Druckartikel: Corona inspiriert die Künstler in Kronach

Corona inspiriert die Künstler in Kronach


Autor: Heike Schülein

Kronach, Donnerstag, 06. August 2020

In der Kronacher Synagoge werden aktuell Kunstwerke und Schülerarbeiten gezeigt, die sich mit der Covid-19-Pandemie und ihren Folgen beschäftigen.
Die Künstlerinnen Mirjam Gwosdek, Eva Maria Brunner und Andrea Partheymüller-Gerber (von links) vor den Baum- bzw. Blüten-Skulpturen von Eva Maria Brunner Heike Schülein


"Am Anfang war ich wie geplättet", räumt Andrea Partheymüller-Gerber angesichts der Corona-Pandemie, ihrer Auswirkungen und den drastischen Maßnahmen im Kampf gegen das Virus ein. Die Krise um Covid-19 habe die Zeit still stehen lassen - auch für die Kultur, durften doch Künstler ihre Arbeiten wegen der geschlossenen Präsentationsräume nicht zeigen. Dabei wären gerade jetzt - ihres Empfindens nach - die schöpferischen Kräfte so wichtig. Vor diesem Hintergrund entwickelte die Künstlerin und Kunstlehrerin am Frankenwald-Gymnasium (FWG) Kronach die Idee zu einer außerplanmäßigen Sonderschau in der Synagoge, die dem prekären Lebensgefühl seit Beginn der Krise nachspürt.

Gedanken zur Freiheit

Das Ergebnis trägt den Titel "Lockdown" und zeigt, wie durch schöpferische Kräfte Menschen verbunden und aufgebaut werden. "Ängste werden abgebaut und verwandelt, neue Inhalte und Erfahrungen möglich", zeigt sie sich angesichts der Exponate sicher, die sich auf höchst unterschiedliche Weise mit existenziellen Fragen und Erfahrungen wie Isolation und Bedrohung, aber auch Vertrauen und Hoffnung auseinandersetzen. Zu sehen sind dabei Werke professioneller Künstler bis hin zu Arbeiten von Schülern des Frankenwald-Gymnasiums, die beispielsweise Gedanken zur Freiheit und Wahrheit bildnerisch umgesetzt haben.

Dies geschah insbesondere vor dem Hintergrund, dass an der Schule viele angedachte Projekte corona-bedingt nicht stattfinden bzw. zu Ende gebracht werden konnten. Hierzu zählen unter anderem Illustrationen eines Kinderbuchs von Marion Nemmert, Illuminationen für "Kronach leuchtet", Lucas-Cranach-Signaturen für eine Schaufenster-Ausstellung des Vereins "1000 Jahre Kronach", Gemüse-Porträts für die Bewohner von Seniorenhäusern sowie die Gestaltung der Treppenanlage des FWG-Sonnenhofs in Mosaik-Form.

Dargestellt wurden diese "auf Eis" gelegten Vorhaben durch sechs große Stelen in den deutschen Nationalfarben Schwarz-Rot-Gold mit Dokumentationen, Bildern und Objekten der besagten Kunstprojekte "Man könnte sie auch als Totenpfähle bezeichnen, da wir ja diese Aktionen gewissermaßen begraben mussten", erklärt die Kunstlehrerin. Gleiches gelte auch für eine Führung der FWG-Abiturienten für die Bewohner des BRK-Seniorenhauses Kronach durch die zum Zeitpunkt des Shutdowns beim Kronacher Kunstverein (KKV) laufende Ausstelung "Prechtl's Earth" des Bayreuther Künstlers Wieland Prechtl. "An dem Tag, an dem die Führung stattfinden sollte, teilte mir die Heimleiterin mit, dass dies leider nicht mehr möglich sei", bedauert Partheymüller-Gerber, die dem KKV als Vorstandsmitglied angehört.

Um den interessierten Senioren dennoch einen Einblick in dessen Kunstwerke und Arbeitsweise zu geben, setzte man mit Hilfe von Rainer Steiger einen Informationsfilm um. Dieser kann auch auf Wunsch bei der Ausstellung angeschaut werden.

