Brandstifter erhält Bewährungsstrafe in Kronach
Autor: Friedwald Schedel
Kronach, Mittwoch, 05. November 2014
Ein 62-Jähriger versuchte, sein Haus anzuzünden, drohte, seine Ehefrau umzubringen und verübte einige weitere Straftaten.
Angesichts dessen, was in der Anklageschrift stand, fiel die Strafe relativ mild aus: Ein Mann wurde am Mittwoch vom Schöffengericht Kronach zu einer 20-monatigen Freiheitsstrafe, die auf drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt wurde, verurteilt. Außerdem muss er sich einer stationären Suchttherapie unterziehen, die Kosten des Verfahrens tragen und 1000 Euro an das Frauenhaus Coburg zahlen.
Im Suff hat er ein Drama angerichtet: Seine Noch-Ehefrau, von der er in Kürze geschieden wird, bezeichnete das als Zeugin vor Gericht als einen riesigen Scherbenhaufen. Immer, wenn er Probleme hatte, griff er zur Schnapsflasche - und dann wurde er aggressiv. Besonders schlimm war das am 4. April dieses Jahres, der als "schwarzer Freitag" in den Lebenslauf des Angeklagten eingehen wird.
Was Staatsanwältin Bianca Frank in ihrer Anklageschrift an Verstößen gegen Gesetze verlas, ließ eher an einen Schwerkriminellen glauben als an einen friedlich auf der Anklagebank sitzenden schmächtigen Familienvater und Geschäftsmann, der nicht vorbestraft ist. Die Staatsanwaltschaft warf dem Angeklagten Folgendes vor: versuchte schwere Brandstiftung, Bedrohung eines Menschen mit der Begehung eines gegen diesen gerichteten Verbrechens, Sachbeschädigung, Beleidigung, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, vorsätzliche Körperverletzung und Trunkenheitsfahrt.
Eine Flasche Schnaps gekauft
Was war an jenem verhängnisvollen Freitag, 4. April, geschehen? Der Mann wollte sich mit seiner Noch-Ehefrau, mit der es nach 38 Ehejahren zur Zerrüttung gekommen war, aussprechen. Auch diesmal kam es, wie schon oft zuvor, zu Meinungsverschiedenheiten. Die beiden führten eine "Wochenendehe", weil der Mann wochentags in einer Großstadt in Süddeutschland war. Nur am Wochenende war er in einem Dorf im nördlichen Landkreis, hatte aber am Tattag keinen Schlüssel zum gemeinsamen Haus mehr.
Nach dem gescheiterten Gespräch suchte er - wie schon öfters zuvor bei Kummer - nach dem Seelentröster Alkohol und kaufte sich im Ort eine Flasche Schnaps. Angetrunken ging er auf seine Frau los, so dass diese Pfefferspray einsetzen musste. Wiederholt drohte er, sie umzubringen - und dann sich selbst. Er beschädigte verschiedene Gegenstände am Haus und versuchte, dieses mit Hilfe eines Benzinkanisters anzuzünden. Dabei ging der Betrunkene aber zum Glück so dilettantisch vor, dass dies nicht gelang. Ein Neffe, den seine Frau zu Hilfe gerufen hatte, löschte die Flammen.
Damit aber noch lange nicht genug. Der Angeklagte ging auch auf seinen Schwager und dessen Söhne, die ihn beruhigen und von weiteren Taten abhalten wollten, los und verletzte einen. Die herbeigerufenen Polizeibeamten beleidigte er übelst und widersetzte sich der Festnahme heftig, indem er wild um sich schlug und trat, so dass die Beamten Abwehrspray einsetzen mussten. Bereits am nächsten Tag wurde er in Untersuchungshaft genommen und aus dieser erst viereinhalb Monate später gegen Auflagen auf freien Fuß gesetzt.
Seiner Noch-Ehefrau fiel die Zeugenaussage vor Gericht sehr schwer, denn "38 Jahre Ehe wischt man nicht einfach vom Tisch". Sie wollte keine Anzeige gegen ihn erstatten, obwohl er mehrfach gedroht hatte, sie umzubringen. Das Pfefferspray habe sie griffbereit bei sich gehabt, weil sie nach vorherigen Streitigkeiten Angst gehabt habe. Auch ein Neffe der Frau und mehrere Polizeibeamte bekräftigten die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft.
Stationäre Therapie
In ein etwas anderes Licht rückte Sachverständiger Martin Noell von der Bezirksklinik Obermain in Hochstadt den gesamten Sachverhalt und dessen Ursachen. Er attestierte dem Angeklagten eine Persönlichkeitsstörung. Der Mann neige zu Ausfällen, wenn er Alkohol getrunken habe. Er habe die Partnerschaft dominiert und seine Ehefrau habe all die Jahre immer das gemacht, was er gewollt habe, charakterisierte der Sachverständige den Angeklagten. Eine ambulante Therapie, wie sie der Angeklagte zurzeit absolviere, reiche nicht aus, um die Persönlichkeitsstörung zu lösen, war sich Martin Noell sicher. Er hielt einen viermonatigen stationären Aufenthalt für sinnvoll.
Das Urteil
Dieser Argumentation schlossen sich auch Richterin Claudia Weilmünster und die beiden Schöffen an. Die Richterin blieb nur geringfügig unter der Forderung der Staatsanwältin, die zwei Jahre Haft für tatangemessen hielt, und deutlich über dem Wunsch des Verteidigers, der um ein Jahr Freiheitsstrafe für seinen Mandanten gebeten hatte. Der raste nach Alkoholkonsum aus und wisse selbst nicht mehr, was er getan habe. Am Anfang des Tages sei von seinem Mandanten nicht geplant gewesen, dass das Wohnhaus am Ende des Tages in Flammen stehe.