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Betriebsratsmitglieder haben es nicht immer leicht


Autor: Veronika Schadeck

Kronach, Mittwoch, 26. März 2014

Betriebsratsvorsitzende haben nicht immer eine leichte Aufgabe, wenn es um die Durchsetzung der Arbeitnehmerinteressen geht. Dies verdeutlichen Arbeitnehmervertreter von Loewe, Dr. Schneider und Valeo.
Betriebsratsvorsitzende Karin Wachter hatte in den vergangenen Wochen angesichts der Lage bei Loewe nicht oft Grund zum Lachen. Gemeinsam mit Betriebsseelsorger Eckhard Schneider (links) appelliert sie dazu, die Möglichkeit der Betriebsratswahl wahrzunehmen.  Fotos: Barbara Herbst


Betriebsräte nehmen in Unternehmen eine wichtige Rolle ein, indem sie die Interessen der Arbeitnehmer vertreten und sich für deren Belange einsetzen. Vom 1. März bis 31. Mai finden wieder Betriebsratswahlen statt. Grund genug, um sich gemeinsam mit dem katholischen Betriebsseelsorger Eckhard J. Schneider und drei Betriebsratsvorsitzenden von heimischen Unternehmen über die Herausforderungen als Arbeitnehmervertreter zu unterhalten.

Die erste Station ist das Werk des französischen Automobilzulieferers Valeo in Neuses. Auf dem Weg dorthin begründet Eckhard J. Schneider, warum die Arbeitnehmer zur Betriebsratswahl gehen sollten. "Es geht um eine gerechte und solidarische Arbeitswelt mit menschlichem Antlitz", betont Schneider. Er kennt die meisten der Industrieunternehmen im Landkreis und deren Strukturen. Er hat miterlebt, wie Arbeitnehmer aufgrund von Standortverlagerungen und Insolvenzen ihren Job verloren haben.

"Da steht bei jedem Einzelnen ein Schicksal und eine Existenz dahinter."

Freigestellt

Valeo-Betriebsratsvorsitzender Walter Geck ist seit 1993 Betriebsrat, seit 1998 hat er den Vorsitz inne. Von seinem Job als technischer Fertigungsplaner ist er freigestellt. Sein Arbeitsalltag besteht überwiegend aus Sitzungen, Besprechungen, Weiterbildungsmaßnahmen. Er hat ein Wort mitzureden, wenn es um Betriebszeiten, um Überstunden und um Neueinstellungen geht. "Die Auftragslage ist gut und da hat man es als Betriebsratsvorsitzender schon leichter, als wenn Kündigungen anstehen."

In diesem Zusammenhang erinnert er an das Jahr 2006, als 83 Stellen im Werk abgebaut werden sollten, letztendlich aber nicht zuletzt durch das Verhandlungsgeschick des Betriebsrates "nur" 21 Arbeitnehmern gekündigt wurde. Geck erinnert sich auch an 2009, als beim Leuchtenwerk von Valeo in Neuses die Lichter ausgingen, weil die Produktion nach Frankreich verlagert wurde. Geck erinnert sich an die Verhandlungen und spricht von Schadensminimierung für die Arbeitnehmer. "Diese Wochen sind nicht spurlos an mir vorübergegangen."

Schlägt aufs Gemüt

"Solche Situationen schlagen aufs Gemüt", bestätigt die Betriebsratsvorsitzende von Loewe, Karin Wachter. Als sie 2012 Betriebsratsvorsitzende wurde, dachte sie - obwohl zum damaligen Zeitpunkt Loewe schon einige Turbulenzen bewältigt hatte - nie daran, dass die Lage so ernst werden würde. Im Zuge des Arbeitsplatzabbaus in den vergangenen Monaten wird sich nun bei den anstehenden Wahlen die Zahl der Betriebsräte von 21 auf 13 verringern.

