Auch Kronacher Kinder haben bald Recht auf einen Krippenplatz
Autor: Vanessa Schneider
Kronach, Freitag, 12. Juli 2013
Derzeit werden im Kreis Kronach viele Krippen geschaffen. Gründe sind ein neues Gesetz ab August und der steigende Bedarf an Betreuungsplätzen für Kinder unter drei Jahren.
Baustellen begeistern Kinder. Super, wenn die direkt vor der Haustür sind. Große Bagger fahren durch die Gärten. In vielen Kindergärten wird derzeit an- und umgebaut. Teilweise werden die Gruppen in Turnhallen und Container untergebracht.
Der Grund für die vielen Baustellen ist ein neues Gesetz: Ab 1. August haben Eltern für ihre unter dreijährigen Kinder einen Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz. Die Kommunen müssen dafür sorgen, dass genügend Plätze zur Verfügung stehen.
Michaela Schneider, Fachaufsicht für Kindertagesstätten beim Kreisjugendamt Kronach, hat keine Sorge, dass sich bald die Klagen auf dem Tisch stapeln. Schon seit 1996 besteht der Anspruch auf einen Kindergartenplatz bei über Dreijährigen. Doch seither hat noch niemand im Kreis Kronach deswegen geklagt. In Kronach sind die Krippen nach Angaben von Schneider ausgebucht, auf dem Land, vor allem im nördlichen Landkreis, haben Eltern vereinzelt noch Glück. "Die Kommunen unterstützen so sehr sie können", erklärt Michaela Schneider. Bisher habe man auch immer versucht, individuelle Lösungen zu finden.
Sie weist auch daraufhin, dass nicht plötzlich ein großer Bedarf da ist, der nicht gedeckt werden kann. Zwar beginnt im September das neue Kindergartenjahr, doch ein riesiger Ansturm ist eher nicht zu erwarten, weil der Bedarf der Eltern schon länger währt.
Seit 2007 stieg die Zahl der Kinder unter drei Jahren, die einen Krippenplatz benötigen, um 33 Prozent. Die Zahlen stammen aus Erhebungen des Landratsamts. Im Vergleich dazu stieg die Zahl der Geburten im Kreis Kronach während dieses Zeitraums aber nicht an. Es zeigt sich: Immer mehr Eltern wollen oder brauchen für ihr Kind einen Krippenplatz.
Bedarf muss ermittelt werden
Doch wie viele genau, das ist schwer zu ermitteln. Die Eltern sind schließlich nicht verpflichtet, ihr Kind in der Krippe betreuen zu lassen. So kann man von den Geburten nicht auf den Platzbedarf in den Krippen schließen.
Michaela Schneider und ihr Kollege beobachten daher auch bundes- und landesweite Trends. Hinzu kommt eine kommunale Bedarfserhebung. Das Landratsamt hat deshalb den Forschungsbund des Deutschen Jugendinstituts und der Technischen Universität Dortmund beauftragt, den Bedarf nach Krippenplätzen im Landkreis zu ermitteln. Der Brief ging an 1500 Eltern im Kreis Kronach. Bis Mitte Juli sollen die Fragebögen ausgewertet sein, dann weiß Michaela Schneider mehr. "Je mehr Eltern mitmachen, desto besser kann der Bedarf ermittelt werden", erklärt Schneider. Und nur so wissen die Kommunen dann, wie viele Plätze noch gebraucht werden.
Aufwendiger und teuerer
In Gemeinden ohne Krippen war es bisher auch möglich, dass Kinder unter drei Jahren betreut werden. Jedoch: Die Betreuung der Kleinsten ist aber aufwendiger und teuerer, so dass ein Kind unter drei Jahren zwei Regelplätze beanspruchte. Dadurch fehlten wieder Plätze für ältere Kinder. Noch vor wenigen Jahren gab es wenig Interesse an Kinderkrippen. Das habe sich mittlerweile verändert.
In jüngster Zeit hat Michaela Schneider auch zwei weitere Beobachtungen gemacht: Mittlerweile gibt es Eltern, die befürchten, sie verwehren ihren Kindern einen Teil der frühkindlichen Bildung, wenn es keine Krippe besuchen darf. Doch in erster Linie sollen die Plätze geschaffen werden, um berufstätige Eltern zu entlasten und ihnen überhaupt das Arbeiten zu ermöglichen. Insbesondere jungen Müttern und Alleinerziehenden soll so geholfen werden.
Bedarf verdoppelte sich
Noch eine weitere Beobachtung zeigt, wie der Bedarf an Krippenplätzen wächst. Michaela Schneider erinnert sich an Gemeinden, die genau so viele Plätze geschaffen haben wie nötig gewesen wären. Doch dann kamen auch andere Eltern auf den Geschmack. In kürzester Zeit verdoppelte sich der Bedarf und die Gemeinde musste nochmals anbauen. Doch so gut sich die Neuregelung auch anhört, die Rechtslage nicht ganz eindeutig, weiß Michaela Schneider.
Beispielsweise ist nicht klar, wie weit jemand fahren muss, um sein Kind in die Krippe zu bringen. Für eine junge Mutter ohne Auto ist es auf dem Land gar nicht möglich, ihr Kind in eine Krippe zu bringen, die eine halbe Stunde entfernt liegt. Es ist nicht eindeutig geregelt, welcher Fahrtweg für Eltern zumutbar ist. Auch eine Frage, die nicht gelöst ist: Welches Recht haben Eltern, wenn ihnen ein Halbtagsplatz angeboten wird, aber sie eine ganztägige Betreuung wünschen?
Keine Übernachtung
Auch Eltern mit untypischen Arbeitszeiten haben wenig Chancen auf die Betreuung ihrer Kinder. Im Kreis Kronach gibt es noch keine Krippe, die über Nacht die Kleinen betreut. Aber auch die Suche nach einer Tagesmutter könnte zäh werden. Michaela Schneider erzählt von welchen, die schon früh um sechs oder sieben die ersten Kinder aufnehmen. Eine Betreuung anderer Kinder bis Mitternacht ist nicht realistisch. Michaela Schneider sieht zudem ein anderes Problem: Was bringen ausreichend Krippenplätze, wenn die Erzieher fehlen? Derzeit reichen sie "gerade so" aus, erklärt Michaela Schneider. Doch der Beruf des Erziehers habe keinen guten Ruf. "Schlechte Bezahlung, unregelmäßige Arbeitszeiten und eine sehr lange Ausbildung - das Berufsbild muss attraktiver werden", betont Michaela Schneider.
Die Erzieher müssen für die Krippe speziell ausgebildet sein. Viele Erzieher machen Fortbildungen. "Es gibt eine eigene Krippen-Pädagogik", weiß Michaela Schneider. Doch arbeiten die Erzieher in der Krippe, fehlen sie wiederum in den Kindergärten. Michaela Schneider hofft, dass sich mehr Menschen entschließen, sich als Erzieher ausbilden zu lassen. Michaela Schneider ist sich sicher: Ohne genügend Erzieher bringt auch der gesetzliche Anspruch der Eltern wenig.