Bauer sein ist nichts für Dumme
Autor: Corinna Igler
Kronach, Montag, 11. Februar 2013
Traditionell am Rosenmontag besuchen Vertreter der Landwirtschaft unsere Redaktion und erklären, wo ihnen der Schuh drückt. Heuer ging es unter anderem darum, dass der Beruf immer technischer und damit auch anspruchsvoller wird.
Ein Landwirt ist auch ein Unternehmer. Und zwar heute mehr denn je. Das ist das Fazit des traditionellen Rosenmontagsgesprächs zwischen Vertretern der Landwirtschaft und unseren Redaktionsmitgliedern.
"Grüne Berufe sind Berufe mit Zukunft", ist sich Guido Winter, Leiter des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Kulmbach, sicher. Das haben viele auch schon erkannt, wie er unter anderem daran sieht, dass immer mehr Nicht-Landwirte, also Menschen ohne elterlichen landwirtschaftlichen Betrieb, eine Ausbildung oder ein Studium in diesem Bereich absolvieren.
"Der Landkreis war in Sachen Nachwuchs schon schlechter dran", stimmt Rainer Wittmann, Vorsitzender des Vereins für Landwirtschaft, zu und ergänzt: "Es sind durchaus Leute da, die bereit sind, im Bereich Landwirtschaft weiter zu machen". Und der Bedarf werde weiter steigen, ist er überzeugt.
Und größere Betriebe heißt nicht gleich schlecht, sagt Kreisobmann Erwin Schwarz. "Es ist nicht gerecht, dass Massentierhaltung so negativ ausgelegt wird", wehrt er sich gegen dieses Vorurteil. Vielmehr als die Größe eines Betriebs seien die Bedingungen entscheidend. "Auch wenn mehr Kühe im Stall stehen, werden sie bestens betreut. Durch die technischen Mittel in größeren Ställen kann der Bauer sogar oft besser einschätzen, was einem Tier fehlt."
Gute Tierhaltung und moderner Betrieb schließen sich deshalb nicht aus, und um wettbewerbsfähig zu bleiben, müsse man eben auch größer werden. "Das ist wie in anderen Unternehmen auch", sagt Schwarz. So brauche es eine gewisse Anzahl an Tieren, damit sich ein landwirtschaftlicher Betrieb auch rechnet. Schwarz nennt als Beispiel einen Stall in Glosberg. Zwei Bauern haben diesen gemeinsam gebaut, für einen allein wäre die Investition zu groß gewesen und mit ihren kleinen Höfen hätten wohl irgendwann beide keine Zukunft gehabt.
Natürlich bedeute ein großer Betrieb mit beispielsweise einem Melkroboter, einer automatischen Futtervorlage oder einer automatischen Brunsterkennung eine gewisse Investition. Rainer Wittmann, der auf seinem Hof in Steinbach an der Haide selbst einen Melkroboter in Betrieb genommen hat, spricht von etwa 10.000 Euro pro Kuh-Platz.
"Natürlich können solche Investitionen nicht mit einem Milchpreis von 31 Cent erwirtschaftet werden. Das Ganze wird zwar gefördert, aber trotzdem ist das Risiko nicht unerheblich", so Wittmann, der erklärt, dass sich eine solche Anlage wohl erst nach 20 bis 25 Jahren amortisiert. "Aber neben dem Risiko birgt eine solche Investition natürlich auch Chancen", ergänzt Guido Winter.
Und durch die ganzen technischen Entwicklungen in der Landwirtschaft werde auch der Bauer immer stärker gefordert, weiß Erwin Schwarz. "Wie es früher oft hieß, dass der Dümmste Bauer machen kann, das kann man heute definitiv nicht mehr sagen - im Gegenteil."
Und letztlich heißt Landwirtschaft auch nicht zwangsweise, Bauer zu werden. Da gibt es noch ganz andere Möglichkeiten, wie Agraringenieur, Kontrolleur oder Tätigkeiten in einer Verwaltung, im Amt für Landwirtschaft beispielsweise, im verarbeitenden Gewerbe, in Molkereien oder auch im Bereich der erneuerbaren Energien, nennen die Vertreter nur einige Beispiele.
Und Guido Winter verweist auch die schnellen Entwicklungsmöglichkeiten in der Landwirtschaft.