Dass Kultur wegen Corona nicht stattfinden kann, bedeute nicht, dass die Künstler während der Krise nicht produktiv seien. Im Gegenteil: "Viele Künstler setzen sich in ihren Werken mit Themen auseinander, die sie besonders beschäftigen - so aktuell eben mit der Corona-Krise", erläutert die Hauptorganisatorin und verweist dabei beispielsweise auf die atmosphärischen Bilder von Gudrun Schüler.

Leben als ständiger Strom

Die mehrfach ausgezeichnete Künstlerin, die in Bayreuth und Bindlach arbeitet, befasst sich in ihrer Serie "Panta rei" mit der Zeit: Alles fließt, nichts bleibt wie es ist, wir verändern uns und wir müssen uns ständig auf Veränderungen unseres Umfelds einstellen; das Leben als ständiger Strom!

Die Kulmbacher Künstlerin Angelika Gigarui appelliert mittels ihrer aufrüttelnden Zeichnungen, dass im Mittelpunkt des Virus der Mensch stehen müsse. Ein echter Hingucker sind die bunten - von der Empore bis auf den Boden reichenden - Flechtwerke von Edina Thern "Der Zopf ist ab", symbolhaft für das Abschneiden alter Zöpfe in Verbindung mit Hoffnung und Neu-Anfang.

Auch Andrea Partheymüller-Gerber steuerte Bilder bei. "Nur einen Schritt" müsse der Protagonist ihres Bildes gehen, um unter seinem Regenschirm hervorzutreten und in die Sonne zu gelangen. In ihrem noch fast gänzlich verhüllten Bild "Nähe" - eine Auftragsarbeit mit persönlichem Hintergrund - erkennt man eine Frau und ein Pferd. Man könnte das Bild mit der Frage in Verbindung bringen, ob Tiere Corona übertragen können. Zu Papier und Buntstiften griff auch ihr Vater, Georg Partheymüller, der in jeder Lebenslage, gerade auch bei Rückschlägen, eine große künstlerische Kraft freisetzen könne. In seinem "Corona-Bild" sitzt ein Mensch auf einer Weltkugel, leide doch die ganze Welt am Virus.

Die Ästhetik der Verwundeten

Vertreten sind auch ihre beiden Kolleginnen Mirjam Gwosdek aus Kronach sowie Eva Maria Brunner aus Marktrodach. Gwosdek zeigt vier Original-Tusche-Zeichnungen zum Thema Menschen, Einzelfiguren und Begegnungen, wobei es sich um Auszüge zu ihrer Diplom-Arbeit handelt. Brunner assoziiert in ihren Skulpturen verwundete Bäume mit der derzeit komplett verwundeten Welt. Trotz aller Wunden gehe aber von den Bäumen auch eine gewisse Ästhetik und zugleich Hoffnung aus. "Ich versuche, in allem Negativen auch einen Sinn zu finden - durch sich daraus ergebende Änderungen", betont die Künstlerin. Für sie stellt die Kunst - wie sie bekundet - auch eine Art Rettung aus ihrem sich stetig drehenden Gedanken-Karussell dar, so auch in ihren farbstarken "Quo vadis"-Bildern.

Ihnen sowie allen weiteren Mitwirkenden der Ausstellung gilt der Dank von Andrea Partheymüller-Gerber. Ein besonderes Dankeschön richtet diese aber auch an den FWG-Schulleiter, Harald Weichert. Nach der teilweisen Wiederöffnung der Schule habe er es ermöglicht, dass auch Kunst, Musik und Religion hier wieder unterrichtet wurden, obwohl sie aus staatlicher Sicht nicht zu den Schwerpunktfächern zählten. "Ihm ist aber die umfassende Bildung wichtig", würdigt sie. Und was wäre die Schule ohne Kunst, gerade auch in dieser Zeit?

Zur Ausstellung

Öffnungszeiten "Lockdown" kann bis 16. August von Montag bis Freitag von 16 Uhr bis 18 Uhr, am Samstag von 11 Uhr bis 13 Uhr, am Sonntag von 13 Uhr bis 15 Uhr betrachtet werden.

Spendenaktion In der Synagoge können während der Ausstellung Mund-Nasen-Masken für 2 Euro erworben werden. Die Masken wurden von der Firma Trima-Näherei G. Trinkwalter in Marktgraitz hergestellt. Das Geld kommt der Synagoge zugute.