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Die Selbstversorger aus Burggrub


Autor: Karl-Heinz Hofmann

Burggrub, Mittwoch, 01. Juli 2020

Der Garten der Familie Birkner ist ein grünes Paradies, in dem sie aus dem Vollen schöpfen kann. Auch fürs Fleisch sorgen die passionierten Jäger selbst.
Ruth, Klaus und Victor Birkner (von links) sind nicht nur passionierte Jäger, sondern auch begeisterte Natur- und Botanik-Liebhaber und vor allem Selbstversorger mit eigenen Erzeugnissen aus Garten, Wald und Flur.  K.- H. Hofmann


Die Familie Birkner in Burggrub ist außerordentlich naturverbunden und schöpft nicht nur aus ihrem eigenen Garten unglaublich wertvolle Nahrungsmittel, sondern nutzt auch noch weitere Möglichkeiten zur Selbstversorgung. Die Birkners beeindrucken dabei durch mehrere Besonderheiten. Vater Klaus, Mutter Ruth und Sohn Victor sind alle drei passionierte Jäger. Viel Beschäftigungspotenzial bietet aber auch ihr etwa 4000 Quadratmeter großes Gartengrundstück, in dem es nahezu alles gibt, was das Herz begehrt.

Die Studienrätin Ruth Birkner erläutert uns ihre Lebenseinstellung zur Wertschöpfung aus Garten, Wald und Flur. "Sehr gerne nutzen wir die Schätze und Kostbarkeiten, die uns die Natur im jahreszeitlichen Wechsel zur Verfügung stellt. Oberste Priorität haben dabei die sofortige und frische Verwertung. Die Fülle der zu verarbeitenden Früchte, Kräuter und Pilze eröffnet kreative Variationen beim Kochen und Backen. Sie macht aber auch eine Konservierung erforderlich. In unserem Garten gedeihen beispielsweise 25 verschiedene Apfel- und 16 Birnensorten. Aber auch Steinobst, wie zum Beispiel Kirsche, Zwetschge, Pflaume, Pfirsich, Pfirsikose, Mirakose, Mirabelle oder Ringlo liefern Obst im Überfluss. Mehrere Walnuss- und Esskastanienbäume bereichern die Vielfalt."

Auf einer kleinen Plantage findet man neben Brombeersträuchern auch Himbeeren in den unterschiedlichsten Farben und Sorten. Auch Schwarzer Holunder, Felsenbirne, japanische Wein-, Mai-, Tay-, Aronia- sowie Johannis-, Stachel-, Heidel-, Josta-, Goji- und Erdbeeren werden geerntet. "Ihren Vitamin- und Mineralstoffgehalt wissen wir besonders zu schätzen", sagt Ruth Birkner und führt weiter aus: So besitzen insbesondere die auch von den Vögeln sehr gerne heimgesuchten Aroniabeeren eine Vielzahl sekundärer Pflanzenstoffe wie Flavonoide und Anthocyane, die antiviral, antioxidativ, entzündungshemmend und blutdruckregulierend wirken. Um die wertvollen, bioaktiven Inhaltsstoffe bestmöglichst zu erhalten, konsumieren die Birkners die meisten Beeren vorzugsweise "von der Hand in den Mund" oder bereichern damit das Müsli. Aufgrund der Menge jedoch wird das Obst im Hause Birkner nicht nur in Marmelade, Saft, Wein oder Likör verwandelt, sondern auch durch Einwecken oder Trocknen haltbar gemacht.

Eine Spezialität des Hauses ist der aus getrockneten Beeren hergestellte Holunderlikör. Die im Herbst gesammelten Pilze werden ebenfalls gedörrt und in großen Schliffgläsern aufbewahrt. "Ein köstlicher, selbst hergestellter Beerenwein und getrocknete Waldpilze stellen für mich unverzichtbare Ingredienzien dar, wenn es um die Zubereitung von Wildbret und die Verfeinerung aromatischer Soßen geht", so Ruth Birkner.

Da Vater, Mutter und Sohn aktive Jäger sind, steht Wildbret auf dem Speiseplan der Familie an oberster Stelle. Es bereitet größtes Vergnügen, selbst erlegtes Wild von höchster Bioqualität für Familie und Freunde zuzubereiten. Für die Beilagen werden Gemüsearten wie Tomaten, Gurken, Kürbis, Karotten, Sellerie, Lauch, Kohlrabi, Rosen-, Spitz-, Grün- und Blumenkohl, Wirsing, Brokkoli, Mangold, Salat, Bohnen, Erbsen und Kartoffeln im Garten angebaut. Ihren letzten Schliff erhalten die Gerichte durch die nahezu fünfzig Kräuter des Gartens.

Gerade in Corona-Zeiten gewinnen in der Familie Birkner die Wildkräuter an Bedeutung. Im Vergleich zum "Kulturgrün" liefern sie wesentlich mehr Vitamine, Mineralien und wertvolle Vitalstoffe. Somit sind sie perfekte und zudem kostenlose Nahrungsergänzungsmittel, die zur Stärkung des Immunsystems beitragen. Da Brennesseln besonders viel vom Körper leicht aufnehmbares, pflanzlich gebundenes Silizium enthalten, fehlen sie in kaum einer ihrer Salatkreationen. Auch junger Giersch, der basisch ist und somit einer Übersäuerung des Körpers entgegenwirkt, findet Verwendung.

