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Der Job als Hausverwalter im Asylbewerberheim Kronach


Autor: Hendrik Steffens

Kronach, Sonntag, 04. Januar 2015

Der Strom der Asylsuchenden reißt nicht ab. Aktuell leben 170 im Kreis Kronach, 40 davon in der Gemeinschaftsunterkunft nahe des Schützenhauses. Hausverwalter Harry Dittrich wahrt die Ordnung. Und hofft dabei auf Mithilfe.
Harry Dittrich (59) ist Hausverwalter der Gemeinschaftsunterkunft in Kronach, die im Hintergrund zu sehen ist. Bei seiner Arbeit profitiert er vom Engagement Erhenamtlicher. Manchmal leidet er aber auch darunter.  Foto: Hendrik Steffens


An einem schmalen Schreibtisch in einem sonst fast leeren Büro sitzt Harry Dittrich (59). Auf dem Tisch liegen Stift und Formulare, darüber hängt ein großes Schlüsselbrett wie in einem Hotel. Alle paar Minuten klirrt sekundenlang die Klingel. "Er will ein zusätzliches Zimmer, weil seine Frau ein Kind bekommt", weiß Dittrich, ohne nachzuschauen. Den Wunsch des Mannes kann er nicht erfüllen.

Dittrich ist Hausverwalter für Gemeinschaftsunterkünfte in Kulmbach und Kronach und für 75 Asylbewerber zuständig. 40 davon - aus Äthiopien, Aserbaidschan und Armenien - leben in der Kronacher Unterkunft. Dittrich spricht schnell, gestikuliert schnell. Er hat in diesen Tagen viel zu tun: Muss den Überblick behalten, Ordnung und Frieden im Haus wahren. Er ist "unser erster Integrationsbeauftragter für Neuankömmlinge", sagt Oliver Hempfling, Sprecher der Regierung Oberfranken, der ebenfalls gekommen ist.

Dittrich weist aus seinem Bürofenster auf den Hinterhof der Anlage. Er modelliert mit den Händen mehrere Hügel. "Sie können sich nicht vorstellen, wie es da manchmal aussieht", sagt er.

Fernseher, Bügeleisen, Staubsauger. Allerlei ausgediente Geräte bringen Bürger in unregelmäßigen Abständen vorbei. Wohl mit bester Absicht. "Es ist gut gemeint, was die Leute machen. Aber es verfehlt teilweise den Zweck", sagt Dittrich und zuckt mit den Schultern. Da werden kartonweise Kleider und Gebrauchsgegenstände abgeladen und stehen gelassen. Die Hausbewohner nehmen, was sie brauchen können. Und, logisch: Was nicht gebraucht wird, bleibt liegen.

Der Hausverwalter muss sich darum kümmern, dass alles Zurückgelassene in Kleidercontainern, bei der Müllentsorgung oder auf dem Schrottplatz landet. "Es ist teilweise schade um die Sachen. Aber was soll ich machen?" Wenn große Möbel gebracht werden, wird es für den Hausverwalter besonders anstrengend.
Das Problem ist: Die Lieferungen richten sich nicht nach dem Bedarf. Jedes der Unterkunfts-Zimmer ist mit einer Grundeinrichtung ausgestattet: Im Wesentlichen Bett, Regal, Herd.

Wenn sich nach einer Lieferung Möbel doppeln, "dann landen die schlechteren Sachen einfach draußen im Hof", sagt Dittrich. Man sei dankbar für die Hilfe aus der Bevölkerung, betont Hempfling. "Aber sie muss gesteuert sein." Wie kann diese Steuerung aussehen? Zum einen, sind Dittrich und Hempfling einig, müssten Absprachen getroffen werden zwischen dem Hausverwalter und Spendern. Ein zweites Modell könne sein, geringe Beträge für Güter zu verlangen. "Nur kleine, symbolische Preise. Das würde die Wertschätzung erhöhen und dafür sorgen, dass jeder nur das nimmt, was er braucht."


Hilfen besser organisieren

In Neuenmarkt im Kreis Kulmbach gibt es bereits eine Kleiderkammer mit Warenlager für Gegenstände, die Bürger für Flüchtlinge abgeben. Aufgezogen wurde das Objekt in einer Kooperation von Bürgern und Kirche. An das Lager können sich Flüchtlinge wenden, um für kleine Cent- oder Eurobeträge ihren Lebensraum aufzubessern. "Vielleicht kann man auch im Kreis Kronach so etwas organisieren. Damit Dinge nicht mehr einfach an der Gemeinschaftsunterkunft abgeladen werden", hofft Hempfling. Dafür braucht es ehrenamtliche Initiative.


Es fehlt an Ressourcen

Die Klingel klirrt wieder. Und wieder ist es der Mann, dem Harry Dittrich nicht helfen kann. "Der Strom der Flüchtlinge reißt nicht ab. Wir brauchen jeden verfügbaren Raum", sagt Hempfling. Jedem Flüchtling stehen sieben Quadratmeter Wohnraum zu. Die bekommt er. Für mehr fehlen die Ressourcen.

Ressourcenknappheit ist ein generelles Problem der betreuenden Stellen. Räume sind knapp, Personal auch. Auf einen Asyl-Sozialberater (stellt in Kronach die Diakonie) etwa kommen 150 Asylbewerber. Für die Unterbringung von Flüchtlingen sind die Bezirksregierungen zuständig. Für Integrationsarbeit nicht.

In Kulmbach gibt es zu diesem Zweck einen Runden Tisch aus Dolmetscher, Ehrenamtlichen, Offiziellen und Asylbewerbern, der monatlich zusammenkommt. Da werden Probleme besprochen: bei Behördengängen, Bildungsfragen oder scheinbaren Banalitäten wie der Mülltrennung. Manchmal ärgert sich Harry Dittrich darüber, dass Bewohner mit Ressourcen wie Wasser oder Energie nicht gut haushalten. "Aber das müssen viele Flüchtlinge erst lernen oder wieder lernen", sagt Oliver Hempfling. Vieles, was für uns selbstverständlich scheint, müssten Flüchtlinge, die teilweise Monate lang auf ihrer Flucht in Lagern oder auf der Straße gelebt haben, erst verstehen.

Ehrenamtliche leisten in Kronach schon wertvolle Beiträge zur Integration Asylsuchender in die Gesellschaft. An der Organisation hapert es noch, glaubt Dittrich: "Ich weiß teilweise gar nicht, wer da was tut. Es wäre gut, wenn sie sich bei mir vorstellen würden." Dittrich wünscht sich, dass er oder die Diakonie über Hilfen in Kenntnis gesetzt und als Koordinatoren angesehen werden. Dann könne man Hilfe in effizientere Bahnen lenken.