Betriebe im Landkreis Kronach suchen dringend Azubis
Autor: Franziska Rieger
Kronach, Montag, 03. Juli 2017
Jugendliche suchen eine Lehrstelle, Unternehmen bieten eine an. Wie sieht die Lage auf dem Ausbildungsmarkt im Kreis Kronach aus?
Für die einen ist es ein Fluch, für die anderen ein Segen: Es gibt auf dem Ausbildungsmarkt mehr Lehrstellen als Bewerber. Angehende Azubis können sich zwischen vielen Stellen entscheiden. Für die Betriebe wird die Auswahl an Jugendlichen dagegen immer kleiner.
Matthias Klar, Pressesprecher der Bundesagentur für Arbeit im Bereich Bamberg-Coburg, berichtet, dass es im Kreis Kronach 316 unbesetzte Ausbildungsstellen gibt. Aber nur 132 unversorgte Bewerber suchen nach einer Stelle (Stand: Juni 2017). Eigentlich ein Luxus für die jungen Leute, schließlich fallen rein rechnerisch auf einen unversorgten Bewerber mehr als zwei unbesetzte Ausbildungsstellen. Pressesprecher Klar erklärt sich diese Entwicklung mit einer sinkenden Anzahl von Schulabgängern und einer niedrigen Geburtenrate.
Viele seien unmotiviert
Sebastian Zeis, der Inhaber der Kronacher Bäckerei Oesterlein, erklärt sich die Entwicklung am Ausbildungsmarkt so: "Die meisten Jugendlichen sind unmotiviert." Deshalb fänden die Unternehmen keine passenden Azubis. Zeis bildet im Moment in seinem Betrieb drei Leute aus. Eine Bäckereifachverkäuferin und zwei Bäcker. Gäbe es mehr Auswahl an Bewerbern, würde er sogar noch einen vierten Azubi annehmen. Aber der muss erst einmal gefunden werden.Für Zeis zählen nicht nur die Noten der Bewerber. Aussagekräftiger sei das einwöchige Praktikum, das die Bewerber absolvieren müssen. Pascal Förtsch hat es geschafft, dort eine Ausbildungsstelle als Bäcker zu ergattern. Bereut hat er die Entscheidung noch nicht, trotz Arbeitsbeginn um vier Uhr in der Früh. "Bis jetzt gefällt es mir gut", sagt Förtsch. Als Kind sei Bäcker seine Wunschausbildung gewesen.
Dass es manchmal an der Einstellung der Jugendlichen liegt, kann auch Marco Thieroff, Leiter Personalwesen bei der Unternehmensgruppe Dr. Schneider, bestätigen. "Der ein oder andere möchte sich die Hände nicht schmutzig machen", sagt Thieroff. Er spricht damit auf den Umstand an, dass immer mehr junge Leute studieren wollen. Auch deshalb gibt es weniger Azubis. Thieroff empfiehlt jedoch immer, eine Ausbildung vor dem Studium zu machen. "Dadurch bekommt man ein ganz anderes Verständnis von der Materie", sagt Thieroff.
Kaufmännische Berufe beliebt
Seiner Erfahrung nach seien vor allem die kaufmännischen Berufe, wie Industriekaufmann, hoch im Kurs. Rund 55 Ausbildungsplätze bietet das Unternehmen an. Die Ausbildungsplätze in Kronach und Neuses seien alle besetzt. Am Standort Judenbach (Kreis Sonneberg) sei es schwieriger Bewerber zu bekommen.Thieroff schätzt, dass dies vor allem am Standort liegt, der weiter von Kronach entfernt ist. Dass der Ort der Ausbildung eine Rolle bei der Ausbildungswahl spielt, kann auch Matthias Klar von der Bundesagentur für Arbeit bestätigen. Es seien oft Freunde oder Familie, die die jungen Leute bei ihrer Berufswahl beeinflussen. Laut Klar ist es vielen beispielsweise wichtig, eine Ausbildung in der Nähe der Heimat zu finden.
Klassische Berufswahl
Was Pressesprecher Klar außerdem auffällt: Jungs wählen klassische Männerberufe. Mädchen entscheiden sich für kreative und serviceorientierte Berufe, wie beispielsweise Friseurin.Deshalb betont Klar, dass es für die Berufswahl wichtig ist, die Blickrichtung zu erweitern. "Man sieht oft gar nicht die ganzen schönen Berufe, die es gibt", sagt er. Viele würden die Vielfalt der Berufe gar nicht kennen. So streiche ein Maler nicht nur Wände, sondern müsse sich auch mit den technischen Neuerungen des Berufes befassen.
Um in der Ausbildung keine böse Überraschung zu erleben, empfiehlt Klar den Schulabgängern, vorab so viele Praktika wie möglich zu machen. So könne man schon vor der Ausbildung feststellen, ob der Beruf für einen selbst geeignet ist. "Viele fangen eine Ausbildung an und haben nicht einmal in den Beruf reingeschnuppert", sagt Klar.