Der Tag nach dem Wahl-Beben aus Sicht von lokalen Politikern
Autor: Lisa Kieslinger
LKR Kronach, Montag, 14. März 2016
Wir haben mit lokalen Vertretern der Parteien über die Ergebnisse gesprochen.
Es war mehr als nur eine Erschütterung, die die Parteienlandschaft am Sonntag durchfuhr: Auf 12,6 Prozent schoss der blaue Balken der Alternative für Deutschland (AfD) bei der Landtagswahl in Rheinland-Pfalz in die Höhe. Noch größeren Grund zur Freude gab es für die gerade einmal drei Jahre alte Partei in Baden-Württemberg (15,1) und Sachsen-Anhalt. Die im Osten der Republik eingefahrenen 24,2 Prozent waren das beste Resultat, das eine bundesdeutsche Partei je aus dem Stand heraus einfuhr - und sorgten für ein politisches Beben, dessen Wellen bis nach Franken reichen.
Wir haben lokale Vertreter der verschiedenen Parteien um eine Einschätzung der drei Wahlergebnisse gebeten.
AfD dürfe nicht zu wichtig werden
"Es ist ein Desaster. Mich erstaunt, mit welch abenteuerlichen Theorien man das schön reden will", sagt Landtagsabgeordneter Jürgen Baumgärtner (CSU). Auf die Wahlergebnisse der AfD angesprochen, meint er: "Es schlagen zwei Herzen in meiner Brust.Ich finde es erschreckend, dass eine Partei, die nur Probleme, aber keine Lösungen nennt, solche Ziele erreichen kann. Auf der anderen Seite haben wir jetzt eine Chance, in der parlamentarischen Auseinandersetzung die AfD zu stellen." Rückzieher würden im Parlament nicht funktionieren.
In der Bundestagswahl nächstes Jahr spielt die AfD laut Baumgärtner wahrscheinlich immer noch eine Rolle. "Unsere Aufgabe ist es, darauf zu achten, dass die AfD nicht zu wichtig wird." Perspektivisch gesehen werde sich die AfD jedoch irgendwann erledigen.
"In Rheinland-Pfalz haben wir einen überzeugenden Erfolg. In den beiden anderen Bundesländern können wir absolut nicht zufrieden sein", sagt Ralf Pohl, Kreisvorsitzender der SPD. Schwierig würden die Koalitionsbildungen. "Es ist wichtig, dass die demokratischen Parteien eine stabile Allianz bilden." Die Ergebnisse der AfD seien nicht überraschend gekommen und hätten sich bereits in den Umfragen angedeutet. Wie sich die AfD bis zur Bundestagswahl weiter entwickeln wird, hänge davon ab, ob Lösungen für die Flüchtlingspolitik gefunden werden, die von einer Mehrheit mitgetragen werden. "Dann verliert die AfD an Unterstützern", ist sich Pohl sicher.
Der Bundestagsabgeordnete Hans Michelbach (CSU) weiß nicht, worüber er sich mehr ärgern soll: über die Wahlergebnisse der CDU oder über die Rede nach der Wahl. Für ihn hat die Flüchtlingspolitik und die Wirtschaftspolitik der Bundesregierung zu diesem Ergebnis geführt. "Es wird Jahre dauern, bis die tektonische Verschiebung der Parteienlandschaft korrigiert werden kann", meint Michelbach. Für ihn ist es wichtig, dass der Aufstieg der AfD durch konkrete Handlungen und Erfolge bekämpft wird.
Der stellvertretende Vorsitzende der AfD Coburg-Kronach, Martin Böhm, ist zufrieden mit dem gestrigen Wahltag. "Neben dem guten Ergebnis, freuen wir uns natürlich, dass es zu einer solch hohen Wahlbeteiligung gekommen ist." Das bisherige Desinteresse führt er darauf zurück, dass es bisher keine Alternativen gab. "Wir gehen aktuelle Themen von einer anderen Seite als die große Koalition an." Nun sei es wichtig, dass die Ärmel hochgekrempelt bleiben und weiter gearbeitet wird.
"AfD nur wegen Flüchtlingspolitik gefragt"
Für zwei Bundesländer tut sich Edith Memmel, Kreisvorsitzende Bündnis 90/Der Grünen, mit ihrer Einschätzung leicht. In Baden-Württemberg sieht sie ein sehr starkes Ergebnis durch Winfried Kretschmann. Das Wahl-Ergebnis in Sachsen-Anhalt habe sie auch nicht überrascht. Nicht klar ist ihr allerdings, wie es in Rheinland-Pfalz dazu kommen konnte, dass die Grünen ganze zehn Prozent verlieren. Die AfD sei nur wegen ihres Hauptthemas, der Flüchtlingspolitik, gefragt. "Ich würde sagen, 90 Prozent der Leute wissen nicht, was die Partie außerdem will. Sonst würden sie nicht so viele wählen."Die AfD dürfe nicht nur auf die Flüchtlingsschiene reduziert werden. "Wir müssen die AfD am Programm packen und nach Lösungsvorschlägen fragen."