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Axel Schrepfer ist "Hahnenkönig" in Neuses


Autor: Heike Schülein

Neuses, Donnerstag, 05. Sept. 2013

Der Glückspilz traf im zweiten Anlauf. Die Neuseser Kerwa endete mit dem Hahnenschlag. Bei den Kindern siegte Daniel Kasymbekov.
Ehrenrunde des neuen "Hahnenkönigs" Axel Schrepfer nach seinem Triumpf. Geschoben wird er vom Vorjahres-Sieger, "Hahnenkaiser" Fred Blinzler.


Volltreffer! Gerade eben war Axel Schrepfer noch knapp gescheitert. Mit einem Dreschflegel hatte er versucht, auf einen Blecheimer zu schlagen - mit verbundenen Augen versteht sich und erst nachdem er einige Male um die eigene Achse gedreht worden war. Doch er verfehlte sein Ziel um wenige Zentimeter. Wie es der Zufall so wollte, wurde sein Los aus allen Bewerbern um den "Hahnen-Thron" gleich noch einmal gezogen.

Und der Dreschflegel-Kämpfer nutzt seine zweite Chance: Nur kurz irrt er umher, dann schlägt er - den Rufen des Publikums: "Nach vorne! Geradeaus!" folgend - die richtige Richtung ein. "Noch einen Schritt zurück", hört er die Leute schreien und schließlich "Stopp, hau drauf!" Der "Hahnentöter" holt mächtig aus, schleudert den Stiel des Dreschflegels in die Höhe und schlägt zu. Volltreffer! Das Publikum tobt und applaudiert seinem neuen Regenten.



Kein echter Hahn

Natürlich ging es auch heuer im Flößerdorf keinem echten Hahn an den Kragen. Der lebende Gockel konnte von seinem gemütlichen Korb aus dem illustren Treiben auf dem Flößerplatz entspannt zuschauen. Dennoch hatte das Maskottchen gleich mehrere "große Auftritte". So wurde der Hahn zunächst beim dem Spektakel vorausgehenden Zug in seinem Korbkäfig dem Vorjahres-Regenten Fred Blinzler auf den Rücken geschnallt, bevor das Duo - unter Begleitung durch die Flößerkapelle Neuses - auf einem selbstgebauten Thron durch die Straßen geschoben wurde. Tradition ist es auch, dass der neue Hahnenkönig unmittelbar nach seinem Triumph mit dem Federvieh "auf dem Rücken" eine Ehrenrunde auf dem Flößerplatz dreht. Und schließlich wurde der Hahn zu späterer Stunde an den Meistbietenden versteigert.

Axel Schrepfer wird gewiss in die nunmehr 80-jährige Kerwa-Geschichte eingehen, eroberte er doch den begehrten Hahnen-Thron just im Jubiläumsjahr. Die Fußstapfen sind groß, denn er tritt die Nachfolge von Fred Blinzler an, der insgesamt vier Mal und zuletzt zwei Jahre in Folge den Titel einheimste und angesichts dieser Leistung 2012 zum "Hahnenkaiser" ernannt wurde. Der entthronte Regent, der heuer nicht zum Zug kam, wird es bestimmt verschmerzen können - schließlich bleibt der Titel in der Familie. "Fred Blinzler ist mein "Schwiegeropa", also der Opa meiner Frau", erklärt Axel Schrepfer, der mit seinem Erfolg nicht gerechnet hat. "Ich habe heuer zum ersten Mal mitgemacht. In den vergangenen Jahren habe ich mich mehr oder weniger gedrückt", verrät er schmunzelnd. Ein Erfolgsrezept hat der Neuseser, der noch nie zuvor einen Dreschflegel in der Hand gehalten hatte, nicht. "Das ist Glückssache. Den Eimer findet man - trotz verbundener Augen - durch die Zurufe des Publikums. Man weiß schon, wo er steht. Das Schwierige aber ist das Draufhauen und das Treffen. Das war einfach Glück", gibt er sich bescheiden.

Fischereiverein war verantwortlich

Den Hahnenschlag in Neuses gibt es ebenso lange wie die Kerwa. Für seine Ausrichtung war heuer der Fischereiverein Neuses verantwortlich. Wer sich am Hahnenschlag beteiligen will, kann Lose erwerben. Die Teilnehmer werden ausgelost. Jeder hat nur einen Versuch. Falls dieser misslingt, kommt der nächste Losbesitzer an die Reihe - heuer zufälligerweise erneut Axel Schrepfer.

