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Betriebsräte holen auch im Kreis Kronach oft die Kohlen aus dem Feuer


Autor: Marco Meißner

Kronach, Sonntag, 23. Sept. 2018

Die neuen Betriebsratsgremien in der Region sind gebildet. Betriebsseelsorger Eckhard Schneider lud Vertreter aus Kronach und Kulmbach zum Grillen und zum Gespräch über ihre Arbeit ein.
Sie machen Dampf für die Angestellten in den Betrieben der Region: Eckhard Schneider, Mathias Eckardt, Michael Rieker und Elisabeth Williams. Foto: Marco Meißner


Auf dem Grill weichen die Flammen langsam der Glut. Etwa ein Dutzend Frauen und Männer freuen sich schon auf die Leckerbissen, die Betriebsseelsorger Eckhard Schneider aus Kronach gleich auf den Rost legen wird. Das ist für sie in ihrer Funktion einmal etwas anderes, denn sonst müssen sie als Betriebsräte oft genug selbst die Kohlen aus dem Feuer holen.

Am 31. Mai wurden die Betriebsratswahlen heuer abgeschlossen. Die neuen Gremien stehen nun fest. Schneider hatte einige Vertreter aus den Kreisen Kronach und Kulmbach zu sich eingeladen, in deren Firmen es besonders hohe Wahlbeteiligungen gegeben hat. Beim Essen stand der Austausch im Mittelpunkt: Was beschäftigt die Räte? Wie sehen sie ihre Rolle in den Betrieben?

Fast alle bei der Wahl

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"Die höchste Wahlbeteiligung lag bei 95,5 Prozent", freut sich Betriebsseelsorger Schneider. Aber es habe auch Unternehmen in seinem Zuständigkeitsbereich (Kronach, Kulmbach, Bayreuth) gegeben, in denen nur 30 Prozent erreicht wurden. "In kleinen Unternehmen ist es leichter, auf hohe Wahlbeteiligungen zu kommen", lautet sein Fazit.

Bei Dr. Schneider in Neuses und Tschirn komme man beispielsweise auf 1800 Wahlberechtigte und eine Wahlbeteiligung von knapp unter 50 Prozent. Bemerkenswert sei, dass es dort vier Freigestellte für die Betriebsratsarbeit gibt. Bei Lear in Kronach - dort gibt es knapp 900 Beschäftigte - seien 65 Prozent Beteiligung erreicht worden. Das entspreche ungefähr dem Bundesdurchschnitt. Bei Heinz mit knapp 1000 Beschäftigen in Tettau "haben wir 75 Prozent erreicht - das ist schon eine Wucht". Und Valeo in Neuses hat gar 87 Prozent erreicht.

Im Kulmbacher Raum hat Raps von den dortigen Großbetrieben mit 81 Prozent das beste Ergebnis erzielt. Aber auch Kulmbacher (77 Prozent) und Ireks (71 Prozent) können auf eine bemerkenswerte Wahlbeteiligung verweisen.

Auffällig im Kreis Kronach ist, dass etwa die Hälfte der Vorsitzenden in den Betriebsräten gewechselt hat. "Sind sie flügellahm, weil ja auch die Arbeit nebenher laufen muss? Weil sie weitere Aufgaben haben und das alles nicht mehr auf die Reihe bringen?", fragte Schneider provokativ in die Runde. Und er wies auch auf den Druck hin, der in einzelnen Betrieben auf die Ratsmitglieder ausgeübt wird. So würden beispielsweise Schulungen torpediert.

Matthias Eckardt, der DGB-Regionsgeschäftsführer für Oberfranken, erinnert sich an einen schlimmen Fall. Da seien die Kosten für die notwendigen Schulungen der Betriebsratsmitglieder von der Chefetage vor den Kollegen herumposaunt und gegen sie ins Feld geführt worden. "Aber ohne Schulungen geht's nicht!", betont Eckhard Schneider. Matthias Eckardt spricht nicht nur in diesem Fall von einer "Sandwich-Position", in der sich die Mitglieder der Gremien oft befänden. "Es gibt den Doppeldruck von oben und von unten." Vergnügungssteuerpflichtig ist der Posten des Betriebsrats - zumindest in manchen Firmen - also offenbar nicht, oder?

Michael Rieker, Betriebsratsvorsitzender bei Novem aus Grafendobrach, weiß das nur zu gut. Im 130-köpfigen Unternehmen haben die Belegschaft und ihre Räte schon mehrfach schwierige Zeiten erlebt. "An manchen Tagen war's nicht mehr lustig. Aber wir haben's am Ende doch wieder hingebracht."

Zusammenhalt ist Grundlage

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Nach Riekers Überzeugung wurden die Probleme auch deshalb so gut gemeistert, weil die Angestellten hinter den Räten stehen. "Die Leute wissen, was sie am Betriebsrat haben", sagt er und verweist auf eine bemerkenswerte gewerkschaftliche Organisation von 80 Prozent.

"Wir sind direkt am Mann dran. Wir führen Gespräche, sind offen und ehrlich", erklärt er. Dafür stehe die Mannschaft dann auch in jeder Situation geschlossen hinter dem Gremium. Rieker verspricht im Gegenzug: "Wir haben bis jetzt gekämpft - und wir werden weiterkämpfen."

Auch Elisabeth Williams von Rebhan FPS-Verpackungen aus Stockheim ist Betriebsratsvorsitzende in einem Unternehmen, in dem sich die Belegschaft sehr stark an den Wahlen beteiligt hat. 85 Prozent der 199 Beschäftigten haben gewählt.

Auch dort ist ein guter gewerkschaftlicher Organisationsgrad die Grundlage für ein erfolgreiches Wirken der Räte, wie Williams versichert. "Die Betriebsratsarbeit ist ohne gewerkschaftliche Rückendeckung schwer machbar", betont sie. Doch gerade da hapere es. Viele Angestellte erkennen ihrer Erfahrung nach diesen Zusammenhang nicht mehr und treten aus den Gewerkschaften aus. Sie würde sich wünschen, dass die Aufgaben von Gewerkschaften und Betriebsräten schon in den Schulen stärker thematisiert werden.

Auch die Bindung zu den Unternehmen sei heute eine andere als früher, ergänzen Eckhard Schneider und Mathias Eckardt. Angestellte seien heute auf privater Ebene längst nicht mehr so eng miteinander verbunden. Leiharbeiter identifizierten sich nicht in dem Maße mit einem Betrieb wie ein Festangestellter.

Trotzdem wollen sie weiter für mehr Betriebsräte in den Unternehmen kämpfen, was kein leichtes Unterfangen sei. Doch bei manchen Themen brauche es einfach diesen "Puffer" zwischen Angestelltem und Chefetage. Und wenn künftig weitere Betriebsräte installiert werden können, dann würde Eckhard Schneider beim nächsten Mal sicherlich gerne noch ein paar Bratwürste mehr auflegen.