Der Nahverkehr soll attraktiver werden
Autor: Friedwald Schedel
Kronach, Montag, 20. Juli 2015
Mit einer Fülle von zusätzlichen Fahrten und neuen Haltestellen will man die Bürger im Kreis Kronach mobiler machen. Das Stichwort lautet Bedarfsverkehr. Der wird per kostenloser Telefon-Hotline, Internet oder Handy-App angefordert. Das Konzept wurde den Kreisräten am Montag vorgestellt.
Der öffentliche Personennahverkehr ist zurzeit wenig attraktiv. Die Zahl an Fahrgästen sinkt, die der Fahrten in der Folge natürlich auch. Aus diesem Teufelskreis will man mit einem neuen Mobilitätskonzept ausbrechen, das Michaela Morhard und Thomas Huber am Montag vor dem neuen Ausschuss für Kreisentwicklung und Verkehr vorstellten.
Jede Woche sollen 721 zusätzliche Fahrten angeboten werden, 111 neue Haltestellen, viele davon Bedarfshaltestellen in der Nähe von Ärzten und Supermärkten, kommen hinzu. Die Nutzer sollen sich eine gewisse Zeit vor Antritt der Fahrt über eine kostenlose Hotline, das Internet oder eine App anmelden. Dann kommt der Bus auch an ihre Wunschhaltestelle.
Man muss auch über den Tarif reden
Um mehr Fahrgäste anzusprechen, müsse man auch über den Tarif reden, über Tarifgemeinschaften mit benachbarten Landkreisen oder sogar dem Großraum Nürnberg, stellte Willi Fehn heraus. Die touristischen Ziele müssten mit eingebunden werden.
Michaela Morhard ging auf die erfolgreiche Fragebogenaktion ein, mit deren Hilfe man die Wünsche der Bürger ermittelt habe. Den Rücklauf von über 9000 Fragebögen bezeichnete sie als sehr gut. Daraus schloss sie, dass die Bürger ein großes Interesse am Nahverkehr hätten.
Die Attraktivität steigt
Mit dem Bedarfsverkehr verbessere sich die regionale Daseinsvorsorge und die Attraktivität im ländlichen Raum steige. Jeder solle die Chance haben, auch ohne Auto am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Es bestünden kaum Verbindungen zwischen den Gemeinden. Das solle sich ändern, kündigte Morhard an.
Thomas Huber ging auf die Umsetzungsvorbereitungen ein, die sich aus den komplexen Berechnungen ergeben hätten. Er schlug zwölf Korridore bzw. Sektoren vor, in denen der Bedarfsverkehr eingerichtet werden könnte. Dabei müsse man auch die Verbindungen zu den Nachbarlandkreisen und nach Thüringen im Auge haben.
"Mit dem Bedarfsverkehr fährt man dann, wenn Bedarf besteht. Das heißt, er muss angefordert werden: per Telefon, Internet oder App", verdeutlichte Huber. Mit dem von ihm vorgestellten Konzept würden 46 Prozent der Landkreisbürger sehr gut erschlossen, insgesamt 82 Prozent gut. Nur sieben Prozent hätten eine schlechte Anbindung. Bei seinen Vorschlägen brachte er seine Erfahrungen von einem ähnlich gelagerten Projekt in Tirschenreuth ein. Dort funktioniere das und "die Fahrten finden in der Zeit statt, wie wir es prognostiziert hatten".
Für den Kreis Kronach rechnete er mit einem jährlichen Defizit zwischen 270 000 und 350 000 Euro, wahrscheinlich nicht über 400 000 Euro. Dazu gebe es einen 70-prozentigen Zuschuss der Regierung von Oberfranken.
Die zwölf Korridore zur Verkehrserschließung
Strecke Fahrten Haltestellen (davon
pro Woche zusätzl.)
1. Ludwigsstadt-Tettau 63 39 17
2. Teuschnitz-Tettau 64 49 12
3. Teuschnitz-Wilhelmsthal 58 45 19
4. Pressig-Stockheim/KC 64 54 24
5. Mitwitz-Kronach 60 40 11
6. Schneckenlohe-Küps/KC 60 53 17
7. Weißenbrunn-Küps/KC 56 52 6
8. Marktrodach-Kronach 62 56 11
9. Wallenfels-Kronach 60 44 7
10. Steinwiesen-Kronach 58 50 9
11. Nordhalben-Kronach 51 36 6
12. Tschirn-Ludwigsstadt 65 23 2
Der Breitbandausbau kommt voran
Acht Kommunen des Kreises Kronach haben einen Förderantrag zum Breitbandausbau gestellt. Gut drei Millionen Euro an Fördermitteln sind gebunden, weitere gut drei Millionen verplant. Mehr als fünf Millionen Euro des für den Landkreis vorgesehenen Fördervolumens stehen für weitere Ausbaumaßnahmen, besonders für den Anschluss von Gewerbegebieten, zur Verfügung.
