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Die Trinkwasser-Manager der FWO im Frankenwald


Autor: Matthias Litzlfelder

Steinwiesen, Mittwoch, 22. April 2015

Viele Menschen in Franken erhalten ihr Wasser von Großversorgern. Die FWO im Frankenwald ist so ein Anbieter. Ihr Wasser kommt nicht aus der Erde, sondern von einem Stausee. Bevor es auf die Reise geht, wird es gereinigt und gehärtet - und das seit genau 40 Jahren.
Abteilungsleiter Michael Vokal blickt im Trinkwasseraufbereitungswerk Rieblich auf drei der sechs Filterbecken, in denen dem Wasser Kalk zugesetzt wird. Foto: Ronald Rinklef


Weich ist es. Zu weich. Über ein Wasser mit so wenig Kalkanteil wären die Würzburger Bürger froh. Unansehnliche Flecken und Kalkränder in Küche und Bad, Nachteile für Wasch- oder Kaffeemaschinen wären über Nacht verschwunden. Aber auch dieses Wasser aus dem Frankenwald hat eine Kehrseite. "Es ist agressiv", sagt Michael Rüger. "Nicht ideal für das Rohrnetz." Rüger steht vor einem großen Schaubild in der Eingangshalle des Trinkwasseraufbereitungswerks Rieblich. Im entlegenen Ortsteil des Marktes Steinwiesen (Landkreis Kronach) hat die Fernwasserversorgung Oberfranken (FWO) eine ihrer wichtigsten Stellen. Von hier aus geht das Wasser auf die Reise, landet als Trinkwasser in den Wasserhähnen von rund 400.000 Menschen in Oberfranken und einigen Teilen der Haßberge.

Start am 1. Mai 1975

Vor 40 Jahren, am 1. Mai 1975, schickte die FWO erstmals in Rieblich aufbereitetes Wasser in die Ferne. "Die Strecke nach Bamberg war die erste Leitung, die wir gebaut haben", erzählt Rüger. "Es war die Idee, zusätzliches Wasser nach Bamberg ohne Pumpen zu schaffen."

Wenn es um Verbindungen und Rohre geht, kennt sich der 57-Jährige bestens aus. Er ist verantwortlich für das gesamte Rohrnetz und die Mechanik der FWO. Seit 37 Jahren arbeitet er für den kommunalen Zweckverband von 15 Landkreisen und Städten der Region. "Wir haben mehr als 60 Abnehmer", berichtet der Sachgebietsleiter. Die Kunden der FWO sind keine Privatleute, auch keine Unternehmen. Es sind Kommunen, die Trinkwasser aus der Ferne beziehen.

Bayreuth größter Kunde

Die Stadt Bayreuth ist ein solcher Abnehmer, derzeit der größte mit einem Jahresverbrauch von fünf bis sechs Millionen Kubikmeter Wasser. Bamberg hat laut Rüger deutlich weniger Wasser von der FWO angefordert. Nicht, dass die Bamberger weniger Trinkwasser benötigen. Die Stadt bezieht ihr Wasser größtenteils noch aus eigenen Brunnen. Etliche Gemeinden in Oberfranken machen das so. Von der im Regierungsbezirk jährlich verbrauchten Menge in Höhe von insgesamt rund 80 Millionen Kubikmeter Wasser liefert die FWO weniger als 20 Prozent.

Angebot aus dem Frankenwald

Die Kommunen, die Kunden der FWO sind, wissen das Trinkwasserangebot aus dem Frankenwald jedoch zu schätzen. Andernfalls wären sie aufgrund strenger gesetzlicher Vorgaben gezwungen gewesen, ihre Wasserversorgung vor Ort aufwändig zu sanieren. Und gegen eine hohe Nitratbelastung infolge zu intensiver landwirtschaftlicher Nutzung der Flächen vor Ort sind sie nahezu machtlos.

