Die Bruthöhlenbauer vom "Mäusbeutel"
Autor: red
Rothenkirchen, Dienstag, 05. August 2014
Der "soziale Wohnungsbau" ist keine menschliche Erfindung. Der Schwarzspecht praktiziert ihn seit tausenden von Jahren. Dass er dabei immer auch auf die Nachbarschaft achtet, ist eines von vielen Ergebnisse einer aufwändigen Biotopbaumkartierung im Staatsforst des Forstbetriebs Rothenkirchen.
Das Buchenwaldgebiet "Mäusbeutel" nordwestlich der Ködeltalsperre ist seit 40 Jahren Naturschutzgebiet und seit 2011 Teil des FFH-Gebietes "Täler und Rodungsinseln im Frankenwald". Im vergangenen Jahr wurde hier durch das "Regionale Natura 2000-Kartierteam Oberfranken" des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Bamberg speziell Bäume aufgesucht, die Brut- oder Lebensräume besonders angepasster Tier- und Pflanzenarten sind.
Die Kartierer Andreas Schmitt, Gerald Ziegmann und Stefan Hanke übergaben jetzt die Zusammenfassung der aufbereiteten Daten dem Forstbetrieb Rothenkirchen der Bayerischen Staatsforsten.
Forstbetriebsleiter Peter Hagemann und der zuständige Revierleiter Max Heindl zeigten sich beeindruckt von den wissenschaftlichen Ergebnissen der Studie.
Insgesamt 22 "Großhöhlenbäume" wurden auf 125 Hektar im "Mäusbeutel" gefunden. Alle gehen zunächst auf den Schwarzspecht zurück, werden dann aber später auch von Hohltaube, Rauhfußkauz und verschiedenen Fledermausarten genutzt. Forstoberinspektor Andreas Schmitt: "Für diese Arten, die selber keine Höhlen zimmern können, ist die Arbeit des Schwarzspechts lebensnotwendig. Wir haben hier typische Schwerpunkte gefunden, an denen mehrere Höhlenbäume nah zusammen stehen. Das ist besonders wichtig für die Hohltaube, die ihre zweite Brut im Sommer immer in Sichtweite zur ersten anlegt."
Auch 18 "Kleinhöhlenbäume" haben Schmitt und seine Kollegen kartiert. Die seien noch deutlich schwerer zu erkennen, aber genauso wertvoll. Denn auch hier gebe es nach der Anlage durch die kleineren Buntspechtarten ebenfalls Nachmieter, in diesem Fall Meisen, Kleiber oder sogar die kleinste einheimische Eule, den heimlichen Sperlingskauz.
Eine weitere Kategorie sind die "Spaltenquartiere", die durch abgebrochene Äste oder abgeplatzte Rinde entstehen und Brut- und hier Aufzuchtstätte für die seltene Mopsfledermaus oder den Baumläufer sind.
Die häufigste Biotopbaumgruppe bilden Buchen und Bergahornemit Faulstellen oder Pilzkonsolen. "Diese Stämme laden viele seltene Arten geradezu ein, sich hier im weicheren Faulholz oder unter der Rinde ihre Wohnung zu beziehen", sagt Andreas Schmitt.
Von besonderer Bedeutung seien mit Holzmehl gefüllte, sogenannte "Mulmhöhlen", auf die bestimmte Käfer wie der Eremit oder der Rosenkäfer als Kinderstube angewiesen seien. "Wenn die Höhle höher am Stamm ist, muss zur näheren Untersuchung unser Stefan Hanke ran. Dem ist als ausgebildeter Baumkletterer und Zapfenpflücker kein Baum zu hoch."
Alle im Gebiet gefundenen Biotopbäume werden vermessen, markiert und mit GPS-Daten in Karten vermerkt. Dass sie erhalten bleiben, sei aber auch ohne diese Nachweise sichergestellt, so Forstbetriebsleiter Hagemann. "Unser erklärtes Ziel sind zehn Biotopbäume je Hektar, die dauerhaft geschützt werden, und zwar überall im Staatswald. Das ist etwa das Vierfache der hier im wertvollen Naturschutzgebiet gefundenen Anzahl. Und das macht uns schon ein bisschen stolz."