Baumgärtner sieht Handlungsbedarf an Kronacher Klinik
Autor: Veronika Schadeck
Kronach, Montag, 12. Dezember 2016
MdL Jürgen Baumgärtner sieht Handlungsbedarf an der Helios-Frankenwaldklinik. Was besser werden muss, sagt er im Interview.
Es ist oft der Alltag, nicht nur in der Helios-Frankenwaldklinik: Ein Patient trifft auf überbelastetes Personal und auf einen Arzt, der der deutschen Sprache nicht mächtig ist. Oder: schwerkranker Patient trifft auf überfüllte Notaufnahme ... Für den CSU-Landtagsabgeordneten Jürgen Baumgärtner sind das Zustände, die er nicht mehr hinnehmen will. Was er im Besonderen an der Helios-Frankenwaldklinik und im Allgemeinen an den bayerischen Kliniken ändern will, um das Pflegepersonal und Ärzte zu entlasten, um aber auch die Pflege menschlicher werden zu lassen, darüber gibt er im Interview Auskunft.
Die Helios-Frankenwaldklinik kommt nicht zur Ruhe. Immer wieder klagen Mitarbeiter über schlechte Arbeitsbedingungen und Patienten über eine schlechte Versorgung. Zudem bleiben die Geschäftsführer nicht lange. Ist diese Situation für Sie als Gesundheitspolitiker akzeptabel?
Jürgen Baumgärtner: Zuerst einmal: Ich bin sehr froh, dass wir eine Klinik im Landkreis haben. In vielen Bereichen tut man der Helios-Frankenwaldklinik Unrecht. Die Patienten sollten allerdings dort bestmöglich versorgt werden. Die Bürger sollen Vertrauen haben, dass sie im Krankheits- und im Notfall in unserem Krankenhaus gut aufgehoben sind. Es gibt Teilbereiche in der Helios-Frankenwaldklinik, die hervorragend funktionieren, wie beispielsweise die Gynäkologie. Wo es hapert, sind die Bereiche der Inneren Medizin und der Notaufnahme. Auch besteht bei den Arbeitsbedingungen in der Klinik Handlungsbedarf.
Was können Sie beziehungsweise die Politik machen, um die Arbeitsbedingungen zu verbessern?
Ich räume ein, dass der Einfluss der Politik auf Personalentscheidungen in der Helios-Frankenwaldklinik aufgrund des fünfprozentigen Anteils des Landkreises sehr begrenzt ist. Wir in der Politik müssen uns aber mit Nachdruck für gute Arbeitsbedingungen einsetzen.
Wie ist das zu verstehen?
Na ja, zunächst muss man versuchen, mit konstruktiven Gesprächen Lösungen herbeizuführen. Zudem sollten wir unseren fünfprozentigen Anteil in der Kommunikation und Analyse stärker in die Waagschale legen.
Was heißt das konkret?
In der Helios-Frankenwaldklinik werde ich dafür kämpfen, dass in der Notaufnahme künftig neben einem Internisten auch ein Chirurg fest vor Ort ist. Ich bin auch sicher, dass der Betrieb einer Bereitschaftsdienst-Praxis, die 2017 etabliert werden soll, zu einer Entlastung der Notaufnahme führen wird. Dabei handelt es sich um eine Anlaufstelle für solche Fälle, in denen eine ärztliche, aber nicht zwingend klinische Versorgung notwendig ist.
Das Gesundheitswesen gehört zur Daseinsvorsorge. War es eine Fehlentscheidung, die Frankenwaldklinik zu privatisieren?
Ich war damals gegen die Privatisierung. Ich bin nach wie vor der Meinung, dass Kliniken in kommunaler Hand besser aufgehoben sind. Die Privatisierung kann jetzt aber nicht mehr rückgängig gemacht werden. Ich bin deshalb zunächst froh, dass jetzt mit Helios ein starker Partner im Landkreis investiert hat.
Was läuft falsch in der Klinik sowie im Gesundheitssystem?
In einer Klinik sollten die Menschen und deren Gesundheit im Mittelpunkt stehen und nicht das Management. Die Wohlfahrt wird der Gewinnmaximierung geopfert. Daher plädiere ich für eine Gewinnmarge bei Klinikkonzernen von maximal sechs Prozent. Alles, was darüber ist, sollte in das Personal - beispielsweise in Entlohnung, in Weiterbildungsmaßnahmen etc. - investiert werden. Es müsste des Weiteren ein Personalschlüssel eingeführt und ausschließlich Fachpersonal beschäftigt werden. Schwestern und Pfleger sollten Zeit finden, sich ihrer Aufgabe zu widmen, die Kranken körperlich und seelisch zu betreuen. Man muss der Ausbeutungsmaschinerie die Stirn bieten. Weiterhin gehören die Krankenkassen auf den Prüfstand. Geld ist im Gesundheitswesen genügend vorhanden, es wird nur falsch verteilt. Solche Möglichkeiten kann man mit veränderten Landes- und Bundesgesetzen schaffen.
Nun hört man ja immer von Schwierigkeiten an der Helios-Frankenwaldklinik ...
Das ist nicht nur in Kronach ein Problem. Es ist schwierig, Ärzte für den ländlichen Raum zu gewinnen. Ich begrüße es sehr, dass Ärzte aus dem Ausland bereit sind, in ländlichen Regionen zu arbeiten. Aber diese müssen unsere Sprache so gut sprechen, dass es nicht zu Missverständnissen im Arzt-Patienten-Gespräch und zwischen den Mitarbeitern in der Klinik kommt. Ich befürworte es deshalb sehr, dass das bayerische Gesundheitsministerium die Einführung eines Tests auf höherem Sprachniveau angekündigt hat.
Die Klinikgeschäftsleitung wechselt seit der Übernahme durch die Helios-Kliniken zum dritten Mal. Wie stehen Sie dazu?
Ich würde mir mehr Kontinuität wünschen. Die bisherigen Geschäftsführer hatten in der kurzen Zeit, in denen sie in Kronach waren, nur sehr eingeschränkt die Möglichkeit, sich umfassend einzuarbeiten. Hinzu kommt, dass sie nach Konzernvorgaben ein klares wirtschaftliches Ziel anzustreben hatte. Ich vermute aus diesen beiden Gründen, dass möglicherweise Entscheidungen getroffen wurden, die nicht immer die besten für das Krankenhaus, die Patienten und die Mitarbeiter waren.
Hat die Helios-Frankenwaldklinik überhaupt eine Zukunft?
Ja, denn wir brauchen unser Kreiskrankenhaus in Zukunft noch mehr. Deshalb müssen die Probleme gelöst werden. Auch werde ich mich weiterhin sehr dafür einsetzen, dass in die Klinik investiert wird - zumal es diesbezüglich hohe Förderungen gibt. Beispielsweise liegt die Förderquote beim Krankenhaus Lichtenfels bei 84 Prozent.