Oberflächenwasser - bayerische Seltenheit

"Wir an der Talsperre haben da keine Probleme", sagt Rüger. Er zeigt auf das riesige Schaubild in der Eingangshalle des Trinkwasseraufbereitungswerks. Ein Luftbild und ein Querschnitt veranschaulichen die Trinkwassertalsperre Mauthaus, besser bekannt als Ködeltalsperre. Von Rügers aktuellem Standort im Werk Rieblich aus liegt der 4,4 Kilometer lange und 250 Meter breite Stausee etwa 800 Meter nördlich, dazu rund 50 Meter höher. Das Wasser, das die FWO in die Ferne schickt, kommt von hier. "Es ist kein Grundwasser, sondern Oberflächenwasser", erklärt der Rohrnetzmeister. Eher eine Seltenheit in Bayern. Nur knapp drei Prozent des Trinkwassers im Freistaat stammt aus solchen Stauseen. In Bayern wird außer der Ködeltalsperre nur noch im niederbayerischen Frauenau (Bayerischer Wald) eine Talsperre für die Trinkwasserversorgung betrieben. Insgesamt rund 80 Menschen arbeiten für die FWO. Nitratbelastung ist für sie noch nie ein Thema gewesen. "Es gibt kaum landwirtschaftliche Nutzflächen im Einzugsgebiet der Talsperre", berichtet Rüger.

Entnahme über Turm

1968 bis 1973 hatte der Freistaat hier seine erste Trinkwassertalsperre errichten lassen. Er ist auch heute noch Eigentümer und Betreiber des Stausees, ebenso gehört ihm das Kraftwerk, das mit dem Wasser unterhalb Strom erzeugt. Rügers Hand macht auf dem Querschnitt-Bild an einer dicken Säule Halt. "Der Entnahmeturm", erklärt er. "Von hier kommt das Wasser in zwei 90 Zentimeter dicken Rohren zu uns ins Aufbereitungswerk, nachdem zuvor mit ihm Strom erzeugt wurde."

Höher als Würzburger Domtürme

Spaziergänger, die den landschaftlich reizvoll gelegenen Stausee auf dem 14 Kilometer langen Asphaltweg umrunden, sehen von diesem Entnahmeturm aus Stahlbeton nur die Spitze aus dem Wasser ragen. Erst im Querschnitt-Bild wird seine Höhe auch unter Wasser deutlich. Er bringt es auf insgesamt 67 Meter, ein paar Meter höher als zum Beispiel die Türme des Würzburger Doms.

Sechs Filterbecken

Um das Oberflächenwasser aus der Talsperre perfekt für das Wasserglas beim Verbraucher, aber auch für den Transport durch die FWO-Rohre zu machen, sind Michael Vokal und seine Mitarbeiter zuständig. "Mein Kollege Rüger kümmert sich darum, dass Hydraulik und Rohrnetz im Versorgungsgebiet funktionieren. Wir hier in Rieblich bereiten das Wasser auf und überwachen ständig seine Qualität", erklärt der Abteilungsleiter. Er läuft zu einer großen Halle, wo drei Wasserbecken nebeneinander liegen. "Sechs solcher Filterbecken haben wir insgesamt, da muss jedes Wasser durch." Eine erste Filterstufe hat das Wasser in diesen Becken schon vorher durchlaufen. Ozon wurde zugegeben, um schwer abbaubare organische Verbindungen zu oxidieren und Keime zu entfernen. Ebenso Aluminiumsulfat, um unerwünschte Stoffe zu vergrößern und später mit einer Kiesschicht herauszufiltern, ein sogenanntes Flockungsverfahren. Und auch Kohlensäure war dem Wasser zugeführt worden.

Kohlensäure und Jurakalk

Das spielt nun eine Rolle. Michael Vokal steht am Rand eines Filterbeckens und schaut aufs Wasser hinab. Im Wasser schimmern unzählige kleine hellbeige Steinchen. "Da unten liegt Jurakalk in sehr reiner Form", sagt er. "Wir beziehen ihn aus einem Kalksteinbruch bei Blaubeuren. Jeweils 2,10 Meter hoch haben wir hier im Becken das Granulat geschichtet." Das Wasser aus der Ködeltalsperre muss da durch, nach unten - und nimmt, dank der zugeführten Kohlensäure, den Kalk auf. Jetzt ist es immer noch relativ weich, aber nicht mehr so extrem wie zu Beginn und auch nicht mehr aggressiv. "Wir benötigen im Jahr 40 Lkw-Ladungen mit diesem Jurakalk für unsere Filteranlagen", erzählt Vokal weiter. Das sind jährlich rund 1000 Tonnen, die das FWO-Wasser aufhärten.
500 Kubikmeter Wasser durchfließen jedes Filterbecken pro Stunde, so dass das FWO-Werk Rieblich stündlich insgesamt 3000 Kubikmeter aufbereiten kann - und das 24 Stunden täglich.

