Auf Spurensuche in Weißenbrunn
Autor: Dominic Buckreus
Weißenbrunn, Mittwoch, 04. Januar 2017
Im Garten von Alfred Hoffmann aus Weißenbrunn macht sich seit geraumer Zeit ein Biber zu schaffen. Er macht dem Tier sogar ein besonderes Geschenk.
Im Garten von Alfred Hoffmann aus Weißenbrunn tauchen plötzlich mysteriöse Löcher im Boden und in der Hecke auf. Äste von Weiden sind spitz angefressen, überall liegen Späne im Gras. Dann hat es auch den Apfelbaum erwischt: Die Rinde ist angeknabbert. Hoffmann kann die Zeichen zunächst nicht deuten - bis er im Leßbach, unterhalb des Grundstücks, die Erklärung schwimmen sieht: ein Biber.
Etwa ein Jahr sei das her, erzählt Hoffmann. Er hat den Baum daraufhin mit Hasendraht umwickelt. "Dann war Ruhe", sagt er. Am Ortsausgang Richtung Kulmbach macht er dabei Nahe eines Teiches, hinter dem Quarzsandwerk, eine weitere Entdeckung: Der Biber hatte im Fluss einen Damm errichtet.
Später wurde er dann gefangen. Wegen Hochwassergefahr - und damit versicherungstechnischen Gründen. So hatte es ihm jedenfalls das Landratsamt damals mitgeteilt, erklärt Hoffmann.
Kaum aufzuhalten
Engelbert Singhartinger von der Unteren Naturschutzbehörde am Landratsamt Kronach erklärt das so: "Dämme sind dort problematisch, wo angrenzende Nutzflächen vernässt oder überstaut werden, oder wo der Hochwasserabfluss gefährdet ist." Auch der Damm verschwand eines Tages. Damit war der Spuk für Hoffmann aber nicht vorbei. Vor einigen Wochen nagte wieder etwas an seinem Apfelbaum. Wieder zäunte er ihn ein. Diesmal kletterte der Biber scheinbar über den Draht. "Die Rinde war oberhalb etwas weg", sagt Hoffmann. Im Winter ernähren sich Biber hauptsächlich von Rinde, da sie kaum mehr Früchte finden. Kurz darauf hatte der Biber das Gitter ganz auseinandergerissen.
Einen solchen Verbissschutz schlägt auch Singhartinger vor. Oder ein milchig, transparenter Schutzanstrich mit dem Mittel "Wöbra". Das müsse aber regelmäßig erneuert werden. "Alle Vergrämungsmaßnahmen helfen erfahrungsgemäß nur kurzfristig", gibt Singhartinger zu bedenken. Töten darf man den Biber übrigens nicht. Der einst in Deutschland fast ausgerottete Nager steht unter Naturschutz.
Immer mehr Biber in Kronach
Ob es sich nun um den selben Biber oder um einen zweiten handelt, wisse Hoffmann nicht. Während der erste sich öfter im Fluss gezeigt habe, sei der jetzige zumindest recht scheu. Immerhin ließ er sich von der aufgestellten Wildkamera ablichten. Vielleicht seien es schon immer zwei gewesen.Etwa 30 bis 50 Biber leben zurzeit im Landkreis, schätzt Singhartinger, "Tendenz steigend". Sie siedeln vor allem entlang der Flusstäler der Steinach, Haßlach, Kronach und Rodach. Dort gibt es einige bekannte Reviere und Spuren. Im Lamitztal gebe es "beeindruckende Dämme" mit 50 Metern Länge zu sehen.
Natürliche Feinde haben nur die Jungtiere, erklärt Singhartinger. Für Greifvögel, Raubfische, Mink oder Fuchs sind sie eine Delikatesse. Gefährdet werde die Population dadurch aber nicht. "Verkehrsunfälle dürften wohl die häufigste Todesursache sein", neben dem Tod aus Altersgründen, sagt Singhartinger. Sieben überfahrene Biber wurden im Landkreis bisher gemeldet.
Mittlerweile hat das Tier den Apfelbaum in seiner typischen Weise kreisrund abgenagt. Und Hoffmann will ihn nicht mehr schützen: "Wir haben sowieso überlegt, ob wir den Baum nicht wegmachen. Meine Mutter hat dann gesagt 'Ach komm, weil Weihnachten ist, schenken wir ihm den Baum'."
Auch beim Nachbarn war der Biber fleißig. Drei tiefe Löcher hat er gebuddelt, die hinunter zum Fluss führen. "Biber graben vom Gewässer aus Röhren in das Ufer. Diese können Zugänge zu Bauen oder Burgen sein. Es kann sich aber auch um kurze Fluchtröhren handeln", sagt Singhartinger. Wühlt der Biber unter Nutzflächen, könne das gefährlich werden, etwa weil Traktoren einbrechen könnten. Solche Schäden habe es im Landkreis aber noch nicht gegeben.
Er gibt nicht auf
Alfred Hoffmann möchte nun die Stelle zeigen, an der einst der Biberdamm stand. Auf dem Waldweg entlang des Leßbachs, am Quarzsandwerk vorbei, hat der Biber überall Spuren hinterlassen. Von vielen Bäumen ist nur noch der Stamm übrig geblieben. Manche halten den nächtlichen Nageaktivitäten noch - mehr oder weniger - stand. Und alle paar Meter führt ein schmaler Trampelpfad von den Bäumen hinunter zum Fluß, genauso wie in Hoffmanns Garten. Am Ziel angekommen, staunt Hoffmann nicht schlecht: Wieder liegen Äste im Fluss. Der Biber baut einen neuen Damm. Wie sein mutmaßlicher Vorgänger, abermals an fast der gleichen Stelle im Leßbach.
Der Biber - erst fast ausgerottet, dann rasant ausgebreitet
Biberjagd Das Drüsensekret "Bibergeil" wurde im Mittelalter als Schmerzmittel verwendet. Da er im Wasser lebt und einen schuppigen Schwanz hat, wurde der Biber lange als Fisch betrachtet und in der Fastenzeit verzehrt. Im 17. Jahrhundert war das Biberfell in der Modewelt sehr beliebt. Ansiedlung Von 1966 bis 1982 wurden in Bayern 120 Biber freigesetzt. In Oberfranken hat er sich zuerst im Landkreis Bayreuth wieder angesiedelt.
Ausbreitung 2010 waren im Landkreis Kronach drei Biberreviere bekannt. Heute sind es bereits sechs mit 30-50 Tieren. In fünf weiteren Orten wurden Biberspuren gefunden.
Größe Biber können bis zu 1,40 Meter lang und 40 Kilo schwer werden. Sie leben zehn bis 15 Jahre. Ihr Revier entlang der Fließgewässer kann ein bis vier Kilometer lang sein.
Quelle: Regierung von Oberfranken