Nicht überall, wo es im Rahmen des Fördervolumens möglich gewesen wäre, wird mit Breitband ausgebaut. Darüber informierte Wolfgang Puff die Mitglieder des Ausschusses für Kreisentwicklung und Verkehr.
Da kann man loslegen
Die Kommunen im Kreis Kronach seien unterschiedlich weit im Verfahren vorangekommen, berichtete Puff. In Steinwiesen, Wilhelmsthal und Schneckenlohe könne man bereits loslegen. In Marktrodach, Wallenfels und Ludwigsstadt sei man schon sehr weit. Weißenbrunn und Tschirn seien aus dem Verfahren ausgestiegen, weil ein Anbieter den Komplettausbau mit Breitband angekündigt habe. In Kronach engagiere sich die Telekom, um an Kabel Deutschland verlorene Kunden wieder zurückzugewinnen. Überhaupt sei zu beobachten, dass die Telekom im Lauf des Jahres 2015 eine andere Strategie fahre und den Endausbau vorantreibe. Der Stockheimer Bürgermeister Rainer Detsch (FW) bestätigte dies: "Weil die Telekom bei uns ausbaut, können wir einen zusätzlichen Ausbau vornehmen und sparen auch noch Geld."
Weitere Fördermittel
Wolfgang Puff unterstrich, dass es beim Förderprogramm darum gehe, für die Gemeinden mit möglichst wenig Geldmitteln möglichst viel zu erreichen. Bis 2019 hätten die Gemeinden Zeit, mit zusätzlichen Ausbauten weitere Fördermittel abzurufen. Für die jetzt vorgesehenen Projekte gebe es nicht mehr Gelder als bisher in Aussicht gestellt. Die noch nicht verplanten Mittel könnten also nicht für bereits beantragte Breitband-Ausbauten verwendet werden.
Gute und schlechte Erfahrungen
Puff war zuversichtlich: "Der Ausbau geht voran. Im oberfränkischen Vergleich liegen wir gut im Rennen. Einige Gemeinden brauchen das Förderprogramm gar nicht."
Die Erfahrungen der Bürgermeister mit dem Planungsbüro IK-T waren unterschiedlich. Während sich Hans Pietz (FW) und Jens Korn (CSU) über mangelnde Kommunikation beklagten, hatten Rainer Detsch (FW) und Norbert Gräbner (SPD) nur positive Erfahrungen mit IK-T gemacht.
Die schönsten Ziele
Die schönsten Ziele des Landkreises Kronach sollen mit Image-Filmchen, produziert vom Fernsehsender TV Oberfranken, vorgestellt werden. Diese Filme werden nicht nur vom regionalen Fernsehsender ausgestrahlt, sondern können auch von den Kommunen auf Internetseiten oder Bildschirmen in öffentlichen Gebäuden gezeigt und verwendet werden.
Damit wolle man vor allem Tagesgäste zu den touristischen Zielen locken, verdeutlichte Landrat Oswald Marr (SPD) die Absicht. Er meint, zwölf bis 15 Folgen könnten gedreht werden. Die Kosten dafür belaufen sich auf 15 000 bis 20 000 Euro plus Mehrwertsteuer. So könnte man das Wasserschloss Mitwitz, die Burg Lauenstein, das Tropenhaus Kleintettau, die Festung Rosenberg, die Flößerei, die Arnikastadt Teuschnitz, den Bergbau Stockheim etc. ins rechte Licht rücken. Schließlich gibt es in jeder Kommune etwas Erzählenswertes. Ob die Filmchen wirklich gedreht werden, darüber muss der Kreisausschuss entscheiden. Eventuell wird das Projekt in den nächsten Haushalt eingestellt.
In diesem Zusammenhang mahnte der Tettauer Bürgermeister Peter Ebertsch, lokal statt überregional zu denken: "Viele kennen Mallorca besser als den Landkreis!" Vorerst solle man die Wallenfelser ins Tropenhaus locken und die Tettauer für die Flößerei begeistern.
Neue Wohnformen
Landrat Marr informierte, dass der Landkreis Kronach zu den insgesamt 13 Förderregionen "Land(auf)Schwung" in Deutschland gehöre und präsentierte den Flyer des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft. Dabei geht es um ein aktivierendes Leerstandsmanagement und die Entwicklung neuer Wohnformen zur Verbesserung der regionalen Lebensqualität.