Vor den "Großen" durften auch die Kinder bei der Ermittlung des Kinder-Hahnenkönigs ihre Treffsicherheit unter Beweis stellen. Heuer war es eine reine Jungen-Angelegenheit, da die Mädchen nicht wollten. Und die Jungs machten es spannend. Viele potenzielle Hahnen-Töter verfehlten mit ihrem etwas kleineren Dreschflegel das Ziel nur knapp. Der letzte Bewerber machte schließlich das Rennen - Daniel Kasymbekov aus Neuses, der mächtig stolz war. Der Zwölfjährige scheint - ebenso wie Schrepfer - ein Naturtalent zu sein, denn auch er machte zum ersten Mal mit. "Dass ich mitmache, habe ich spontan entschieden. Ich hatte einfach Lust. Meine Kumpels haben mir dann geholfen und zugerufen, wo ich hinlaufen soll. Dann habe ich ausgeholt und getroffen", erzählt er strahlend.

Der lebende Hahn wurde versteigert. Den Zuschlag erhielt der Neuseser Jens Jagusch mit einem Gebot von rund 150 Euro für die Vereinskasse des Fischereivereins.

Kinderfloß-Olympiade

Ein neuer Programmpunkt war heuer eine Kinderfloß-Olympiade, die vom Flößerverein Neuses organisiert wurde. Hierfür wurden Mini-Floße an der Neuseser Kirche zu Wasser gelassen. Zieleinlauf war der Festplatz. Es gewann, dessen Floß zuerst dort ankam. Auf Grund der zahlreichen Teilnehmer wurde in vier Gruppen gestartet. Der Reinerlös geht an den Neuseser Kindergarten.

Ergebnisse der Kinder-Floßolympiade: Sieger der vier Gruppen. 1. Gruppe: 1.Tristan Richter, 2. Luzy Schedel, 2. Gruppe: 1. Lisa Bernschneider, 2. Lina Küfner, 3. Gruppe: 1. Benedikt Dorsch, 2. Michael Blinzler, 4. Gruppe: 1. Emil Schmidt, 2. Noak Schrepfer.

Mehr als zufrieden mit dem Verlauf der Kerwa waren der Vorsitzende der Feuerwehr Neuses, Michael Zwingmann, und sein Stellvertreter Roland Schedel. "Das war eine grandiose Kerwa. An jedem Tag waren viele Leute da - und zwar alle Generationen", freuten sie sich. Besonders hervorzuheben seien das Gemeinschaftsgefühl der Neuseser Bürger sowie die hervorragende Zusammenarbeit mit den Vereinen bei der Programmgestaltung. Auch die Absprache mit den Gaststätten funktionierte sehr gut.

Gewinner des Dieter Reinhard-Pokals beim historischen Bulldog- und Motorradtreffen am Sonntag wurde Ralf Oßmann mit einem Unimog der Feuerwehr Thonberg. Da alle Aussteller im Vorfeld viel Arbeit in die Fahrzeuge gesteckt hatten, wurde von einer Jury-Bewertung abgesehen und der Sieger per Los ermittelt. Der Pokal wurde in Erinnerung an den verstorbenen Ehrenkommandanten und Ehrenkreisbrandmeister Dieter Reinhard gestiftet.

Der Hahnenschlag ist ein alter Brauch

Hahnenschlag Der Brauch geht zurück ins Mittelalter, als mit dem Schlegel tatsächlich Hähne zur Strecke gebracht wurden. Damals wurden die alten Germanen herangezogen, die angeblich ihrem Gott Wodan zu ehren einen Hahn opferten.

Legende Man muss diese - im Bereich der Mythologie anzusiedelnde - Deutung als Legende bezeichnen. Man nimmt an, dass es sich beim Hahnenschlag um die frühe Übernahme eines Erntebrauchs in den Kirmesbrauch handelt.

Brauch Heute ist Hahnenschlagen ein Brauch auf Dorffesten. Oft wird dabei ein Hahn in eine Grube gesetzt, die mit einem Topf bedeckt wird. Der "Hahnenschläger" muss versuchen, mit verbundenen Augen den Topf zu finden und ihn mit einem Dreschflegel zu zerschlagen. Teilweise muss der Hahn anschließend noch gefangen oder ebenfalls erschlagen werden.

Attrappen Ähnliche Bräuche sind seit 1560 überliefert. Wegen des Widerstands von Tierschützern wird er heute meist nicht mehr mit lebenden Hähnen, sondern mit Attrappen praktiziert.

Dreschflegel Das alte bäuerliche Werkzeug diente zum Dreschen des Getreides nach der Ernte, um die Getreidekörner der Weiterverarbeitung zuführen zu können. Er besteht aus einem hölzernen Stiel, an dem, mittels eines beweglichen Bauteils, der eigentliche Flegel befestigt ist. Dieser ist ein rund sieben Zentimeter dicker, grob bearbeiteter Holzprügel aus Hartholz. Mit dem Stiel wurde der Dreschflegel so durch die Luft geschleudert, dass die vorne angebrachte Keule mit großer Kraft auf die am Boden liegenden Getreidebündel aufschlug. Dadurch wurden die Getreidekörner aus den Ähren herausgeschlagen.