Druckartikel: Das Gift an den Straßenrändern im Kreis Kronach

Das Gift an den Straßenrändern im Kreis Kronach


Autor: Friedwald Schedel

Kronach, Donnerstag, 23. Juli 2015

Das Jakobskreuzkraut breitet sich immer mehr aus. Wenn Pferde und Rinder die Pflanze fressen, sammeln sich in der Leber der Tiere giftige Stoffe an. Das kann bis zum Tod der Vierbeiner führen. Michaela Sterzer warnt vor der Gefahr. Wir sprachen mit Landwirten und Ämtern und zeigen Fotos.
Marianne Sterzer und André Hofmann inmitten von Jakobskreuzkraut an der Staatsstraße zwischen Mitwitz und Leutendorf.  Fotos: Friedwald Schedel


"Wenn ich das gelbe Zeug am Straßenrand sehe, dann sehe ich rot", sagt Michaela Sterzer. Die Besamungstechnikerin kommt viel auf Bauernhöfen im Kreis Kronach herum und sieht allerorten Jakobskreuzkraut. Das verbreitet sich in den vergangenen Jahren stark, weil es eine so genannte invasive Pflanze ist.

Das Gefährliche an der Invasion des Jakobskreuzkrauts ist das Gift, das in der Pflanze schlummert: Diese Pflanzenart wird von Landwirten und Pferdehaltern nicht gerne gesehen, da alle Grün- und Blütenteile auf Grund der enthaltenen leberschädigenden Pyrrolizidinalkaloide giftig sind - und dies auch bei Hautkontakt. Der Gehalt ist in den Blüten bis zu doppelt so hoch wie im Kraut.


Viele gelbe Blüten

Bei einem Ortstermin an der Staatsstraße zwischen Mitwitz und Leutendorf zeigte Michaela Sterzer zwei Landwirten die unendlich vielen gelben Blüten der Giftpflanze an den Straßenrändern und auf extensiv bewirtschafteten Flächen: André Hofmann vom Ring junger Landwirte, der einen Hof in Burgstall bewirtschaftet, und Heinrich Bauersachs aus Hof an der Steinach. Die waren sichtlich beeindruckt und vor allem besorgt um ihre Tiere. Michaela Sterzer ist dies auch, denn sie hat Angst um die Pferde in ihrer Koppel. Seit 30 Jahren züchtet sie Pferde und gerade die sind durch das Gift des Jakobskreuzkrauts besonders gefährdet. "Das Gift ist wie eine Zeitbombe, weil es in der Leber eingelagert wird", weiß Michaela Sterzer.

Sie hat erst kürzlich bei einem Landwirt in Ebersdorf bei Ludwigsstadt auf dem Bauernhof Unmengen an blühendem Jakobskreuzkraut entdeckt und den Chef darüber informiert. In einer Gemeinschaftsaktion hat die gesamte Familie die giftige Pflanze beseitigt. Eingetragen auf die Hoffläche wurde das Jakobskreuzkraut wahrscheinlich über eine Stilllegungsfläche ganz in der Nähe. Marianne Sterzer hat beobachtet, dass sich die Giftpflanze besonders auf solchen Flächen sowie rund um Kompostplätze verbreitet. Die Samen sind fast nicht auszurotten. Selbst Gülle kann ihnen kaum etwas anhaben.


Eine tickende Zeitbombe

"Das Zeug ist eine tickende Zeitbombe", ist sich Michaela Sterzer sicher. Sie habe noch nie eine Schnecke oder einen anderen Schädling auf dem Jakobskreuzkraut gesehen, seit sie sich intensiver mit der Giftpflanze beschäftige.

André Hofmann hat seine Berufskollegen vom Ring junger Landwirte über die Gefährlichkeit des Jakobskreuzkrauts unterrichtet. Wenn die Kühe auf der Weide grasen, seien sie nicht gefährdet, weil sie die bittere Pflanze meiden und weil diese nicht zerkleinert ist wie im Heu oder der Silage. Verschlimmernd wirkt sich aus, dass die Bitterstoffe im Heu oder Silofutter nicht mehr zu schmecken sind. Hofmann will auf jeden Fall wachsam sein. "Wenn mir etwas auffällt, muss ich hinterher sein."


Besorgte Pferdehalter

Heinrich Bauersachs hat beobachtet, dass das Jakobskreuzkraut auf intensiv genutzten Flächen kaum eine Chance hat, aufzukommen. Bei extensiv genutzten Flächen wie Wegerändern, Flächen, die nicht so gepflegt werden oder Stilllegungsflächen sei dies anders.

Besonders besorgte Pferdehalter haben sich in jüngster Zeit bei Frank Stübinger, dem Pflanzenbauberater des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Kulmbach, wegen des Jakobskreuzkrauts gemeldet. Denn Pferde reagieren am empfindlichsten auf die Giftpflanze. Nicht auszudenken, wenn Pferde mit Heu von einer Wiese, auf dem das Jakobskreuzkraut gedeiht, gefüttert werden. "Bei den Reitställen geht es um sehr viel Geld", weiß Stübinger.


Gift lagert sich in der Leber ab

Das Gift lagert sich in der Leber des Tieres ein. Irgendwann zeigt es Krankheitssymptome und verendet. Weil die toten Tiere nicht untersucht werden, weiß man nicht sicher, ob das Jakobskreuzkraut schuld am Tod ist, denn "es könnte auch etwas Anderes dahinter stecken".

Auch Rinder werden relativ schnell durch das Jakobskreuzkraut vergiftet. Schafe und Ziegen scheinen relativ robust dagegen zu sein.

Frank Stübinger sagt, wenn sich die Giftpflanze noch nicht so stark ausgebreitet habe, könne man sie am ehesten bekämpfen. "Zweimal pro Jahr die Wegeränder zu mulchen, hilft, auf jeden Fall vor der Blüte", fordert der Pflanzenbauberater.


Zweimal mulchen pro Jahr

Dem Mulchen kommt man beim Staatlichen Bauamt inzwischen nach. Wo das Jakobskreuzkraut entdeckt wird, wird zweimal gemulcht, versicherte man uns.

Wo sich die Plage aber schon zu stark ausgebreitet hat, wie im Raum Nordhalben und Nurn, da sieht Frank Stübinger große Probleme. Er habe schon zu Versammlungen eingeladen und die Grundbesitzer vor der Gefahr gewarnt, sagt er. Schwierig sei es bei extensiv bewirtschafteten Flächen. Da gebe es eine Förderung für einmaliges Mulchen. Wenn der Landwirt ein zweites Mal mulche, tue er das aus eigener Kasse. Stübinger rät auch, sauber zu mulchen, "denn sonst treibt das Kraut sofort wieder aus".

Rechtlich habe das Amt keine Handhabe, gegen Eigentümer, auf deren Flächen das Kraut gedeiht, vorzugehen, berichtet er.