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Daniel und Sabine sind stolz auf neue Heimat


Autor: Heike Schülein

Kronach, Mittwoch, 28. Oktober 2015

Am Samstag geht es für das neue Wohnheim der Lebenshilfe Kronach offiziell los, auch mit einem "Tag der offenen Tür". Zwei Bewohner öffnen vorab ihre Zimmertüren.
Sabine Peter schaut gerne fern. Fotos: Heike Schülein


"Lebe jeden Augenblick, Lache jeden Tag, Liebe unendlich" - In einer kunstvoll verschnörkelten blauen Schrift prangt das mit Sternchen und Blüten verzierte Wandtattoo an den weißen Wänden. "Das hat mein Freund Siggi gemacht, der uns immer mit dem Bus zur Wefa fährt", verrät Daniel Altmann, als er mit strahlenden Augen sein Zimmer präsentiert.
Im neu entstandenen Wohnheim der Lebenshilfe Kronach am Inneren Ring hat jeder Bewohner sein eigenes geräumiges Zimmer, das er nach seinen eigenen Vorstellungen gestalten kann. Der 25-Jährige mag die Farbe Blau. Auf seinem Nachtisch steht ein blaues Lämpchen. Auch der dunkle Teppichvorleger und das farblich passende gemütliche Sofa bieten einen schönen Kontrast zu den hellen Wänden und den hellen Holzmöbeln. An den Wänden hängen Fotokalender mit Familienfotos und Schnappschüssen seiner Lieben.

"Das ist meine Schwester", sagt er und deutet auf ein Foto, das ihn lachend Arm in Arm mit seiner Schwester zeigt, "sie hat auch die Kalender gemacht." Der Höfleser ist fast ein "Mann der ersten Stunde", zog er doch im Juni 2015 als dritter Bewohner ein.
Bei den Bewohnern handelt es sich um Erwachsene, die in der Regel die Werkstatt für Menschen mit Behinderung besuchen. Wenn sie die Wefa beispielsweise aufgrund Krankheit oder später dann auch aus Altersgründen nicht besuchen können, werden sie im Rahmen der sogenannten tagesstrukturierenden Maßnahmen betreut. Die Bewohner leben in zwei Zwölfer Gruppen - jeweils im Erdgeschoss und im ersten Stock. Die Erdgeschoss-Räume haben einen direkten Zugang zum Garten, während die Obergeschoss-Wohngruppe über einen Balkon mit überdachtem Freisitz verfügt.
Alle Zimmer sind 14 Quadratmeter groß. Sie bestehen aus einem Vorraumbereich von drei Quadratmetern, einem Wohn- und Schlafbereich sowie einer eigenen - vier bis fünf Quadratmeter großen - Nasszelle. Die Grundausstattung - unter anderem ein Bett, ein Nachtkästchen, ein großer Schrank und ein Tisch mit Stuhl - ist gleich. In jedem Sanitärraum hängt ein kleines Regal, angefertigt im Haus Fischbachtal.
In jeder Wohngruppe sind drei Bewohnerzimmer rollstuhlgerecht ausgestattet. Eines davon gehört Daniel, der im Haus aber meist ohne Rollstuhl auskommt und diesen nur für weitere Strecken nutzt. Daniels Familie hat zum vorhandenen Mobiliar weitere Möbelstücke im passenden Holz gekauft, damit er noch mehr Platz hat. "Mein Zimmer passt so wie es ist", freut sich Daniel, der natürlich auch einen großen Fernseher hat. Der 25-Jährige schaut gerne fern - am liebsten Tiersendungen und Nachrichten, meistens abends vor dem Zubettgehen. "Ich gehe um 22 Uhr ins Bett. Schließlich muss ich ja um 6 Uhr auf", verrät er.


