Die Himmelsstürmer: Zu Besuch in Kronachs kleinster Sporthalle
Autor: Marian Hamacher
Kronach, Freitag, 21. Juni 2019
Gerade einmal 20 Quadratmeter groß ist der Raum, in dem die Sportkletterer des Kronacher Alpenvereins zweimal die Woche die Wände erklimmen. Was fasziniert die Indoor-Kraxler?
Gerade einmal für den Moment weniger Augenschläge huschen die Pupillen von Jürgen Zeuß suchend über die blaue Wand, an der er gerade hängt. Wie geht's weiter? Links. Rechts. Gefunden. Groß ist der hellgelbe Haltegriff nicht. Lediglich der Daumen und zwei Fingerkuppen finden darauf Platz. Doch mehr braucht der 41-Jährige auch gar nicht. Es reicht als Halt. Reicht, um nicht von der Wand zu rutschen, sich einmal kräftig mit dem bislang angewinkelten rechten Bein abzustoßen und mit den Fingern die nächsten beiden gelben Griffe zu umklammern.
Jetzt geht alles ganz schnell. Linkes Bein. Finger. Rechtes Bein. Finger. Und plötzlich befindet sich Zeuß schon knapp neun Meter über dem Boden. Wenige Sekunden später hat er die obere Kante der Wand erreicht.
Eine Ausgleichssportart
Zwölf Meter sind die drei Kletterwände im Turm auf dem LGS-Gelände hoch. 2002 wurde der ehemalige Sägespänen-Speicher einer Schreinerei für die Landesgartenschau in der Cranach-Stadt umgestaltet. Seitdem kann er von der Kronacher Sportklettergruppe des Deutschen Alpenvereins im Winter von innen und in wärmeren Monaten auch von außen erklommen werden.
Zeuß ist erst seit gut einem Dreivierteljahr dabei. Einmal von Freunden ins Turminnere mitgenommen, ist er gleich vom Klettervirus infiziert worden. "Das ist eine super Ausgleichssportart zum Laufen oder Radfahren", weiß er als Sportlehrer an der Lorenz-Kaim-Schule. "Klettern ist eigentlich alles: Kondition, Kraft und Geschicklichkeit."
Außerdem würden dabei zahlreiche Muskeln beansprucht. "Daher ist es auch die beste Rückenschule. Als Ü40er muss man ja langsam auch an den Rücken denken", sagt er und grinst.
Zweimal in der Woche steht die Tür des Turms für Kletterer offen (siehe Infokasten). An diesem Mittwochabend zieht der Geruch frisch gefallenen Regens in den knapp 20 Quadratmeter großen Innenraum. Kurz nach 19 Uhr sind es bereits acht Kletterer, die sich an den bunten Haltegriffen ihren Weg in die Höhe bahnen. Wer wieder auf dem Boden ist, wechselt auf die andere Seite des Seils und sichert den Kletterpartner.
Immer wieder wandert der Griff der Indoor-Kraxler an einen kleinen Beutel an der Rückseite ihrer Klettergurte. Kaum gleitet die Hand zurück an die Wand, rieselt eine feine Staubwolke herab. "Das ist das Talkum-Pulver, das man auch noch aus dem Schulsport kennt", erklärt Timo Wunder. "Schwitzige Finger sollen ja nicht der Grund dafür sein, dass man abstürzt." Auch auf dem schwarzen T-Shirt des 46-Jährigen, der die Kronacher Sportklettergruppe leitet, hat das weiße Pulver an diesem noch jungen Klettertag schon seine Spuren hinterlassen.