Druckartikel: Bewährungsstrafe wegen sexuellen Missbrauchs

Bewährungsstrafe wegen sexuellen Missbrauchs


Autor: Marian Hamacher

Kronach, Donnerstag, 28. April 2016

Ein 32-Jähriger wurde in Kronach verurteilt. Er hatte eine Zwölfjährige im Chat missbraucht. Das vermeintliche Mädchen war aber ein Polizist.
Ein 32-Jähriger stand am Donnerstag in Kronach vor Gericht. Symbolfoto: Christopher Schulz


Der Prozess war keine fünf Minuten alt, als die Frage der Schuld bereits geklärt war. "Die Anklage ist zutreffend. Ich hatte einen Blackout und so kam es, dass ich mit einer Zwölfjährigen gechattet habe", sagte der 32-jährige Angeklagte und fügte schnell hinzu: "Was ich nie wieder machen werde. Es hat mein Leben zerstört."

Unter dem Benutzernamen "Süßermann" habe er sich im September 2014 in einem Chatroom mit einem Chatpartner unterhalten, der sich als Zwölfjähriges Mädchen ausgab, warf ihm zuvor Staatsanwältin Susanne Heppel vor. Hinter dem Nutzer "Melli12bw" verbarg sich jedoch kein minderjähriges Kind, sondern ein nicht offen ermittelnder Polizist - der somit die eindeutigen Aufforderungen zur Selbstbefriedigung auf seinem Bildschirm angezeigt bekam. "Der Angeklagte ging davon aus, dass seine schriftlichen Ausführungen von einem Zwölfjährigen Kind wahrgenommen und befolgt werden", erklärte Heppel. Daher habe er sich wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern strafbar gemacht.

Vier bis fünf Bier habe er getrunken, nachdem er von einer Nachtschicht kam und zu chatten begann. Die Internetseite besuche er zwar öfter, unterhalte sich dort jedoch sonst nur mit Erwachsenen. Es habe Hinweise auf mehrere Chats gegeben, teilte der zuständige Polizeibeamte mit, der als Zeuge aussagte. Strafrechtlich relevant sei aber nur einer gewesen. "Sonst ist bei der Wohnungsdurchsuchung nichts festgestellt worden", sagte er. "Auch kein kinderpornografisches Material."


Verdeckt ermittelt

Der Ausgangspunkt der Ermittlungen lag in Baden-Württemberg, von wo aus der verdeckt arbeitende Polizist tätig war. Als der Wohnort des Beschuldigten im Kreis Kronach festgestellt wurde, übernahm die Staatsanwaltschaft Coburg die Ermittlungen. Der 32-Jährige habe sich von Beginn an äußerst kooperativ verhalten, betonte der Polizist: "Er hat den Chat gleich zugegeben. Auch als ich ihn einige Monate später noch einmal befragt hatte, blieb er bei seinem Geständnis."

Folgen hatte der Chat für den 32-Jährigen schon vor der Verhandlung. Seine Partnerin trennte sich umgehend und zog mit dem gemeinsamen sechsjährigen Sohn aus der Wohnung aus. "Auch zu meiner Familie bestand nur noch geringer Kontakt", sagte der Angeklagte, der zudem erklärte, bereits freiwillig eine Therapiestunde besucht zu haben. Dort sei ihm mitgeteilt worden, dass es wegen einer möglichen pädophilen Neigung keiner Therapie bedürfe.


Bewährungsstrafe und Geldauflage

Darauf wollte sich die Staatsanwältin aber nicht einlassen. Sie beantragte neben einer sechsmonatigen Freiheitsstrafe, die zur Bewährung ausgesetzt werden könne, auch eine Zahlung von 1000 Euro an eine gemeinnützige Organisation sowie die Untersuchung bei einer Fachberatungsstelle in Würzburg.

Der Anwalt des Angeklagten wies noch einmal darauf hin, dass sein Mandant geständig und zuvor nie straffällig geworden war. "Außerdem hatte er Alkohol getrunken, und der enthemmt für gewöhnlich", erklärte der Verteidiger. "Sein Verhalten ist zwar nicht zu rechtfertigen, aber etwas zu erklären." Das sah Richter Hendrik Wich anders. Er finde es Besorgnis erregend, wenn "ein Familienvater nach einer Nachtschicht nichts anderes zu tun hat, als ein paar Bier runterzuschütten und mit einer Zwölfjährigen zu chatten." Da sich die Tat am unteren Ende der Strafbarkeit bewegte, verurteilte er den Angeklagten zu vier Monaten auf Bewährung. Trotz dessen geringen Gehalts soll er zudem 750 Euro an den St.-Josef-Kindergarten in Friesen spenden. "Damit sie nicht glauben, dass Sie einen Freispruch zweiter Klasse erhalten haben", begründete Wich. Außerdem muss sich der 32-Jährige in Würzburg untersuchen lassen und sich einer einjährigen Behandlung unterziehen, sofern die Experten dies für erforderlich halten.