21 Millionen Kubikmeter Wasservorrat

Ist die Ködeltalsperre komplett aufgestaut, dann hält sie einen Wasservorrat von 21 Millionen Kubikmeter vor. "2014 haben wir an unsere Kunden 14 Millionen Kubikmeter abgegeben", nennt Rüger eine Vergleichszahl. Davon bezog die FWO aber laut Rüger zwei Millionen von der Wasserversorgung Fränkischer Wirtschaftsraum (WFW), einem Nürnberger Versorger, und 500.000 von den Brunnen der Stadt Kulmbach. "Es gibt langfristige Verträge. Jede Gemeinde bestellt jährlich eine gewisse Menge. Diese ist sie verpflichtet abzunehmen", erklärt Rüger. "Bei zehn Prozent über der bestellten Menge kostet es dann mehr." Zu wenig Wasser, dieses Problem gebe es nicht, sagt der Rohrnetzexperte. Auch ein heißer Sommer sei für die FWO kein Problem. "Wir könnten noch mehr als bisher liefern."

Nach Bamberg ohne Druck

Um knapp 500 Kilometer Rohrnetz kümmert sich die FWO. Am Bildschirm in seinem Büro in der FWO-Verwaltung in Kronach hat Rüger die Leitungen täglich im Blick. Vor allem aber die Pumpen und die Hochbehälter. Nach Bamberg fließt das Wasser durch den natürlichen Höhenunterschied ohne Druck. Bei anderen Orten im Versorgungsgebiet geht ohne Pumpen gar nichts. Etwa zum Hochbehälter nach Straßdorf bei Schwarzenbach am Wald im Landkreis Hof. "Der liegt ungefähr 300 Meter höher als das Wasserwerk in Rieblich. Da brauchen wir einen Druck von 30 Bar", sagt Rüger. Sechs Pumpen im Wasserwerk sorgen dafür.

Bis zu sieben Tage unterwegs

Daneben sind auch einige der 25 Hochbehälter im Versorgungsgebiet mit Pumpen ausgestattet. Etwa der in Rugendorf (Landkreis Kulmbach). Hier wird das Wasser für die Stadt Bayreuth weitergeleitet. Einen Tag braucht das Wasser, bis es vom Aufbereitungswerk Rieblich nach Bayreuth gelangt. Zu einigen Hochbehältern sei das Wasser bis zu sieben Tage in den Rohrleitungen unterwegs, berichtet der Rohrnetzmeister. Vorsorglich werde das Wasser deshalb leicht gechlort. "Wir achten darauf, dass keine Keime am Endpunkt entstehen", sagt Rüger. Die zugegebene Menge Chlor sei so gering, dass sie im Netz labortechnisch nicht nachweisbar ist.

Leitwarte wacht rund um die Uhr

Rund um die Uhr überwacht die FWO ihr gesamtes Rohrnetz. Die Pumpen und Hochbehälter hat nicht nur Rüger in seinem Büro in Kronach auf dem Schirm. Im Wasserwerk Rieblich gibt es eine Leitwarte. Tagsüber beaufsichtigt eine Person auf Bildschirmen die Zustände an den Hochbehältern, nachts sind es zwei. Und wenn in Rieblich längere Zeit der Strom ausfällt? Dann gebe es ein großes, mit Diesel betriebenes Notstromaggregat. "Wir könnten damit zehn Tage lang arbeiten. Den Notfall hat es aber noch nie gegeben", sagt Kollege Vokal.

Mit den Gewinnen aus dem Wasserverkauf bilde die FWO Rücklagen, die sie wieder in den Betrieb investieren könne, sagt Rüger. So funktioniere das Fernwasser-Geschäft ohne Zuschüsse. "Wir sind kein gewinnorientiertes Unternehmen", stellt der 57-Jährige klar. Und so soll Wasserversorgung seiner Meinung nach auch bleiben. "Sie gehört in kommunale Hände."