Die User "zahlen" im Netz mit ihren Daten
Autor: Heike Schülein
Kronach, Sonntag, 17. März 2013
Der Kronacher Arbeitskreis Schule/Wirtschaft hatte zu einer Diskussion zum Thema "Nutzen, Chancen und Gefahren des Internets - Cybermobbing & Co." eingeladen. Ministerialrat Michael Will warnte im Atrium der Realschule I vor einem leichtfertigen Umgang mit sozialen Netzwerken.
"Hätte ich doch nur das Bild nicht hochgeladen", bedauert Anke ihre Ungeschicklichkeit. Gerade noch hat es so gut für sie ausgesehen. Die junge Frau hat ein Vorstellungsgespräch. Dann - ganz unvermittelt - sagt die Personalleiterin: "Ich habe im Internet etwas über Sie gefunden, das mir gar nicht gefällt!" Sie zeigt Anke ein Bild, auf dem die junge Frau bei einer feuchtfröhlichen Party aus einer Flasche Alkohol trinkt. Das Gespräch ist beendet. Der Ausbildungsplatz ist futsch. Aus und vorbei - und das alles nur wegen eines einzigen Bildes, das Anke selbst cool und witzig fand.
Dieser kurze Film bildete den Einstieg in den sehr interessanten Info-Abend. Gedreht wurde er von Schülern aus Neustadt bei Coburg bei einem Medienseminar - genau wie ein weiterer Kurzfilm, den Will ebenfalls vorführte. Darin geht es um ein junges Mädchen, das sich mit einer Internetbekanntschaft trifft - mit schlimmem Ausgang.
Trotz dieses kritischen Einstiegs betonte der Ministerialrat im Sachgebiet Datenschutz des Bayerischen Staatsministeriums des Inneren gleich am Anfang, dass er keineswegs ein Plädoyer gegen Internet halten wolle. Im Gegenteil: Das Internet sei eine Plattform für das Suchen von Informationen, das Schließen neuer Bekanntschaften und dem Kundtun der eigenen Meinung.
Wie Gespräch im vollen Zugabteil
Dies eröffne neue Möglichkeiten, bringe gleichzeitig aber auch Gefahren mit sich. "Im ,richtigen‘ Leben haben wir ein Gespür dafür, worauf wir vertrauen können. Da kennen wir die Maßstäbe. Im Internet ist das leider oft nicht so. Anstöpseln und los geht's, ohne viel nachzudenken", war er sich sicher und ergänzte: "Das Sicherheitsniveau des Internets lässt sich vergleichen mit einem Gespräch in einem vollen Zugabteil."
Deutschland verfüge über eine hohe Datenschutzkultur mit einer sehr ausgeprägten Rechtslage. Juristisch spricht man dabei von informationeller Selbstbestimmung. Das ist das Recht jedes Einzelnen, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner personenbezogenen Daten zu bestimmen. Im Internet mit seiner schicken Fassade seien aber viele zu unvorsichtig unterwegs, obwohl von sich online gestellte Informationen für jedermann auf der Welt abrufbar seien und deren Verbreitung nicht kontrolliert werden könne.
"Wir wollen, dass Sie Infos bunkern und möglichst wenig von sich preisgeben. Überlegen Sie, welche Infos sie mit wem teilen", rief er zu Selbstbestimmung und Eigenkontrolle auf. Wo nicht unbedingt erforderlich, brauche man seine echte Identität nicht preiszugeben. Gleichzeitig räumte er ein, dass unter dem Deckmantel der Pseudonymität oder Anonymität auch fiese Sachen gemacht würden - wie Viren verbreiten, Daten hacken oder Cybermobbing.
Polizei aufsuchen
Opfer von Mobbing oder Stalking sollten sich einen Schutzmechanismus suchen. "Es gibt eine Spezialabteilung im Landeskriminalamt. Suchen Sie aber nicht nach dieser Internet-Polizei, sondern gehen Sie zu ihrem Polizisten um die Ecke. Bringen Sie ihm die E-Mails. Er wird dem nachgehen", appellierte er. Zudem gebe es Ratgeber rund ums Internet oder auch Stellen - wie das Bundesamt für Sicherheit und Informationstechnologie für alle Fragen zur Netzsicherheit sowie das Bayerische Landesamt für Datenschutz.
In der Gesprächsrunde wollten die Gäste wissen, in wieweit Eltern verantwortlich für die Internet-Nutzung ihrer Kinder sind, beispielsweise beim Download illegaler Filme. "Eltern haben eine Aufsichtsverantwortung und müssen das kontrollieren", verdeutlichte Will.
FWG-Direktor Klaus Morsch war als Vater von vier Söhnen sicher, dass man als Eltern nicht alles überprüfen könne. Damit überfordere man die Eltern. Ralf Müller, Beratungslehrer der RS II, wollte wissen, warum man Internet-Großkonzerne nicht zu verstärkten Datenschutz-Auflagen zwingen könne. "Der Nutzer akzeptiert die allgemeinen Geschäftsbedingungen. Man nutzt kostenlos einen sehr gut funktionierenden Dienst. Die Firmen verdienen mit den Daten ihr Geld. Diese Rahmenbedingungen müssen wir uns vergegenwärtigen", entgegnete Will.
Matthias Klinke, Konrektor der RS I, fragte: "Wie sieht es mit der rechtlichen Grundlage aus, wenn man etwas über andere ins Internet stellt, ohne zu fragen?" "Alleine durch das Hochladen fremder Bilder haben wir millionenfache Datenschutz-Verletzungen und auch gegen das Urheberrecht", machte Will klar und betonte: "Erst einmal im Netz, hat man quasi keine Chance, diese Daten endgültig zu löschen.
Die Direktorin der RS I, Christa Bänisch, sowie Rainer Kober vom Arbeitskreis Schule/Wirtschaft hatten die Gäste willkommen geheißen.
Sehr freute sich Kober, für die Veranstaltung mit Will einen gebürtigen Marktrodacher gewonnen zu haben, der vom fernab gelegenen München gekommen sei.