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Bekommt der Landkreis Kronach die Biotonne?


Autor: Hendrik Steffens

LKR Kronach, Donnerstag, 08. Januar 2015

Seit Jahresbeginn muss Biomüll getrennt gesammelt werden. Was das EU-Gesetz vom Bürger verlangt, geht aus dem Gesetzestext nicht klar hervor. Für die Kronacher ändert sich aber nichts. Vorerst...
Mit dem 1. Januar gilt bundesweit eine strengere Sortierpflicht für Müll. Die Biotonne soll her. Ob sich das für den Kreis Kronach aber überhaupt lohnt, wird derzeit geprüft. Vor 2016 wird es keine neue Tonne geben, ob danach, wird sich zeigen. Foto: Fredrik von Erichsen/dpa


Kartoffelschalen, welke Salatblätter und faule Himbeeren - wer nicht gerade einen Komposthaufen im Garten hat, durfte solche Abfälle bisher in der schwarzen Restmülltonne entsorgen. Das 2012 in Kraft getretene Kreislaufwirtschaftsgesetz schreibt aber vor, dass mit Jahresbeginn 2015 Biomüll getrennt gesammelt werden muss - weil sich daraus wertvolle Energie beziehungsweise Naturdünger gewinnen lässt.

Bekommt nun also jeder Kronacher Haushalt zusätzlich zur schwarzen, gelben und grünen Tonne noch eine vierte für Biomüll? Oder müssen Kartoffelschalen und Co. ab sofort separat in der Küche gesammelt und zur Entsorgung von jedem Bürger selbst in den Wertstoffhof gebracht werden? "Das wird derzeit geprüft", meint Susanne Knauer-Marx, Leiterin des Sachgebiets Abfallwirtschaft beim Landratsamt Kronach.



Eine zusätzliche komplette Müllabfuhr würde Geld kosten und die Umwelt belasten
"Wir bräuchten zum Beispiel eine komplette zusätzliche Abfuhr", sagt die Expertin. Mindestens 14-tägig, im Sommer vielleicht wöchentlich, müssten die Biotonnen geleert werden. Das kostet Geld - was der Bürger zu spüren bekäme - und es belastet die Umwelt. Rechnen würde es sich nur, wenn genügend Biomüll-Aufkommen zu holen wäre. Und das sei fraglich. Aber bei der Entscheidungsfindung ist Kronach nicht allein.

Kronach bildet gemeinsam mit Coburg Stadt und Land und Lichtenfels den Zweckverband für Abfallwirtschaft (ZAW) Coburg. Rund 340 der 400 Stadt- und Landkreise in Deutschland haben bereits Biotonnen eingeführt. In den Kommunen des ZAW gibt es keine. Ebensowenig gibt es im Verbandsgebiet die notwendigen Biogasanlagen, wo derlei Abfälle verbrannt und zu Strom und Wärme umgewandelt werden können. Das Gesetz verlangt nämlich auch die "ordnungsgemäße Verwertung" der Bio-Abfälle. Eine Biogasanlage müsste also erst einmal gebaut werden. Knapp 15 000 Tonnen Bioabfälle bräuchte es laut Johannes Balk vom Coburger Entsorgungs- und Baubetrieb (CEB), um sie dann auch wirtschaftlich rentabel betreiben zu können. "Das schaffen wir nicht einmal im gesamten Verbandsgebiet." Bei 267 000 Einwohnern und einer jährlichen Pro-Kopf-Menge von 27 Kilo Biomüll, ergibt das knapp 7200 Tonnen.

Die nächstgelegenen Biogasanlagen stehen in Bamberg, Bayreuth und Würzburg. Abgesehen davon, dass fraglich ist, ob diese Anlagen überhaupt die Kapazitäten haben, um zusätzlichen Müll aus Coburg, Kronach und Lichtenfels aufzunehmen, bleibe auch die Frage nach der Anlieferung, so Balk. Wenn am Ende mehrmals in der Woche riesige Lastwagen kreuz und quer durch Oberfranken fahren müssen, um den Müll zu entsorgen, sei in Sachen Energiebilanz nichts gewonnen.

Gutachten wird erstellt
Der ZAW hat im Oktober letzten Jahres ein Gutachten in Auftrag gegeben. Es soll untersuchen, ob es sinnvoll ist, eine "relativ aufwendige Biomüll-Sammlung" auf die Beine zu stellen, sagt Balk. Mit dem Ergebnis rechne er noch im ersten Quartal des neuen Jahres (den Kronacher Kreisräten werden die Ergebnisse im April oder Mai zur Entscheidungsfindung vorgelegt). Erst dann werde entschieden, wie weiter verfahren wird. Die Tonne kommt, so schätzt Susanne Knauaer Marx, in Kronach frühestens 2016 - wenn überhaupt.

"Wir müssen es dem Bürger verständlich machen können. Ich erwarte nicht, dass sich jemand abends zwei Stunden hinsetzt, um seinen Müll zu trennen", so Balk. Konsequenzen, weil das Gesetz nicht eingehalten wird, müsse niemand befürchten. Das hätten die "Überwachungsbehörden" zugesichert.