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Anwältin der Bürger will Kronachs Bürgermeisterin werden


Autor: Sandra Hackenberg

Kronach, Dienstag, 25. Februar 2020

Egal ob Mandanten oder Mieter - Sabine Gross setzt sich für ihre Mitmenschen ein. Nun will die 55-Jährige, die in Kronach ihre Wahlheimat gefunden hat, Bürgermeisterin werden.
Foto: Sandra Hackenberg


Als sich Sabine Gross 2001 mit ihrer Anwaltskanzlei selbstständig gemacht hat, hätte sie das überall machen können. "Aber ich habe keinen Tag darüber nachgedacht, woanders hinzugehen. Ich fühle mich hier zuhause."

Nach dem zweiten Staatsexamen fand Gross eine Anstellung als Anwältin in einer Kronacher Anwaltskanzlei und ist von Nürnberg ins beschauliche Kronach gezogen - und hat die Stadt so lieb gewonnen, dass sie sich anschließend entschieden hat, zu bleiben.

Und wenn dem Mensch etwas am Herzen liegt, dann pflegt er es und will es besser machen: Darum kandidiert die 55-jährige Fachanwältin für Familien-, Arbeits- und Sozialrecht als Bürgermeisterin.

Gegenwind und Vorurteile

Die genauso sympathische wie schlagfertige Juristin zieht gegen Angela Hofmann (CSU) und Johannes Vogt (Linke) ins Rennen. Zumindest im direkten Vergleich zur Vertreterin der Christdemokraten, die sich in den vergangenen Jahren als Stellvertreterin des amtierenden Bürgermeisters Wolfgang Beiergrößlein und als Stadträtin bereits einen Namen gemacht hat, ist Gross der vermeintliche Underdog. "Ich kandidiere aber keinesfalls aus einer Laune heraus. Ich halte mich für geeignet", stellt sie selbstbewusst klar.

Mit Gegenwind kennt sich die Vollblutjuristin aus: "Anwälte sind ein streitbares Völkchen. Ich bin es gewohnt, Gegner zu haben." Auch Vorurteile gegenüber Frauen in Führungspositionen bekam Gross bereits am eigenen Leib zu spüren: "Als ich nach meinem zweiten Staatsexamen auf der Suche nach einer Anstellung war, wurde ich in den Vorstellungsgesprächen auch schon mal gefragt: ,Was sagt denn ihr Mann dazu?‘"

Im Einsatz für die Mieter

Über solche Aussagen kann sie nur müde lächeln. Die Tochter aus einer sozialdemokratischen Familie ist der Typ Frau, der gerne zupackt, wenn andere noch reden: "Ich übernehme Verantwortung und löse Probleme." Gerechtigkeit und sozialer Friede sind Gross wichtig. Als Bürgermeisterin will sie Kronach für Menschen wie sie voranbringen. "Ich bin keine Berufspolitikerin. Ich bin Anwältin und einfach eine Bürgerin, die sich gerne für das Allgemeinwohl engagiert."

Das beweist sie unter anderem beim Kronacher Mieterverein, an dessen Gründung sie maßgeblich beteiligt war. Dort kämpft Gross seit Jahren als Justiziarin für die Belange von Mietern und vertritt deren Interessen, etwa, als die Kronacher Wohnungsbaugesellschaft nach ihrem Verkauf im Zuge von Modernisierungen die Mieten erhöhen wollte. "Da habe ich gemerkt, dass ich auch gerne mehr für die Stadt tun, noch mehr bewegen und mehr Verantwortung übernehmen würde", erzählt Gross, die sich bereits zu Studienzeiten in der Frauenpolitik engagiert hat und 2014 der SPD beigetreten ist.

Heute ist sie stellvertretende Vorsitzende des Kronacher Stadtverbandes. "Damals hatte ich das Gefühl, mit der Flüchtlingswelle und dem Aufkommen der AfD kam es einen Rechtsruck in Teilen der Gesellschaft", erinnert sich die Sozialdemokratin. "Mir war es wichtig, persönlich ein Zeichen gegen diese Entwicklung zu setzen - und dabei wollte ich es eigentlich belassen."

Doch es kam anders: Als Gross im Frühjahr 2015 für den SPD-Stadtverband den ersten Nachtflohmarkt im Rahmen von "Kronach leuchtet" organisierte ("Ich gehe gerne auf Flohmärkte und vor allem nachts finde ich das toll"), kamen auf Anhieb beachtliche 900 Euro zusammen. "Mir war wichtig, zu sehen, wofür das Geld verwendet wird", erklärt die 55-Jährige. Der Erlös wurde daher an das Diakonische Werk gespendet und dazu verwendet, den unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen im Bürgerspital Fahrräder zu beschaffen.

Seitdem hat der Stadtverband noch zwei weitere Nachtflohmärkte unter ihrer Leitung durchgeführt und die Erlöse an die Suppenküche in Kronach gespendet. "Der Erfolg der Flohmärkte war eine Initialzündung für mein Engagement im SPD Stadtverband."

Sich einzusetzen, kostet Kraft. Als Ausgleich hat Gross das Kochen für sich entdeckt - am liebsten frisch und gut bürgerlich. "Wenn ich Nudeln oder den Pizzateig selbst mache, ist das für mich Entspannung." Bei der Frage, wie viele Kochbücher sie inzwischen zuhause stehen hat, muss sie über sich selbst schmunzeln: "Es könnten inzwischen an die 100 Stück sein."

Ein anderes Hobby - Yoga - betreibt Gross schon, seit sie 16 ist. "Für mich ist das bis heute schleierhaft, wie Menschen sagen können, dass sie dabei entspannen oder sogar meditieren können. Ich finde, es ist ein verdammt anstrengendes Workout."

Katzen als Friedensstifter

Und dann sind da noch Benny und Marie - die beiden Heiligen Birmas, die der Katzenliebhaberin jeden Tag ein Lächeln ins Gesicht zaubern - und nicht nur ihr: "Wenn auf Facebook eine politische Debatte mal zu langweilig wird, poste ich einfach ein Katzenfoto - und alle sind wieder glücklich", verrät Gross ihr Patentrezept, um schlagartig Freude zu stiften.

Ob das als Kronachs Stadtoberhaupt genauso leicht funktioniert, bleibt abzuwarten. Doch vor Herausforderungen scheut Gross ohnehin nicht zurück. Was sie als Erstes in Angriff nehmen würde, sollte sie am 15. März gewählt werden? -"Die Straßen und Wege", antwortet sie, ohne eine Sekunde zu zögern. "Da ist vieles in der Vergangenheit aufgeschoben worden, das muss sich ändern. Früher habe ich gerne Stöckelschuhe getragen - das habe ich mir in Kronach abgewöhnt."

Und auch die Optik des Stadtgrabens ist Gross ein Dorn im Auge. "Da müssen wir eine Lösung finden. Die Bäume und Hecken gehören gestutzt, die Bänke abgestrahlt und die Graffitis müssen weg", zählt Gross auf.

Mit Blick auf die Fachschüler und Studenten, die nach Kronach kommen, sei es wichtig, sich als Stadt auch attraktiv zu präsentieren. Als Bürgermeisterin würde Gross die Ärmel hochkrempeln und anpacken.