Druckartikel: Archäologen finden Relikte unter Umgehungsstrecke Zeyern

Archäologen finden Relikte unter Umgehungsstrecke Zeyern


Autor: Hendrik Steffens

Marktrodach, Mittwoch, 09. Dezember 2015

Die Ausgrabungen im Planbereich der Ortsumgehung Zeyern liefern Hinweise auf eine Besiedelung des Areals vor 3000 Jahren. Reichtümer werden die Funde wohl nicht einbringen, aber dafür eine erstaunliche Erkenntnis.
Melanie Zobel und ihr Team untersuchen den Boden unter der Humusschicht, die vom Bagger abgetragen wurde, nach Relikten. Fotos: Hendrik Steffens


m Gegenlicht der tiefstehenden Sonne ist es doppelt schwer, das schmutzige Dreieck als Keramikscherbe zu identifizieren. Das ungeübte Auge würde in dem Splitter kein historisches Relikt erkennen. Doch was Archäologen auf dem Areal nahe des Rewe-Marktes in Marktrodach gefunden haben, könnte 3000 Jahre alt sein. Grabungsleiterin Melanie Zobel und ihr Team haben wohl Hinweise auf frühzeitliche Population in der Gegend gefunden.

Der monetäre Wert der bisher rund 50 Funde - Keramik sowie Hinweise auf Feuerstellen oder Holzbauten - ist gering. Ungleich höher könnte der Erkenntnisgewinn zu werten sein, den die Funde mit sich bringen. "Man war bisher davon ausgegangen, dass die Besiedlung nur auf den Höhen stattfand", sagt Zobel und weist auf umliegende Hügel. Die Tallagen, so dachte man, seien den vorzeitlichen Siedlern zu feucht gewesen - erst vergangene Woche stand das Feld mal wieder unter Wasser.

Die Grabung gebe aber Hinweise, dass man falsch lag. "Das ist eine gute Aussage", sagt die Expertin, die Vor- und Frühgeschichte in Frankfurt und Köln studiert hat. Sollte doch noch ein Gräberfeld oder ein metallenes Artefakt auftauchen, könne sich auch monetärer Wert ergeben.

Die vierte Grabungswoche steht vor dem Abschluss. Ende der kommenden, so hofft die Expertin, könne man mit diesem Areal durch sein. Laut Jürgen Woll vom Staatlichen Bauamt Bamberg, Servicestelle Kronach, sind vor einem Baubeginn der Ortsumgehung Zeyern insgesamt rund 20 Hektar Boden zu untersuchen: "In diesem Jahr wird die Fläche für die vorgezogenen naturschutzfachlichen Maßnahmen untersucht", so Woll. Diese liegt am Beginn der geplanten Ortsumgehung, unmittelbar östlich hinter dem Rewe-Markt und ist etwa 4,5 Hektar groß. Die restlichen Flächen werden im Frühjahr untersucht. Einen Baubeginn der Ortsumgehung von Zeyern würden die Bodenuntersuchungen nicht verzögern. Ziel der Grabung ist, zu klären, ob sich Geschichte unter der geplanten Umgehungsstrecke verbirgt.


Dunkle Flecken als Hinweis

Wer das Feld am Rewe-Markt in den vergangenen Wochen gesehen hat, kann den Aufwand erahnen. Zuerst werden großflächig die oberen Humusschichten des Bodens abgetragen. Dabei hilft ein schwerer Bagger. Darunter kommt der Löss- oder Lehmboden zum Vorschein. "Im Idealfall zeichnen sich auf dieser Schicht dunkle Flecken ab", erklärt Archäologin Melanie Zobel. Sie können hinweisen auf Überbleibsel von Holzkohle, Brandlehm, Keramik ... Die Verdachtsflächen eines Befundes werden markiert, nummeriert, dokumentiert - und im Erdreich der Länge nach halbiert, um einen Querschnitt der Bodenschichten zu erhalten.

Die bisherigen Funde des Teams um Melanie Zobel stammen wahrscheinlich aus der Metallzeit. Mit dem Begriff werden die Epochen der Kupferzeit, Bronzezeit und Eisenzeit zusammengefasst von 1800 vor bis 1050 nach Christus, also unmittelbar vor dem Mittelalter. Im Fall der Marktrodacher Keramik gehen die Archäologen von einem Alter um 3000 Jahre aus. "Das ist eine vorläufige Schätzung", erklärt Melanie Zobel. Proben senden die Experten an ihre Grabungsfirma Archbau mit Sitz in Essen. Dort werden die Funde gereinigt und katalogisiert. "Dann findet auch eine zeitliche Datierung statt." Anschließend gehen die Relikte an das Landesamt für Denkmalpflege in München, erläutert Zobel. Über den Winter dürfte die Analyse der Grabungsfunde von Marktrodach abgeschlossen werden.


Holzhäuser ohne viel Befestigung

Und welche Rückschlüsse auf Population lassen die Funde zu? "Auf dieser Fläche könnte eine einphasige, kurzfristige Besiedelung stattgefunden haben", vermutet Zobel. Die verhältnismäßig wenigen Funde deuten darauf hin, dass einige wenige Holzhäuser für kurze Zeit an diesem Ort standen. Keine großen Anlagen oder Befestigungen, so die Vermutung, weil bislang nur Keramik, keine Metall- oder Steinartefakte gefunden worden sind.


Wie lebten Menschen damals?

Vor rund 3000 Jahren waren bäuerliche Strukturen verbreitet. "Es gab keine Städte. Das hat sich erst später mit den Kelten entwickelt", sagt Zobel. In kleinen Verbünden gingen die Menschen der Landwirtschaft nach und bewohnten oft Holzständer- oder Fachwerkbauten mit Lehmbewurf. Im Tauschhandel begann Metall eine Rolle zu spielen: Kupfer, Eisen ... Vermutlich gab es um 1000 vor Christus schon spezialisierte Metallbearbeiter, vielleicht sogar Händler. Und die hätten in einer bedeutenderen Siedlung als der, die wohl am heutigen Marktrodacher Rewe lag, sicher Spuren hinterlassen.