BRK: Kronacher Wachleiter bemängelt fehlenden Respekt gegenüber Rettungskräften
Autor: Marian Hamacher
LKR Kronach, Dienstag, 21. Mai 2019
Nur mit Mühe konnte ein 38-jähriger Kronacher zuletzt an einem Unfallort daran gehindert werden, auf einen Ersthelfer loszugehen. Was für die Polizei noch eine eher ungewohnte Situation ist, ist für Rettungskräfte längst keine Seltenheit mehr.
Damit hatten die Polizisten nicht gerechnet. Einen Verkehrsunfall mit drei Verletzten auf der B 85 zwischen Stockheim und Haßlach hatte der Funkspruch vergangenen Freitagabend angekündigt. Doch anstatt routiniert den Unfall aufzunehmen, waren die Beamten zunächst als Streitschlichter gefragt - allerdings nicht zwischen den am Unfall beteiligten Personen.
Ärger machte ein 38 Jahre alter Kronacher. Nur umherstehende Passanten hätten ihn davon abhalten können, auf einen der Ersthelfer loszugehen, erzählt Gerhard Anders, Pressesprecher der Polizeiinspektion Kronach: "Er war emotional sehr aufgebracht und hat sich aggressiv verhalten. Vielleicht aufgrund der leichten Verletzung seines Sohnes." Der war nämlich als Beifahrer in den schweren Auffahrunfall verwickelt, der sich kurz zuvor ereignet hatte (wir berichteten). Eine 32-jährige Frau fuhr gegen 21.30 Uhr mit ihrem Renault so heftig auf einen Hyundai auf, dass beide Wagen von der Fahrbahn geschleudert wurden.
Anzeige wegen Beleidigung
Die Unfallverursacherin, bei der später 2,06 Promille festgestellt wurden, zog sich dabei eine Oberarmprellung zu. Der 22-jährige Hyundai-Fahrer musste mit Nackenschmerzen, sein ein Jahr jüngerer Beifahrer mit Kopfschmerzen und Schwindelgefühlen in die Helios-Frankenwaldklinik gebracht werden.
Sicher eine emotionale Ausnahmesituation. Auch für Angehörige. Ob das auch der Grund war, weshalb der 38-Jährige die Beherrschung verlor? "Ich weiß noch nicht, ob er sich dazu äußern möchte, warum er so ausgetickt ist", sagt Anders, denn noch sei der Mann nicht vernommen worden. Gegen ihn wird nun in zwei Fällen wegen Beleidigung ermittelt. Denn nachdem er den Ersthelfer beschimpft hatte, bekamen auch die Beamten verbal die Wut des Kronachers ab, der diese als "Idioten" und "blöde Polizei" bezeichnet haben soll.
Als der 38-Jährige seinem Sohn ins Krankenhaus nachfuhr, traf er erneut auf die Polizisten, die dort auf die Blutabnahme der alkoholisierten Unfallverursacherin warteten. "Da wollte er sich dann zwar entschuldigen, aber was sich am Unfallort im Beisein von anderen abgespielt hat, war sehr unschön. Deswegen muss er jetzt auch mit einer Anzeige wegen Beamtenbeleidigung rechnen", so Anders. Im Regelfall laufe das auf eine Geldstrafe hinaus, die sich nach dem Einkommen richtet.
Dass sich jemand am Unfallort im Ton vergreift und die Beherrschung verliert, komme aber nur gelegentlich vor. "Nachdem wir im Kreis Kronach vor allem eine eher ländliche Bevölkerung haben, können wir keinen Vergleich zur Großstadt ziehen, in der der Respekt vor der Polizei vielleicht etwas geringer ist", sagt der Kronacher Polizei-Pressesprecher. "Bei uns ist es schon eher so, dass man der Polizei gegenüber noch wohlgesonnen ist."
Wenn die Akzeptanz fehlt
Zu einem ähnlichen Schluss kommt Andreas Kristek. Der Wachleiter der Kronacher BRK-Rettungswache hat allerdings auch eine Art Altersgefälle erkannt. "Gerade ältere Leute akzeptieren uns Rettungskräfte", erzählt er. "Es ist dann eher die Jugend, die die Akzeptanz nicht mehr hat. Das merkt man dann schon."