Die Steinwiesener Mittelschule Oberes Rodachtal existiert im kommenden Schuljahr nur noch auf dem Papier. Ob sie zukünftig aufgelöst wird, ist noch unklar.
Wenn man so will, waren sie die Letzten ihrer Art: Jene 19 Schüler der 9. Klasse, die am 21. Juli mit ihrem Abschluss in der Tasche von der Mittelschule Oberes Rodachtal in
Steinwiesen verabschiedet wurden. Es war ein gleich doppelter Abschied; von den Schülern wie von der Schule. Denn Nachfolger wird es für die Absolventen wohl keine geben - zumindest nicht in absehbarer Zukunft. Das bestätigt auf FT-Anfrage noch einmal Schulamtsdirektor Uwe Dörfer. "Geschlossen wird die Schule nicht, sie ist nur inaktiv", erklärt er. "Rechtlich existiert sie noch, aber es gibt dort im nächsten Schuljahr definitiv keine Klasse mehr."
Während sich bei der Grundschule Steinwiesen, die ebenfalls im Gebäude an der Georg-Rascher-Straße beheimatet ist, also nichts ändert, wird es die Mittelschule künftig nur noch auf dem Papier geben. Im Landkreis soll sie im neuen Schuljahr allerdings die einzige Schule ohne Schüler bleiben. Allen anderen Grund- und Mittelschulen gibt Dörfer Bestandsschutz. "Die bleiben jetzt auch", betont er.
Sinkende Übertrittszahlen
Schon seit Jahren kämpft die Steinwiesener Mittelschule mit sinkenden Schülerzahlen. Denn nach der 4. Klasse an der Grundschule führte der Weg nach den Sommerferien immer öfter nicht an die Mittelschule, sondern lieber in Richtung Kronach an die beiden Gymnasien oder Realschulen. "Es war absehbar", sagt Steinwiesens Bürgermeister Gerhard Wunder (CSU), der auch Leiter des Schulverbands Oberes Rodachtal ist. Diesen bildet Steinwiesen gemeinsam mit Wallenfels, Nordhalben und Marktrodach. "Nach den Übertrittszahlen war klar, dass es kurz- oder mittelfristig nicht weitergehen wird."
Letztlich war es wohl sogar ein Mix aus schlechten Nachrichten: Eine niedrige Schülerzahl, eine ebenso geringe Übertrittsquote und somit fehlende Jahrgänge - der Beginn eines Teufelskreises. "Eine gebundene oder eine offene Ganztagsklasse konnten wir nicht bilden, weil es keine Parallelklasse gab", erklärt Dörfer.
Doch wie geht es nun mit der Steinwiesener Mittelschule weiter? Hat der Status "inaktiv" irgendwann den Status "aufgelöst" zur Folge? Eine Schließung ist Sache der Gemeinde, erklärt Dörfer. Diese müsste letztlich einen Antrag stellen, die Mittelschule aufzulösen. "Nach einer gegebenen Zeit, wenn keine Klasse mehr gebildet wird oder gebildet werden kann, kann auch die Regierung eine Schule auflösen", so der Schulamtsdirektor. Wird jedoch der Schulverbund aufgelöst, habe das automatisch zur Folge, dass auch die Mittelschule aufgelöst werden muss. Denn nur in einem solchen Konstrukt dürfen Schulen überhaupt weiter existieren, selbst wenn keine Klassen mehr zustande kommen.
Wie es weitergeht, sei jetzt eine politische Entscheidung, so Dörfer. Das Schulamt habe darauf keinen Einfluss. Der Schulverband Oberes Rodachtal müsse sich jetzt entscheiden, ob er sich auflösen und die dazugehörigen Schulen in den Schulverband Kronach III (siehe Infokasten) wechseln wollen. Die jetzige inaktive Situation könne ein bis zwei Jahre so beibehalten werden, aber danach müsse dann eine endgültige Entscheidung über die Zukunft der Schule und des Verbands fallen.
