Druckartikel: Ehepaar Rauh aus Gehülz lässt sich von Krankheit nicht kleinkriegen

Ehepaar Rauh aus Gehülz lässt sich von Krankheit nicht kleinkriegen


Autor: Marco Meißner

Gehülz, Freitag, 17. Juli 2015

Das Gehülzer Ehepaar Daniela und Frank Rauh ist sehr lebensfroh - trotz des Kampfes gegen eine schwere Krankheit. Für die jahrelange Pflege Danielas wurde ihr Mann nun ausgezeichnet. Die 40-Jährige leidet an Multiple Sklerose.
Hündchen Cookie, Daniela und Frank Rauh. Foto: Marco Meißner


Nachdem Frank Rauh die Tür aufgesperrt hat, wird er freudig empfangen. Hündchen "Cookie" steht wedelnd vor ihm und ist ganz aus dem Häuschen. Vom Ende des Gangs strahlt Ehefrau Daniela ihren Mann an. "Hallo, Dani", grüßt Frank seine Liebste. Er drückt sie und fragt: "Magst Du auch einen Kaffee?" Sie nickt. Wenig später sitzen die beiden am Tisch - wie ein ganz normales Ehepaar eben. Nur so normal läuft ihr Alltag doch nicht ab. Daniela leidet an Multipler Sklerose (MS). Sie sitzt im Rollstuhl. Frank ist ihr Halt. Er pflegt sie. Und das schon seit vielen Jahren.


Aggressiver Krankheitsverlauf

Seit dem 16. Lebensjahr kämpft Daniela Rauh (40) gegen ihre MS-Erkrankung an, die einen recht aggressiven, schubartigen Verlauf genommen hat. "Am 26. Oktober 1991 habe ich sie kennen gelernt. Damals war sie noch fit. Sie ist auch gejoggt", erinnert sich Frank Rauh (42), der für seine aufopferungsvolle Pflege vor Kurzem einen Preis der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft (DMSG) verliehen bekam.

Nach 14 Tagen hatte ihm seine heutige Frau das ihr drohende Schicksal offenbart: "Im schlimmsten Fall eine Lähmung vom Hals abwärts." Frank wusste zu diesem Zeitpunkt nämlich so gut wie gar nichts mit dem Begriff "MS" anzufangen. Trotz dieser Perspektive haben die beiden geheiratet.


Die Rauhs leben im Jetzt

Inzwischen sitzt Daniela im Rollstuhl. Das Joggen ist Vergangenheit, die geliebten Flugreisen sind es auch. Doch sitzt man dem Paar gegenüber und spricht mit ihm, spürt man nichts von Tristesse oder einem Nachtrauern nach schöneren Tagen. Und auch nichts von Resignation. "Er hat Schub für Schub durchgehalten", lobt die 40-Jährige ihren Ehemann.

Wenn Frank Rauh erzählt, was das Paar alles vorhat, sprüht er fast vor Euphorie: "Ich will ihr alles ermöglichen, was geht!" Diese Einstellung hat er von seiner Frau übernommen. Anfangs hatte er vor der Krankheit und ihren Folgen wohl viel mehr Angst als sie. Heute hat sich das geändert, weil sich seine Lebensphilosophie gewandelt hat. Er schwelgt nicht in der Vergangenheit. Und er spart auch nicht jeden Groschen für die Zukunft. "Jetzt ist der Moment!", betont er.

Und diesen Moment will das Paar gemeinsam auskosten, so gut es geht. "Dadurch haben sich viele Situationen ergeben, die unser Leben bereichert haben", stellt der 42-Jährige fest.

Momentan fiebert Daniela gerade wieder einem solchen besonderen Augenblick entgegen. Einem Schwimmbadbesuch im Crana Mare. "Ich freue mich darauf. Ich habe gesehen, dass man das auch für Rollstuhlfahrer möglich macht", sagt sie begeistert. "Es ist eine super Sache, dass das in Kronach geht."


Von Pflegereform mehr erwartet

Den Alltag auf die Reihe zu bekommen, ist natürlich anstrengend - zumal die Pflegereform nicht die erhofften Verbesserungen für die Rauhs mit sich gebracht hat. "Ich stehe um halb fünf auf, um Klamotten und Tabletten vorzubereiten", erklärt Frank sein morgendliches Prozedere. Dann übernimmt er noch den ersten Toilettengang, ehe der mobile Pflegedienst den ersten seiner täglich drei Besuche absolviert, sich unter anderem um das Duschen und das Frühstück kümmert. Die restliche Pflege ist wieder Franks Aufgabe.

Der 42-Jährige muss aber auch noch zu seiner Arbeit bei den Kronacher Stadtwerken. Zwischendurch hat er dort allerdings die Möglichkeit, sich bei Bedarf spontan auszuklinken, um Überstunden abzufeiern und zu Hause auszuhelfen. "Herr Maaß ist da sehr entgegenkommend", dankt Frank seinem Chef. Eine solche unbürokratische Rücksichtnahme sei nicht überall zu erwarten. "Doch das gibt Dani die Sicherheit, dass sie nicht alleingelassen wird, wenn mal etwas ist."

Eine besondere Hilfestellung gibt der 42-Jährige seiner Frau, wenn das Paar außerhalb seiner vier Wände unterwegs ist. Bis sich Danielas Augen auf eine Person scharf stellen, dauert es einige Zeit. Dadurch fühlt sich mancher bei der Begegnung vor den Kopf gestoßen. "Ich versuche ihr dann zu helfen, ihr den Druck zu nehmen, indem ich zum Beispiel sage: ,Zehn Meter rechts, da kommt eine Bekannte‘", erklärt Frank. Auch beim Autofahren gebe er eine Hilfe, wann sie aus dem Fenster winken soll, wie Daniela schildert. Und sie schmunzelt bei dem Gedanken, wen sie schon alles im Vorbeifahren gegrüßt hat, ohne zu wissen, wer da gerade gestanden hat.
Der Umgang mit ihrer Krankheit sei bei Außenstehenden erfreulich gut, bestätigt sie. "Vor allem junge Menschen sind da ganz problemlos." Und im engeren Umfeld gehe man mit ihnen um, wie mit einem ganz normalen Ehepaar, ergänzt Frank. Manchmal spanne man die beiden sogar zu sehr ein, so dass er bremsen müsse. "Also machen wir da offenbar alles richtig", lautet sein Fazit. Denn die Rauhs wollen ein Leben, das so normal wie möglich abläuft.


Das Leben im Griff

Und das Paar will weiter zu zweit seine Herausforderungen meistern, in der eigenen Wohnung. "Ich glaube nicht, dass ich bettlägerig werde", gibt Daniela einem Umzug ins Heim gleich einen Korb. "Und der Rollstuhl bedeutet nicht das Ende. Da muss man wenigstens nicht so viel laufen", sagt sie kämpferisch und mit einem gehörigen Schuss Selbstironie. Und Frank scherzt: "Da läufst Du wenigstens die Sohlen nicht ab, Dani." Die beiden lachen. Sie haben ihr Leben im Griff. Sie halten zusammen wie Pech und Schwefel. Wie ein ganz normales Ehepaar eben. Und oft sogar besser.