Die Renaissance in Kronach lebt wieder auf
Autor: Heike Schülein
Weißenbrunn, Dienstag, 03. Juni 2014
Tina Vadász-Hain und ihr Mann bereiten sich samt Tochter Katalin auf das an Pfingsten stattfindende "Crana Historia" vor. Für das Paar sind mit dem Feldlager auf der Festung Rosenberg besondere Erinnerungen verbunden.
Es ist ein zauberhaftes Bild: In wunderschönen Gewändern der Renaissance strahlt das Ehepaar Vadász-Hain mit seiner Tochter Katalin in die Kamera. Tina Vadász-Hain trägt ein krappfarbenes, vorne geschnürtes Kleid mit einer weißen Schürze - dazu eine weiße Haube, ihr Mann einen prachtvollen Überrock über seinem Gewand sowie eine Mütze mit Pelzbesatz. Die kleine Katalin ist in ein bodenlanges Kleid mit Schürze gewandet und natürlich ebenfalls mit entsprechender Kopfbedeckung. Das Bild hat einen Ehrenplatz in der Wohnung der Familie in Weißenbrunn.
Und auch sonst ist die Renaissance in ihrem Familienleben allgegenwärtig. Es vergeht kein Tag, an dem sich die Eheleute nicht mit dem Zeitalter beschäftigten - so auch an diesem Nachmittag. Tina Vadász-Hain ist gerade mit den Vorbereitungen für das an Pfingsten stattfindende "Crana Historica" beschäftigt, an dem sie mit ihrer Familie und mit der von ihr 2012 gegründeten Gruppe "Flores Artium" teilnimmt. Vor der Weißenbrunnerin auf dem Tisch liegt ein großer Plan, den sie ergänzt und vervollständigt. Es gibt viel zu organisieren. Doch der Grafikerin steht die Vorfreude ins Gesicht geschrieben. "Ich freue mich riesig auf "Crana Historica", strahlt sie.
Drei Tage Ausnahmezustand
"Crana Historica" bedeutet für die Familie Ausnahmezustand. An den drei Tagen tauschen die Drei ihr schmuckes Eigenheim mit dem Feldlager der Festung Rosenberg. "Bei ,Crana Historica' treffen wir viele gute Freunde, die wir seit dem letzten Fest nicht mehr gesehen haben. Dazu kommt das einzigartige Flair, das es nur so bei "Crana Historica" gibt. An diesen Tagen gehört uns die ganze Festung - auch an den sonst abgesperrten Stellen", sprudelt es nur so aus der gebürtigen Pressigerin, die seit 17 Jahren in Weißenbrunn beheimatet ist, heraus.
Ein Festival bleibt dem Ehepaar in besonderer Erinnerung; lernte es sich doch hier 2008 kennen. Szilárd Vadász war mit seiner historischen Gruppe aus Ungarn zu Gast. "Wir sind miteinander ins Gespräch gekommen und haben Adressen und später Fotos ausgetauscht", erinnert sich die 38-Jährige. Man blieb in Kontakt. Später besuchte sie ihn in Budapest und ließ sich von ihm die Stadt zeigen. Die Beziehung wurde ernster und es "funkte". Der Ungar nahm dann auch erstmals mit dem Auto die weite Anfahrt von rund 1000 Kilometern auf sich.
Etwa ein halbes Jahr dauerte die Fernbeziehung, bevor die beiden im Frühjahr 2009 schließlich ernst machten. Er kam nach Deutschland, ohne Deutsch zu können. "Das war nicht einfach für mich. Mit dem Dialekt habe ich noch immer meine Probleme", schmunzelt Szilárd Vadász. Die deutsche Sprache lernte er dann aber recht zügig.
Mittlerweile hat der Programmierer eine gute Arbeitsstelle in Bamberg gefunden. Den Umzug nach Deutschland hat er nicht bereut. Es gefällt ihm hier, obwohl er - wie er zugibt - seine warme Heimat vor allem im Winter schon vermisst. 2010 heirateten die Beiden. Die offizielle Hochzeitsfeier fand bei "Crana Historica II" 2010 statt. Vor vier Jahren kam Tochter Katalin auf die Welt. "Katalin war schon 2010 und 2012 bei "Crana Historica" dabei. Damals war sie aber noch zu klein, um das alles zu verstehen. Ich glaube, heuer kann sie das so richtig genießen", ist sich Tina Vadász-Hain sicher.
Drei Tage wird die Familie an Pfingsten im Feldlager verbringen. "Heimfahren lohnt nicht. Das wäre nur Zeitverschwendung", lacht das Ehepaar. Bei "Crana Historica" wird Tina Vadász-Hain ein neues Gewand tragen, "natürlich" selbst genäht. Das Nähen solch historischer Gewänder ist ein großes Hobby der Weißenbrunnerin. So hat sie schon einige Kleidungsstücke für sich und ihre Familie gefertigt. Vadász-Hain hat sich das Schneidern selbst beigebracht. Das Nähen der Gewänder ist zeit- und arbeitsaufwendig. Auch an ihrem neuen Gewand schneidert sie schon seit Januar, da sie großen Wert auf eine möglichst originalgetreue Umsetzung legt.
Was macht nun aber für die Weißenbrunnerin, die vor allem am 16. Jahrhundert viel Gefallen findet, gerade den Reiz der Renaissance aus? "Ich finde, dass die Renaissance eine sehr spannende Zeitepoche in der Weltgeschichte ist", erklärt sie. Die Renaissance (französisch "Wiedergeburt") habe das Denken der Menschen verändert und sei ein Aufbruch in eine neue Zeit des Denkens und Handelns gewesen. Diese Vorliebe leben die Eheleute in verschiedenen Tätigkeiten aus - Tina Vadász-Hain durch das Schneidern oder auch das Kochen von Gerichten aus der damaligen Zeit, und ihr Mann durch das Schreiben an seinem zweiten historischen Roman über die Kriege jener Zeit in Ungarn und Europa. Außerdem besucht er in Bamberg einmal die Woche eine Fechtschule für historische Fechtkünste des 15. und 16. Jahrhunderts.
"Ein ordentliches Stück Arbeit"
Durch ihre Leidenschaft für die beginnende Neuzeit kamen sie auch zum Historischen Verein Kronach, unter dessen Dach sie den Renaissance-Arbeitskreis "Flores Artium" (die Blumen der Künste) gründeten. Ziel der Gruppe ist das praktische Nacherleben der Geschichte mit gemeinsamen Unternehmungen und regelmäßigen Treffen. Man will sich untereinander austauschen, voneinander lernen und gemeinsam die Künste des 16. Jahrhunderts pflegen. Auch bei historischen Veranstaltungen ist die Gruppe häufig zugegen, beispielsweise beim Rothmühlenfest in Weißenbrunn, beim Marktfest "500 Jahre historische Markthalle" und auch beim Stadtspektakel.
Der Höhepunkt bleibt aber "Crana Historica". Auch heuer wird die Gruppe dabei wieder Köstlichkeiten nach Original-Rezepten des 16. Jahrhunderts über dem Feuer kochen und auch Kindern viel anbieten - zum Beispiel Marzipan-Springerle. Die gemodelten Marzipanbilder galten als absoluter Luxus, da die Süßigkeit damals sehr wertvoll war. "Das wird an allen drei Tagen ein ordentliches Stück Arbeit", weiß das Ehepaar.