Spricht man sie auf die derzeitige Situation bei Loewe an, merkt man ihr an, dass das Hin und Her nicht spurlos an ihr vorbeigegangen ist. Die letzten Wochen habe sie nicht abschalten können. Oftmals habe sie sich gefragt, was "hätten wir als Betriebsräte anders oder besser machen können?" Alles, was lange Jahre als selbstverständlich galt, wie beispielsweise Arbeitsplatz, Löhne, Sozialleistungen etc. war plötzlich nicht mehr. Nie hätte sie früher daran gedacht, dass sie sich mal mit dem Insolvenzrecht auseinander setzen müsse. Wachter spricht von einem geistigen Kraftaufwand. Sie habe versucht, Mitarbeitern Mut zu machen, den gekündigten Kollegen Unterstützung zu geben. "Wir wollten einfach Hilfe leisten, dabei merkten wir, dass wir schnell an unsere Grenzen des Machbaren und der Mitbestimmung kommen."

Karin Wachter war bei Verhandlungen dabei, auch als Kündigungen auf dem Programm standen. Sie befasste sich unter anderem mit Tarifen, mit der Qualifikation und den Sozialpunkten der einzelnen Mitarbeiter. Spricht man sie auf die jüngsten Ereignisse an, so meint Karin Wachter: "Es muss nun endlich Ruhe her."

Positive Zukunft

Wolfgang Barnickel blickt hingegen positiv in die Zukunft. Er ist Betriebsratsvorsitzender der Dr. Schneider Kunststoffwerke der Werke Neuses und Tschirn. Die Mitarbeiter würden mit ihren alltäglichen Problemen zu ihm oder zu seiner Stellvertreterin Gisela Schrafft kommen. Er habe mittlerweile alle Facetten kennen gelernt und bezeichnet sich zusammen mit den weiteren Betriebsräten von Dr. Schneider als Sprachrohr der Kollegen zu den Gesellschaftern und zur Geschäftsführung. Er sieht es als Aufgabe an, dass die Belegschaft bei unternehmerischen Entscheidungen angemessen berücksichtigt wird. Als jüngstes Beispiel erwähnt er hierbei die Kantine, die im Neuseser Werk integriert wird. Oder er spricht von der Gestaltung der Arbeitsplätze, von Integration von Schwerbehinderten und von Mitarbeitern mit Migrationshintergrund. Es geht aber auch um die Einhaltung der Gesetze und Verordnungen. Dabei bezeichnet Barnickel das Betriebsverfassungsgesetz als "die Bibel", an denen sich der Betriebsrat orientiert.

Als positiv wertet er, dass sowohl er als auch seine Stellvertreterin täglich "draußen bei den Mitarbeitern sind". Hier erfahre man am ehesten, wo der Schuh drückt, so seine Stellvertreterin.

Zwischen den Besuchen der einzelnen Betriebsräte spricht Eckhard J. Schneider von der wichtigen Bedeutung eines Betriebsrates. Er betont, dass gerade Gewerkschaften und Betriebsräte in der Vergangenheit für die Arbeitnehmer Erleichterungen schaffen konnten. Während es früher eher um Lohnerhöhungen und Arbeitszeitverkürzungen ging, stünden aktuell eine humanere Gestaltung der Arbeit eher im Vordergrund.

Die Arbeit müsse stärker den Bedürfnissen der Menschen gerecht werden, sagt er. Gerade in den vergangenen Jahren hätten die Folgen von permanenter Überforderung, Leistungsdruck und insbesondere die Zunahme psychischer Erkrankungen alarmierende Ausmaße angenommen. Hier stünden viele Herausforderungen an und deshalb sollten die Mitarbeiter von der Betriebsratswahl auch Gebrauch machen. Denn: "Zur Würde einer Belegschaft gehört der Betriebsrat." Mit dieser Überzeugung will Eckhard J. Schneider die Mitarbeiter zur Wahl motivieren.



Information zur Betriebsratswahl

Vom 1. März bis 31. Mai finden Betriebsratswahlen statt. Das Wahlrecht unterscheidet zwischen aktivem und passivem Wahlrecht. Wählen dürfen alle Arbeitnehmer, die zum Zeitpunkt der Wahl das 18. Lebensjahr vollendet haben, auch Leiharbeiter, wenn diese drei Monate im Betrieb beschäftigt sind. Ausgenommen sind leitende Angestellte. Kandidieren als Betriebsrat darf nur, wer bereits seit mindestens sechs Monaten im Betrieb oder einem anderem Betrieb desselben Unternehmens oder Konzerns angestellt ist.