Verantwortung übernehmen

Der Tag beginnt mit dem gemeinsamen Frühstück. Um 7.30 Uhr werden die Bewohner zur Wefa gefahren, wo sie um 16 Uhr wieder abgeholt und zurückgebracht werden. Dort essen sie auch zu Mittag. Um 16 Uhr gibt es im Wohnheim Kaffee. Danach gehen sie mit den Mitarbeitern beispielsweise einkaufen oder es beginnen bereits die Vorbereitungen für das Abendessen um 18 Uhr, wobei sie mithelfen. So existiert für jede Wohngruppe - zentral gelegen zwischen den Bewohnerzimmern - ein eigener Wohn-/Essbereich mit Gruppenküche, Pflegebad, Hauswirtschaftsraum, Putzraum und ein Personaldienstzimmer mit Nasszelle. Die Bewohner sollen Verantwortung für sich selbst und andere übernehmen. Sie werden in den ganzen Alltag aktiv mit einbezogen. Es wird gemeinsam gekocht, aufgeräumt, die Wäsche gemacht und so weiter. Bevor sich Daniel in sein Zimmer zurückzieht, macht er gerne Gesellschaftsspiele mit anderen Bewohnern oder Betreuern. Auf dem anderen Gang ist das Zimmer von Sabine Peter. Die 52-jährige wohnte zuvor, ebenso wie Daniel, bei ihrer Familie, nur einen Katzensprung entfernt im Äußeren Ring. "Ich gehe zwei Mal die Woche dorthin, weil ich meine Fische füttere", verrät die Kronacherin. Ihr Zimmer im Wohnheim möchte sie aber nicht mehr missen. "Mein Zimmer ist schön. Mir gefällt es hier. Ich habe mich gut eingewöhnt", erzählt sie. Ganz wichtig ist ihr ihre eigene Nasszelle, die sie vorher nicht hatte. Auf ihrem Nachtschränkchen steht vor einer Kristallstein-Lampe ein schönes altes Schwarzweiß-Foto. Es zeigt ihre Eltern an ihrem Hochzeitstag. Voller Stolz verrät Sabine, dass sie schon vierfache Tante und auch sogar einmal Patin ist. Abends ist sie auch gerne mal für sich allein und macht es sich in ihrem Zimmer gemütlich. Sie schaut dann oft fern - am liebsten "charmed - Zauberhafte Hexen".


13 bis 17 Uhr

Beide freuen sich schon auf Samstag, wenn "viele Leute ins Wohnheim kommen". Nach dem Festakt am Morgen mit geladenen Gästen, ist am Nachmittag die Bevölkerung zu einem "Tag der offenen Tür" eingeladen. Dabei können sich alle Interessierten von 13 bis 17 Uhr ein Bild von den neuen Räumlichkeiten machen und einen Einblick in die geleistete Arbeit nehmen. Auch Daniel und Sabine werden dabei wieder gerne ihre Zimmer zeigen.



Rund um das neue Wohnheim der Lebenshilfe



Chronologie Für das Projekt hatte die Lebenshilfe Kronach das in unmittelbarer Nachbarschaft am Inneren Ring befindliche Evangelische Gemeindezentrum im Dezember 2011 gekauft. Der Um- und Erweiterungsbau begann mit dem ersten Spatenstich am 16. 5. 2013. Richtfest war am 7. 11. 2013. Am 4. 6. 2015 konnten die ersten Bewohner einziehen sowie weitere im Laufe des Monats, sodass Ende Juni 2015 die erste Zwölfer-Gruppe komplett war. Weitere sechs Bewohner kamen im September dazu. Aktuell sind noch sechs Plätze frei. Der Verein hofft, dass Anfang des nächsten Jahres das Haus mit 24 Personen voll belegt sein wird.

Kosten Die Kosten des Projekts liegen bei fast 3,2 Millionen Euro. Die zugesagten finanziellen Beteiligungen des Freistaates Bayern und des Bezirks Oberfranken betragen 70,80 Prozent der Gesamtkosten. An Eigenmitteln hat die Lebenshilfe rund 930 000 Euro aufzubringen. Um die finanzielle Belastung des Vereins so gering wie möglich zu halten, bleibt er auch in Zukunft auf Geldspenden für dieses Projekt angewiesen. Bei verschiedenen Aktionen, Veranstaltungen sowie durch anderweitige Spenden kamen bislang fast 165 500 Euro zusammen.