Berufliche Möglichkeiten gibt es auch beim Maschinenring, weiß dessen Vorsitzender Frank Menzner. Schließlich unterstützt der Maschinenring die landwirtschaftlichen Betriebe, indem er unter anderem bei Ausfällen Betriebshelfer für den betreffenden Hof organisiert. "Wir sind zwar ein Verein, aber mit wirtschaftlichen Tätigkeiten", erklärt Menzner. Die eingesetzten Betriebshelfer erhielten einen Stundenlohn von circa 15 Euro netto. "Auch wenn die Fahrtkosten nicht mehr erstattet werden, ist das eine tolle Sache, schließlich bekommt man einen solchen Stundenlohn nicht überall", weiß Guido Winter.
Doch auch hier sind die Anforderungen andere als früher, erklärt Frank Menzner: "Man braucht keinen mehr, der mit einer Mistgabel im Stall steht, sondern jemanden, der einen Trecker mit Joystick oder einen Melkroboter bedienen kann."
Schwarzwild: "Lösung muss her"
Das Schwarzwild ist ein Thema, das den Landwirten Bauchschmerzen bereitet. Wildschweine verursachten oft hohe Schäden auf den Feldern der Landwirte. Allein drei Hektar landwirtschaftliche Fläche von 23 seien beispielsweise Rainer Wittmann, VfL-Vorsitzender, heuer durch Wildschäden verloren gegangen. "Das geht ins Geld", sagt er.
Der Bauernverband versuche deshalb derzeit mit der Jägerschaft eine Lösung für dieses Problem zu finden. "Beim Rotwild gilt beispielsweise ,Wald vor Wild‘, weil dieses den Baumbestand schädigt, also wird Rotwild beschossen", erklärt Frank Menzner vom Maschinenring und Guido Winter vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, ergänzt: "Die Zahl der Wildschweine nimmt seit 20 Jahren ständig zu und die Schäden werden dadurch immer schlimmer, die Grünflächen werden durchwühlt - und das ist ein enormer Aufwand, diese Fläche wieder zu regenerieren."
Das Problem aus Sicht der Landwirtschaft-Vertreter: Die Jäger sind der Meinung, die Bauern bauen zu viel Mais an. Umgedreht sind die Landwirte der Meinung, die Jäger schießen zu wenig Schwarzwild.
"Jetzt versuchen wir uns anzunähern. Es gibt Überlegungen, ob die Jäger nicht womöglich doch Nachtsichtgeräte einsetzen dürften, was bislang in Deutschland verboten ist, oder, ob mehr Drückjagden veranstaltet werden sollen, um das Schwarzwild zu bekämpfen und damit den Schäden für die Bauern entgegenzuwirken", erklärt Guido Winter. Um eine Lösung zu finden, müssten Landwirte, Jäger und Behörden alle an einem Strang ziehen, meint Rainer Wittmann.
Unterrichtsfach gefordert
"Wo lernt ein Kind noch den Umgang mit Lebensmitteln", fragt Kreisbäuerin Rosa Zehnter. Hauswirtschaftliche Kenntnisse werden nicht mehr selbstverständlich im Elternhaus vermittelt, wie dies früher der Fall gewesen sei. Sie vertritt die Auffassung, dass man dies Kindern in der Schule beibringen müsse und schließt sich damit der Forderung der Landfrauen des Bayerischen Bauernverbandes an, die ein Unterrichtsfach "Alltags- und Lebensökonomie" fordern.
Inhalte eines solchen Faches sollten in Theorie und Praxis sein: Ernährungs- und Gesundheitsbildung, Verbraucher- und Konsumbildung, finanzielle Allgemeinbildung, Leben in der Gemeinschaft, Haushalt und Familienpflege, Wirtschaften in der Gesellschaft und Nachhaltigkeit.
"Statt sich Essen für die Mittagsbetreuung liefern zu lassen, könnte ein Fachlehrer beispielsweise auch mit den Kindern selbst kochen", so Rosa Zehnter.
Um die Kinder auch mehr an die Landwirtschaft heranzuführen, wird vom Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten für Dritt- und Viertklässler das Programm "Erlebnis Bauernhof" angeboten. Dabei können die Kinder einen Tag auf dem Bauernhof verbringen und erleben, wo und wie Lebensmittel erzeugt werden.Unter www.aelf-ku.bayern.de können interessierte Lehrkräfte teilnehmende Bauernhöfe finden und ihre Klasse anmelden. Und für die Jüngeren bieten die Bauernhöfe vom 10. bis 23. Juni unter dem Motto "Wo wächst mein Mittagessen?" einen Einblick an.
Termin
Am 12. Mai findet in Tiefenklein der Tag des offenen Dorfes statt. Dabei gewähren die dortigen Landwirte einen Einblick in die Arbeit auf einem Bauernhof. "Damit wollen wir zeigen, wie die Landwirtschaft funktioniert", so Kreisobmann Erwin Schwarz.