Regierung sieht kein Problem
Mit einem Übertritt in den Kronacher Verband würden Steinwiesen, Wallenfels, Nordhalben und Marktrodach unter anderem auch die Schülerbeförderung aus der Hand geben, da diese dann komplett beim Verband Kronach III läge. "Aber die Verwaltung wollen wir ebenso weiterhin selbst machen, wie die Schülerbeförderung. Das ist dann halt ein inaktiver Schulverband", sagt Wunder. Für die Regierung von Oberfranken sei das kein Problem, das sei ihm bereits zugesichert worden.
Er geht daher kommenden Montag mit dem Vorschlag in die Schulverbandsversammlung, den Schulverband bestehen zu lassen. Zu klären sind in der Versammlung gleich einige Fragen - finanzielle wie rechtliche.
Der Grund: Der Schulverband Kronach III hat den Verbundsvertrag mit dem Schulverband Oberes Rodachtal gekündigt. "Die Frist beträgt zwölf Monate. Bis zum 31. Juli 2018 bleibt also alles wie gehabt", erklärt der Geschäftsführer des Schulverbands Kronach III, Jörg Schnappauf.
Mit der Mittelschule in Steinwiesen stehe diese Entscheidung allerdings nicht in Verbindung. "Wir haben wegen der großen Diskrepanz beim Sachaufwand gekündigt", so Schnappauf. Für jeden Schüler aus den Städten Kronach und Wilhelmsthal, der in Kronach auf die Gottfried-Neukam-Mittelschule geht, zahle der Verband Kronach III 2700 Euro. Aus diesen Kosten werden sämtliche Posten bezahlt, die im Schulbetrieb anfallen. "Außer den Gehältern der Lehrer", sagt Schnappauf. "Das sind ja Staatsbedienstete."
Keine schlechte Stimmung
Alle anderen Mitglieder aus dem Verbund zahlen an den Verband Kronach III pro Schüler einen Zuschuss von 300 Euro. "Wir haben also jeden dieser Schüler mit 2400 Euro subventioniert. Jetzt hatten wir einen Zeitpunkt erreicht, an dem uns das zu viel wurde. Also haben wir die Kündigung im Grunde als Druckmittel eingesetzt, den Vertrag neu zu verhandeln", erklärt Schnappauf. Die Bürgermeister der betroffenen Gemeinden hätten aber bereits ein Entgegenkommen in Aussicht gestellt. Er geht daher davon aus, dass der Schulverbund weiterhin bestehen bleibt. "Wir wollen ja an der Kooperation festhalten und auch die Mittelschule in Küps weiter stärken", so Schnappauf.
Schlechte Stimmung dürfte am Verhandlungstisch also nicht herrschen. "Um das alles in Ruhe zu klären, ist es das Einfachste, unsere Schule inaktiv zu machen, rechtlich aber bestehen zu lassen", sagt daher Gerhard Wunder. "Es könnte ja auch sein, dass in ein bis zwei Jahren wieder Schüler kommen." Doch diese Möglichkeit hält Dörfer für eher unwahrscheinlich.
Vom Verband zum Verbund Konzept: Schulverbünde sollen kleine Schulen davor bewahren, geschlossen zu werden. Unter anderem dadurch, dass so gleichmäßigere Klassengrößen erreicht oder auch Lehrerstunden besser verteilt werden können.
Zwei Verbünde: Die Mittelschulen im Kreis Kronach sind in zwei Schulverbünden organisiert. Neben dem Schulverbund Mittelschule Kronach, zu dem die Gottfried-Neukam-Mittelschule Kronach, die Mittelschule Oberes Rodachtal in Steinwiesen und die Mittelschule Küps gehören, gibt es auch den Schulverband Oberer Frankenwald. Diesem sind die Mittelschule Pressig und die Mittelschule Windheim angegliedert.
Gründung: Der Schulverbund Mittelschule Kronach entstand am 7. Mai 2010. Er setzt sich zusammen aus dem Schulverband Kronach III (mit den Verbandsgemeinden Stadt Kronach und Wilhelmsthal), dem Schulverband Oberes Rodachtal (mit den Verbandsgemeinden Steinwiesen, Wallenfels, Marktrodach und Nordhalben) sowie dem Markt Küps und der Gemeinde Weißenbrunn.