dargebotene Stück (Allegro Moderato), auch als "Air Russe" bekannt, bildete den Abschluss eines wieder einmal musikalischen Feuerwerks, das das Publikum in Superlativen schwelgen ließ. Chapeau!