Dem Geheimcode des Lebens auf der Spur
Autor: Heike Schülein
Kronach, Mittwoch, 04. Juni 2014
An der Siegmund-Loewe-Realschule in Kronach fanden zwei werteorientierte sexualpädagogische Workshops für die fünften Jahrgangsstufen statt. Die Jungen und Mädchen erlebten dabei auf spielerische Weise die Vorgänge in ihrem Körper.
Lachend sitzen Sofia, Lara, Constanze, Katrin und Katharina vor einem seltsam anmutenden Gebilde. Ein lila Tuch ist drapiert in Form einer Gebärmutter, schöne Perlen stehen für die 400 000 Eizellen. Zudem finden sich noch jede Menge kleiner roter Herzchen. Die fünf Schülerinnen betrachten gerade fischähnliche Wesen in Hellblau und Rosa mit jeweils einem langen Faden in der gleichen Farbe. Das sind "Agenten, die das Überleben der Menschheit" sichern sollen, wissen sie.
Der Workshop, an dem sie und die anderen Fünftklässlerinnen teilnehmen, zieht sich über sechs Schulstunden hinweg - ganz schön lang, doch nicht aus Sicht der Schülerinnen. "Das macht voll Spaß und ist echt lustig. Außerdem lernt man viel dabei", sind sie sich einig.
Kompliziertes einfach vermitteln
Wobei man so viel lernt, ist das Präventions-Projekt MFM.
Mit liebevollen Begriffen, Bildern und kleinen Geschichten werden dabei auch komplizierte Vorgänge veranschaulicht. "Wie Mädchen und Jungen ihren Körper erleben, hat großen Einfluss auf ihr Selbstbild und Lebensgefühl.
Die Wertschätzung des eigenen Körpers ist Voraussetzung für einen verantwortungsvollen Umgang mit Gesundheit und Sexualität", erklären die beiden zertifizierten MFM-Leiter Marianne Wahler-Seitz und Josua Baumgärtler.
Die fünften Jahrgangsstufen unternahmen dabei - getrennt nach Geschlechtern - einen Vormittag lang eine imaginäre Reise in ihren Körper. Der Workshop für Mädchen stand unter dem Motto "Die Zyklus-Show - Dem Geheimcode meines Körpers auf der Spur".
Die Mädchen schlüpften dabei in die Rolle weiblicher Hormone. Im ersten Teil erfuhren sie, wie die Gleichung des Lebens (Samenzelle + Eizelle = Baby) Wirklichkeit wird und ein neuer Mensch entsteht. Im zweiten Teil ging es um ihren eigenen Körper und die Veränderungen in der Pubertät.
Im Klassenzimmer nebenan wurde der Kurs als Agentenshow aufgezogen. Die Jungen begaben sich dabei in einem Stationenspiel als Spezialagenten in die Rolle der Samenzelle auf eine Reise durch den männlichen und weiblichen Körper.
Laut Marianne Wahler-Seitz beginnen viele sexualpädagogischen Projekte erst in einem Alter, in dem Mädchen bereits ihre erste Regelblutung erlebt haben. Dann gerate das Thema Verhütung in den Vordergrund - es gehe vorwiegend um den Schutz vor dem "bedrohlichen" Phänomen ihrer Fruchtbarkeit.
Vernachlässigt werde dabei die Tatsache, dass man nur schützen könne, was man auch zu schätzen gelernt habe. Deshalb richte sich die Zyklus-Show an Mädchen vor der Pubertät und bereite sie in positiver Weise auf diese Zeit vor. Es sei eine ideale Ergänzung zum Aufklärungsunterricht in der Schule, der sich lediglich auf die biologischen Fakten beschränke.
Dem Workshop voraus ging ein Elternabend für die Eltern der Realschüler und des Frankenwald-Gymnasiums, wo der Workshop ebenso abgehalten wird.
"Die Eltern waren erst skeptisch. Die Angespanntheit war deutlich zu spüren - aber auch, wie sie nach und nach einer Entspannung wich", so Religionslehrer Martin Forsch, der mit seinem Kollegen Alfred Zwosta das Projekt initiiert hatte.
Das MFM-Projekt wurde 1999 in der Erzdiözese München-Freising in Kooperation mit der Bayerischen Aids-Stiftung entwickelt. Es richtete sich zunächst an Mädchen und deren Eltern. Durch den Erfolg wurde der Ruf nach einem Projekt für Jungen lauter.
Mit der österreichischen Gesellschaft für Sexualpädagogik & Jugendbildung wurde der Workshop "Agenten auf dem Weg" entwickelt, der seit 2003 als Zwillingsprojekt unter dem MFM-Logo "Männer für Männer" angeboten wird.