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Banken verlangen Gebühr für Münzrollen - Kritik an EU-Vorgaben


Autor: Friedwald Schedel

LKR Kronach, Montag, 01. Juni 2015

Wer 50 Ein-Cent-Münzen abgepackt haben will, muss eine Gebühr zwischen 25 und 50 Cent zusätzlich zahlen. Die heimischen Banken geben der EU die Schuld an den hohen Kosten. Die Bankvertreter erzählen, was sie alles beachten müssen und wie schlimm die Bürokratie geworden ist.
Wer von der Bank Münzrollen holt, muss dafür pro Rolle 25 bis 50 Cent zahlen, egal, ob es sich um Ein-Cent- oder Zwei-Euro-Münzen handelt.   Foto: Friedwald Schedel


"Da holt man sich als Geschäftsmann eine Rolle Centstücke im Wert von 50 Cent bei der Bank - und muss dafür eine Gebühr von 25 Cent zahlen." Harald Lappe versteht die Welt nicht mehr. Der Optikermeister reinigt in seinem Geschäft in der Kronacher Rosenau Brillen und richtet deren Gestelle auch noch nach Jahren, ohne auch nur im Traum daran zu denken, dafür eine Gebühr zu verlangen. Auch wenn er Verbrauchsteile wie Pads ersetzt, kostet das nichts.

Die Banken nehmen Geld für die Ausgabe von Münzgeld in Rollen - meistens. Dabei hat Harald Lappe noch Glück. Als Bankkunde muss er nur 25 Cent pro Rolle - egal, ob da Ein-Cent-Stücke oder Zwei-Euro-Münzen drin sind - berappen, als Nichtkunde würde ihn das je 50 Cent kosten.

Karin Elsel von der Raiffeisen-Volksbank Kronach-Ludwigsstadt verweist auf den großen bürokratischen Aufwand, der den Banken von der Europäischen Union auferlegt worden ist. "Die Geldinstitute müssen alle eingenommenen Münzen, die wieder ausgegeben werden sollen, vorher auf Echtheit und Umlauffähigkeit prüfen", beschreibt die Raiffeisen-Volksbank-Marketingleiterin das Procedere. Die Bankmitarbeiter habe man schulen, neue Prüfmaschinen, die die Anforderungen erfüllen, anschaffen müssen. Durch die Schulung erwerben Bank-Mitarbeiter ein auf zwei Jahre befristetes Zertifikat, das sie als "geschultes Personal" im Sinne der neuen Münz-Verordnung ausweist.

30 Cent pro Rolle an Kosten

Bei der Raiffeisen-Volksbank wird die Gebühr seit Mitte März erhoben, bei der Sparkasse Kulmbach-Kronach schon seit fast vier Jahren. Probleme gab es nach Auskunft von Kerstin Emrich, der Leiterin der Unternehmenskommunikation, wenige. Und wenn, dann bei Privatkunden. Bei Geschäftskunden sei die Akzeptanz inzwischen flächendeckend, "weil sich Groß- und Privatbanken deutlich aus dem personal- und kostenaufwendigen Münzgeldgeschäft zurückgezogen haben". Das Entgelt muss verlangt werden, weil die Bank für die Bargeldlogistik, die gestiegenen Kosten für Transport- und Sicherheitstechnik, etwa 30 Cent pro Rolle ausgibt.

Da schreit keiner "Hurra!"

Gebietsdirektor Robert Porzelt von der Sparkasse in Kronach kann sich nicht vorstellen, dass durch das Fälschen von Münzen ein großer volkswirtschaftlicher Schaden entsteht. "Wenn ich im Supermarkt an der Kasse mit Münzgeld zahle, dann gibt das die Kassiererin auch ohne große Prüfung an die Kunden auch wieder raus", versteht Porzelt die den Banken auferlegte Bürokratie nicht. Diese koste die Sparkasse viel Geld, weil nur spezielle Maschinen und extra geschulte Mitarbeiter für die Münzgeldprüfung eingesetzt werden dürften. "Das, was wir am Schalter einnehmen, dürfen wir nicht so einfach wieder rausgeben." Das Münzgeld müsse sich die Sparkasse über Drittfirmen besorgen und das koste sie Gebühren, die zum Teil an die Kunden weitergegeben werden müssten.

"Wenn Du Gebühren einführst, schreit keiner ,Hurra‘", erinnert sich Porzelt an die Einführung der Gebühren vor vier Jahren. Insgesamt sei das aber problemlos über die Bühne gegangen. Der Gebietsdirektor verwies darauf, dass - obwohl der Sparkasse Kosten entstehen - von Vereinen, Schulen, Kindergärten, gemeinnützigen Einrichtungen und der Kirche keine Gebühren für Münzgeldrollen verlangt werden.

Keine Gebühr kostet die Ausgabe von Münzrollen bei der Flessa-Bank in Kronach für die Kunden. Und das soll laut Auskunft der Zweigstelle auch so bleiben. Nichtkunden erhalten keine Münzrollen. Wenn allerdings ein Passant in die Filiale kommt und ein Geldstück oder einen Schein gewechselt haben will, dann kriegt er natürlich das nötige Kleingeld ohne Extrakosten.

Die Bundesbank will laut Insider-Informationen die Münzversorgung schrittweise zurückfahren, zieht sich seit 2011 aus der flächendeckenden Bargeldversorgung zurück. Seit dieser Zeit werden Münzen nur noch in tonnenschweren "Normcontainern" abgenommen. Ein Normcontainer für Ein-Euro-Münzen enthält zum Beispiel 75.000 Geldstücke. Die liegen da aber nicht lose rum, sondern sind gerollt und mehrere Rollen in Folie eingeschweißt. Aber welcher Privatmann oder Geschäftsmann im Kreis Kronach braucht schon einen Normcontainer an Münzen auf einen Schlag? Und hier kommt wieder die Sparkasse Kulmbach-Kronach als Marktführer vor Ort ins Spiel. Sie ist Eigentümer des Münzgeldpools und versorgt benachbarte Sparkassen und Genossenschaftsbanken.

Zertifizierte Zählmaschinen

Seit die Bundesbank die kostenlose Versorgung mit Rollengeld eingestellt hat, müssen manche Geldinstitute über einen Drittanbieter rollen lassen - und das kostet sie Geld. Wenn sie das selber machen, muss auch das Personal bezahlt werden. Die Deutsche Bundesbank bestätigt auf ihrer Website, dass von Kreditinstituten nicht mehr irgendwelche Münzsortierer, sondern nur noch zertifizierte Zählmaschinen eingesetzt werden dürfen.

Übergangsfrist ist ausgelaufen

Laut der EU-Verordnung für Münzrollenfertiger dürfen diese nur von geschultem Personal bedient werden. Diese Regelung trat zwar vor Jahren in Kraft, dafür galt jedoch für nicht zertifizierte Münzbearbeitungsmaschinen eine Übergangsfrist. Diese ist nun ausgelaufen. Zur Überprüfung der Umsetzung will die Bundesbank mit Vor-Ort-Kontrollen die Einhaltung der neuen Münz-Regeln überwachen. Verstöße gegen die neue Münzen-Ordnung sollen mit einem Bußgeld von bis zu 20.000 Euro geahndet werden.


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