Ein wegen schweren sexuellen Missbrauchs seiner widerstandsunfähigen Tochter Angeklagter aus dem Landkreis Kronach unterzieht sich nun einer urologischen Untersuchung. Er behauptet, sexuell nicht mehr aktiv sein zu können.
Auch nach drei Verhandlungstagen gibt es im Strafverfahren vor dem Coburger Landgericht gegen einen 54-Jährigen aus dem Landkreis Kronach wenig Klarheit. Der Mann soll sich im vergangenen Herbst mehrfach an seiner heute 19 Jahre alten, schwerbehinderten Tochter vergangen und Geschlechtsverkehr mit ihr ausgeübt haben. Bereits Jahre zuvor, als sie noch ein Kind war, soll er sexuelle Handlungen an ihr vorgenommen haben.
Die in einer Außenwohngruppe lebende Tochter fiel den Mitarbeiterinnen der Einrichtung durch ihr Verhalten und geheimnisvolle Äußerungen nach den samstäglichen Besuchen bei den Eltern wiederholt auf. Außerdem gab es früher bereits ein Besuchsverbot und Verdachtsmomente gegen den Vater, sodass die Betreuerin der 19-Jährigen die Polizei verständigte.
Verwahrloste Verhältnisse Sozialpädagogen und Pflegepersonal schilderten die Situation der Familie überwiegend als verwahrlost und überfordert. Sie sprachen von verschimmeltem Essen und mangelnder Körperhygiene. Nicht umsonst sei die Tochter in einem Heim untergebracht worden.
Aus dem Kreis der Familie wollte sich niemand äußern: Ehefrau, Sohn und Schwiegermutter des Angeklagten machten von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch. Auch die schwerbehinderte Tochter selbst, die auf Antrag der Staatsanwaltschaft räumlich getrennt per Videoübertragung befragt wurde, sagte nichts aus.
Gegenüber mehreren Zeugen soll die 19-Jährige aber sehr wohl geäußert haben, dass ihr Vater "Sachen gemacht hat, die man nicht tun darf".
Keine Chance zu Widerstand Der medizinische Sachverständige, Götz-Erik Trott, bescheinigte ihr eine deutlich defizitäre Ausdrucksfähigkeit. Überhaupt sei sie "bei Weitem nicht altersgemäß entwickelt" und könne ihren Unwillen kaum äußern, weshalb sie als widerstandsunfähig anzusehen sei.
Die Vielzahl der Zeugenaussagen legt inzwischen nahe, dass es Vorfälle in irgendeiner Form gegeben haben muss. Beispielsweise habe sich die 19-Jährige in der Wohngruppe häufiger selbst im Intimbereich berührt und gesagt, dass ihr Vater das auch so mit ihr mache. Im Wald hätten sie "rein und raus gemacht". Darüber hinaus hätten sie und ihr Vater sich bei Begrüßungen stets sehr innig umarmt und geküsst, auch gemeinsam gebadet. Zungenküsse räumte der Angeklagte selbst ein.
Polizeibeamte, die den Angeklagten observierten und schließlich im Ebnether Wald festnahmen, konnten nur beobachten, wie er damals in einem routiniert wirkenden Ablauf mit der Tochter auf die Rückbank seines Wagens stieg und dass sich die beiden dann eng umarmten. Beim Zugriff der Beamten soll der Angeklagte gesagt haben, dass sie doch "nur schmusen" wollten.
Die Videoaufnahmen der Polizei wurden in der Verhandlung vor dem Coburger Landgericht gesichtet.
Spuren ausgewertet Die Auswertung sichergestellter Spuren ergab unterdessen keine sonderlich beweiskräftigen Hinweise. Zwar wurden Spuren gefunden, die mit hoher Wahrscheinlichkeit dem Angeklagten zuzuordnen sind. Denkbar sind aber mehrere Erklärungen, wie die Spuren dort hingelangten, vor allem weil sich der Vorfall im eigenen Auto abspielte.
Die Spuren an der Damenbinde der Tochter, ließen sich auch durch die Aussage des Angeklagten erklären, er habe ihr beim Verrichten ihrer Notdurft geholfen. Komplizierter dürfte eine Argumentation ausfallen, wie die Spuren im Scheiden abrieb, der üblicherweise weiter aus dem Körperinneren genommen wird, dort hingelangt sind. Doch auch diese lassen sich nicht zweifelsfrei zuordnen. Spermaspuren wurden nirgendwo gefunden, auch keine Latex-Rückstände.
Zu diesem Thema hatte der Angeklagte gleich am ersten Verhandlungstag geäußert, dass er seit Jahren sexuell inaktiv sei, keine Erektion mehr bekomme. Wenn dies nachgewiesen werden kann, wäre der Angeklagte ein Stück weit entlastet, da es zumindest seither nicht zum Geschlechtsverkehr gekommen sein könnte. Der Angeklagte hat sich bereit erklärt, sich einer urologischen Untersuchung zu unterziehen.
Nächster Termin: 14. November Da alle geladenen Zeugen bereits vernommen worden sind, wird die Verhandlung erst fortgesetzt, wenn dem Gericht das urologische Gutachten vorliegt. Der nächste Termin ist für den 14. November um 15 Uhr angesetzt.