Eine äh-äh-ähm Schnapsidee
Autor: Marian Hamacher
Kronach, Donnerstag, 11. Februar 2016
Am Freitag schlüpft Martin Panzer beim ersten Kronacher "Derbleck'n" erneut in seine Paraderolle als Edmund Stoiber.
Schuld ist mal wieder der Alkohol. Gerade im Fasching dürfte so manche Entscheidung, die unter Einfluss des einen oder anderen hopfenhaltigen Kaltgetränks getroffen wurde, bei klarerem Kopf dann doch bereut worden sein. Martin Panzer kennt sich mit beiden Variablen bestens aus: Mit der jecken Zeit als Kronacher Faschingspräsident, mit dem Bier als gebürtiger Franke sowieso.
Kein Wunder also, dass seine neueste Idee bei einem gemütlichen Gläschen Kronator geboren wurde. "Er fragte mich letztes Jahr, ob ich die Rosenbergalm nach dem nächsten Rosenmontag nicht noch ein paar Tage länger stehen lassen könnte", erinnert sich deren Geschäftsführer Steffen Mahr. Der Grund für die längere Standzeit war einfach: Erstmals wollte Panzer den traditionellen Bockbieranstich mit einem politischen Derblecken verbinden. "Das war quasi eine echte Schnapsidee", sagt Panzer mit einem leichten Grinsen auf den Lippen. "Aber so eine Veranstaltung fehlte bisher einfach in Kronach."
Kurze Planungszeit
Ob er die Idee faschingsgemäß auch zu bereuen hat, wird sich am Freitag entscheiden, sobald sich die rund 130 Zuschauer von den Sitzbänken erhoben und die Alm wieder verlassen haben. "Es wird bestimmt noch nicht perfekt sein, aber wir versuchen, den Zuschauern einen lustigen und schönen Abend zu bereiten", sagt der 43-Jährige. Der Gesamteindruck müsse stimmen. "Nur wenn sie fröhlich rausgehen und sagen, dass es gepasst hat, kann eine Tradition daraus werden." Nach dem Einlass um 19 Uhr haben die Zuschauer die Gelegenheit, sich zunächst über die angebotene Brotzeit und den Kronator herzumachen. Rund eine Stunde später soll dann das von Radio-Eins-Moderator Thomas Auer geleitete Programm starten.Dafür, dass aus der Idee schnell ernst wurde, sorgte Mahr, der das "1. Kronacher Derbleck'n & Bockbieranstich" rasch in den Veranstaltungskalender aufnahm. "Er hat nur gesagt: ,Entweder es klappt oder es klappt nicht‘", erzählt Panzer in einem Gespräch mit unserer Redaktion. Es wird klappen. Viel Zeit für die Planung hatten die Verantwortlichen - auch wegen Panzers Funktion im Fasching - allerdings nicht. Erst nach Weihnachten stand fest, dass der Kronator erstmals in einem anderen Rahmen als gewohnt angestochen wird.
In Anlehnung an den Salvator-Redner auf dem Münchner Nockherberg wird der Faschingspräsident der TVE Gehülz, Martin Bittruff, in die Rolle des Kronator-Redners schlüpfen und die eingeladene lokale Polit-Prominenz auf deren Humor-Verständnis prüfen. "Man muss sehen, wie die Leute reagieren, ob sie auch lachen, wenn der Adressat des Witzes nur wenige Plätze von ihnen entfernt sitzt", sagt Panzer, der ebenfalls auf der Bühne stehen wird.
In seiner Paraderolle als Edmund Stoiber unterhält er sich in einer munteren Diskussion mit Philipp Mahr als Franz Beckenbauer und Nicolas Roth als Franz-Josef Strauß unter anderem über den kürzlichen Russland-Besuch des ehemaligen bayerischen Ministerpräsidenten. "Auch eine Verlegung der Fußball-Weltmeisterschaft von Katar nach Kronach wird ein Thema sein", verrät Panzer.
Nicht nur Schenkelklopfer
Aufgeregt ist er nach fast 20 Jahren im Fasching längst nicht mehr - trotz des engen Zeitplans. Denn fertig wurde er mit dem Skript für den Dialog der drei bayerischen Markenzeichen erst am Aschermittwoch. "In diesem Ensemble standen wir noch nie auf der Bühne und die Generalprobe war erst Donnerstag. Daher wird vieles auch Improvisation sein", sagt er. Panzer ist es in seinen Texten wichtig, nicht nur Schenkelklopfer zu fabrizieren, sondern auch einen Scherz einzustreuen, der durch ein ernstes Thema in den Hinterköpfen nachwirkt. Panzer: "Ich bin ein Typ, der gerne auch mal was Kritisches sagt." Nur zu kompliziert sollte es auch nicht werden. "Das Einfache ist meistens auch das Witzigste", erklärt er. "Da denken viele Schreiber oft nicht dran." Daran, dass die Zuschauer genügend Gründe haben werden, zu lachen, hat er keine Zweifel - und das nicht nur wegen des vielen Alkohols.
Von der Wirtshaustür auf die Bühne
Begriff Sich über jemanden lustig zu machen, wird auf Bairisch kurz "Derblecken" genannt. Der Begriff kommt vermutlich daher, dass während des Lachens dem Gegenüber die Zähne gezeigt wurden ("Zähnt blecka"). Erste "Derblecker" waren Wirte, die ihre Stammgäste humorvoll begrüßten. Meist zogen sie die Hereinkommenden mit über diesen kursierenden Gerüchten und Geschichten auf. Inzwischen sind es vor allem Politiker, die den Spott der Redner abbekommen.
Beauftragt Waren Wirte rhetorisch weniger begabt, konnte es vorkommen, dass professionelle Hochzeitslader oder Gstanzlsänger beauftragt wurden, sich im Vorfeld über die zu erwartenden Gäste und deren Gewohn- wie Eigenheiten zu informieren. Wer Ziel der Verbalattacken wurde, hatte diesen mit Humor zu begegnen, denn eine beleidigte Reaktion steigerte bei den Zuhörern nur die Erheiterung.
Tradition 1891 hielt der Münchner Humorist Jakob Geis die erste Festrede beim Salvator-Ausschank auf dem Münchner Nockherberg. Bis heute werden dort anlässlich der Starkbierprobe Politiker eingeladen, die sich mach ironischen Kommentar anhören müssen. An diese Tradition soll nun auch in Kronach mit dem Kronator-Redner angeknüpft werden. red red