Erfolge mi "Terra Preta"

Ehemann Klaus Birkner, Diplomingenieur Maschinenbau Konstruktion und Diplomökonom, bereitet es große Freude, wenn ein wesentlicher Anteil des täglichen Lebensmittelbedarfs aus eigener Produktion stammt. Er geht ins Detail der Bodenkunde und erklärt: "Terra Preta, eine von uns selbst hergestellte Komposterde mit hohem Kohlenstoffgehalt, trägt wesentlich zu einer üppigen Ernte bei, da sie sehr große Mengen an Stickstoff und Phosphor speichern kann. Somit bietet diese Erde unseren Pflanzen eine nachhaltige, ausgezeichnete Versorgung und verhindert ein Auswaschen der Nährstoffe ins Grundwasser. Für die Wasserversorgung des Gartens stehen vier Regenwasserzisternen und ein historischer, acht Meter tiefer, gemauerter Brunnen zur Verfügung".

Klaus Birkner schwärmt von den Köstlichkeiten, so dass einem schnell das Wasser im Munde zusammenlaufen kann. Der "Product Carbon Footprint" eines frischen Kräutersalats aus der Blumenwiese hinter dem Haus ist für ihn einfach unschlagbar.

Keine Abfälle

Besondere Wildspezialitäten, wie Rehschinken oder Beef Jerky, werden mit Hilfe eines Räucherofens und eines Dörrautomaten hergestellt. Bei der Verwertung von Wildbret ist es den Birkners wichtig, möglichst keine Abfälle entstehen zu lassen. Die für den menschlichen Verzehr weniger geeigneten Teile werden getrocknet und stellen äußerst beliebte Leckerlis für Hunde dar. Klaus Birkner: "Wir sehen unseren Garten als Ökosystem, das eine hohe Artenvielfalt bezüglich Flora und Fauna aufweist. Um dies zu gewährleisten, werden gewisse Teilflächen als Magerwiesen gepflegt. Blumen, Kräuter und Gräser können sich dort aussamen und vermehren. Ungemähte Flächen stehen somit der Tierwelt auch im Winter als Lebensraum und Nahrungsquelle zur Verfügung."

Man achte auch darauf, dass abgeblühte Stauden bis zum Frühjahr stehen bleiben. "Eine beachtenswerte Insektenvielfalt und ein hohes Aufkommen an Wildbienen sind aber sicherlich auch auf die in unserem Garten vorhandene Benjeshecke und auf das ökologisch wertvolle Totholz zurückzuführen", ist sich Birkner sicher. In Ritzen und Höhlen abgestorbener Bäume und Holundersträucher können Käfer und Vögel Unterschlupf finden. Mit Beginn der Dämmerung wechseln Fledermäuse von den nahe gelegenen Felsenkellerquartieren in den Garten. Bunt- und Grünspecht, Distelfink, Wacholderdrossel, Star, Gartenrotschwanz oder Kleiber fühlen sich in dem Garten-Biotop offensichtlich sehr wohl, da sie hier ein breites Spektrum an Futterquellen und Nistgelegenheiten vorfinden.

Alljährlich sind sieben selbst gefertigte Vogelhäuser belegt, viele weitere Nester werden beispielsweise im Efeu, im Nussbaum oder auch in der Esskastanie gebaut. In der Scheune befinden sich zudem zwei Eulenkästen, die aber nicht nur die Eulen nutzen, sondern auch die Turmfalken alljährlich im angehenden Frühjahr als potenzielle Brutstätte in Augenschein nehmen. Sogar Eichhörnchen haben schon darin ihren Kobel gebaut.

"Als Waldbesitzer und Jäger sind wir Anhänger der ,Wald und Wild'-Fraktion. Wir wollen im Sinne der Hege für das Wild auch unseren Wald als Lebensraum mit viel Äsung und hoher Biodiversität attraktiv gestalten. Wildreduktion kann nicht die für den Klimawandel erforderliche waldbauliche Kompetenz ersetzen. Die Verwendung von Produkten aus Privatwald und Garten stellen einen Beitrag zum nachhaltigen Wirtschaften ohne Transport- und Verpackungskosten und zu einer sehr hochwertigen Ernährung ohne schädliche Zusatzstoffe dar", informiert Birkner.

Sohn Victor ist zu dem Gespräch extra aus Bayreuth angereist. Der Student (Engineering Science) geht als großer Naturliebhaber voll in die Fußstapfen der Eltern. Deshalb entschied er sich für eine Wohngemeinschaft auf einem alten Rittergut, auf dem unter anderem ein Obstgarten, Beete und ein Gewächshaus vorhanden sind. Zudem halten seine Mitbewohner und er Hühner, die täglich frische Eier liefern. Als letztes Projekt habe er mit einer Mitbewohnerin Küken aufgezogen, die sie gerade mit den erwachsenen Hühnern vergesellschaften.