Der Autodidakt als Meister
Autor: Michael Wunder
Kronach, Montag, 13. Januar 2020
Der Kunstverein Kronach zeigt Fotos von Daniel Biskup. Seine Kunstwerke der Dokumentarfotografie sind bis 16. Februar zu bestaunen.
Die Ausstellung mit den Fotografien von Daniel Biskup bildet den Auftakt für ein spannendes Ausstellungsjahr beim Kronacher Kunstverein (KKV). Sabine Raithel konnte bei der Vernissage viele Kunstfreunde in der Galerie begrüßen. Sie sprach dabei von einer Welt, die in einen Meer von Bildern lebt. Rund 1,5 Billionen digitale Fotos werden demnach jährlich geschossen, Tendenz steigend. Dabei werden 85 Prozent aller Fotos heute mit dem Handy gemacht, jeder Smartphonbesitzer wird zum Fotografen. Und ein Bild zu verbreiten geht inzwischen fast so schnell, wie auf den Auslöser zu drücken.
Wann ist Fotografie Kunst?
Raithel sprach von einem unglaublichen Wandel in der Fotografie. Angefangen als höchst exklusives Medium Anfang des 20. Jahrhunderts ist sie spätestens mit der Erfindung des Smartphones zu einem Werkzeug für jedermann geworden. Trotz aller Änderungen in der digitalen Welt, wo Exklusivbilder die Ausnahme darstellen, sei die Frage, wann Fotografie Kunst ist und wann nur ein Schnappschuss, heute so aktuell wie vor 100 Jahren.
Jeder hat sie im Kopf, diese Bilder, die einen tief im Innersten berühren. Sie haben sich in unser kollektives Gedächtnis eingebrannt. Die New Yorker Bauarbeiter, die im Jahr 1932 auf einem Balken hoch oben über der Stadt Mittag essen; der erste Mann auf dem Mond; Albert Einstein, der uns die Zunge zeigt; John Lennon und Yoko One beim Bed-In in Amsterdam 1969.
Der Präsident als Motiv
Gute Fotos zeigen mehr als einen gefrorenen Moment. Sie fangen Hintergründe ein, lassen Geschichten erahnen, regen die Fantasie an. Neudeutsch heißt das Storytelling. Es sind Fotos wie jenes, das der Fotograf Daniel Biskup 2017 vom frisch ins Amt gewählten amerikanischen Präsidenten gemacht hat. Da sitzt Donald Trump recht unprätentiös auf der Kante seines roten Chefsessels.
Vieles ist typisch: die Frisur, die rote Krawatte. Aber anderes überrascht und lässt so manchen Rückschluss zu, wie die doch unsichere Haltung der Hände oder der völlig unorganisierte Schreibtisch, der von einem in Gold gefassten Foto von Trumps Vater dominiert wird. Unter dem Schreibtisch: ein voller Karton mit Papiermüll. An der Wand hängen gerahmte Titelfotos des Präsidenten aus den Magazinen "GQ" und "Fortune" und smarte Jugendfotos. Das Bild ist weit mehr, als die Abbildung des mächtigsten Politikers der Welt. Es ist ein Psychogramm.
Daniel Biskup: "Trump war sehr freundlich und völlig unkompliziert. Wie übrigens die meisten großen Männer und Frauen. Es sind alles nur Menschen."
Durchbruch kam mit der Wende
Biskup ist Autodidakt und ewig Umherreisender. Die Momente, in denen er ohne Kamera aus dem Haus geht, so sagt er, seien selten. Er sei immer auf der Jagd nach dem nächsten Bild, dem nächsten faszinierenden Ereignis, das er festhalten möchte. Als sich 1989 die politische Situation in Deutschland zuspitzt, reist er nach Berlin. Die Hauptstadt und das Klima der Revolution ziehen ihn magisch an. Er weiß, hier wird Zeitgeschichte geschrieben. Er kann nicht anders, will dabei sein. Die Mauer fällt.