Angst vor einem Schlag ins Wasser
Autor: Veronika Schadeck
LKR Kronach, Freitag, 03. Februar 2017
Die Frankenwaldgruppe bleibt in den Schlagzeilen, weil politische Uneinigkeit über den richtigen Weg zur Sanierung herrscht.
Der Wasserzweckverband Frankenwaldgruppe (FWG) ist anscheinend ein Fass ohne Boden. Spätestens seit der Bürgerversammlung in Teuschnitz sorgt die FWG wiederum für Zündstoff. Die Thematik ist komplex, und für viele Wasserabnehmer stehen eine Menge Fragen offen. Arnold Jungkunz ist einer von ihnen. In einem Schreiben äußerte er seinen Unmut.
Er wohnt in Haßlach bei Teuschnitz. Der Teuschnitzer Ortsteil wird über die FWG mit Wasser versorgt. Jungkunz kann es nicht fassen. Innerhalb von nur zwei Jahren stieg die Grundgebühr von vier auf neun Euro pro Monat. Das entspricht einer Erhöhung um 125 Prozent. Im gleichen Zeitraum stieg der Wasserpreis von 1,95 Euro auf 2,95 Euro pro Kubikmeter.
Seit Monaten verfolgt Jungkunz die Berichte in den Zeitungen. Sein Ärger wächst. Der Haßlacher befürchtet, dass nun die Bürger der beteiligten Kommunen für die Misere bei der sanierungsbedürftigen FWG aufkommen müssen. Er spricht von gravierenden Preisunterschieden bei der Wasserversorgung innerhalb des Landkreises. Und er fragt: "Wird hier mit zweierlei Maß gemessen?" und "Wo sind eigentlich die Wassergebühren hingekommen?"
Arnold Jungkunz hatte bisher immer Vertrauen in seine Mandatsträger, die sich "zum Wohle" der Bevölkerung einbringen. Nun fühlt er sich aber hintergangen. Er fragt sich, warum die Schuldigen nicht zur Rechenschaft gezogen werden.
Für MdL Jürgen Baumgärtner (CSU) ist die Situation nicht leicht. Er übernahm zum Ende des Jahres 2015 den Vorsitz der FWG, da sich kein anderes Zweckverbandsmitglied und kein Mandatsträger dazu bereit-erklärt hatte. Er erstellte binnen weniger Wochen ein Sanierungskonzept. Es gelang ihm, die von Umweltminister Marcel Huber im Jahr 2012 zugesicherte Förderung in Höhe von 3,5 Millionen Euro nicht nur wiederzuholen - sie war damals bereits vom Tisch, da der Antrag nicht fristgerecht eingereicht wurde - sondern sogar zu verdoppeln. Sieben Millionen Euro wurden für die Sanierung der Fernwasserleitungen der FWG und einen Teil der Hochbehälter bereitgestellt.
Ortsleitungen einbezogen
In dem Konzept wurden dann neben der Sanierung der Fernleitungen auch die Ortsleitungen berücksichtigt. Dies ist Voraussetzung, um zum einen die Förderungen zu erhalten und zum anderen auch die Chance zu wahren, als Härtefall anerkannt zu werden; dadurch könnten weitere finanzielle Unterstützungen für die Sanierung der Ortsnetze greifbar werden. Derzeit werden die genauen Kalkulationen erarbeitet. Baumgärtner, der seinen Vorsitz abgeben will, sobald die FWG auf Kurs ist, möchte den Zweckverband mit Förderungen durch die Staatsregierung, mit Verbesserungsbeiträgen der Bürger und mit Investitionskostenbeiträgen der Gemeinden in den nächsten zehn Jahren sanieren.Keiner der Mandatsträger war über die Investitionskostenbeiträge begeistert. Es gab teilweise hitzige Diskussionen. Aber es ging auch um Solidarität, darum, dass die Wasserpreise für die Bevölkerung im zumutbaren Rahmen bleiben sollen, wie der Tettauer Bürgermeister Peter Ebertsch (BfT) und sein ehemaliger Steinbacher Kollege, Klaus Löffler (CSU), mehrmals äußerten.
Letztendlich fassten alle beteiligten Gemeinden den entsprechenden Beschluss. Bis auf Teuschnitz. Die Stadt zieht nun gar eine Klage wegen der Investitionskostenbeiträge in Erwägung. Etwa 40 000 Euro soll Teuschnitz pro Jahr berappen, insgesamt 750 000 Euro (Teuschnitz erhielt 2016 eine Million Euro an Stabilisierungshilfen; d. Red.).
Die Teuschnitzer Bürgermeisterin und Zweckverbandsmitglied Gabi Weber (CSU) meinte auf Anfrage, dass sie sich zum Thema "Wasser" nicht mehr äußern werde. Ihr Stellvertreter und stellvertretendes Verbandsmitglied, Stefan Neubauer (CSU/FWG), sagte, dass man vor einer Entscheidung zuerst den Beitragsbescheid und dessen Gestaltung abwarten wolle. Etwa dahingehend, ob sich der Beitrag nur auf die Ortsteile im FWG-Bereich, also Haßlach und Rappoltengrün, bezieht.
Auf die Frage, wie er sich denn eine Sanierung der FWG vorstellen könnte, erklärte er, dass zwar die Fernleitungen bei der FWG bleiben, die Ortsnetze jedoch den Gemeinden überlassen werden sollten. Außerdem, so stellte er klar, sei es noch keineswegs sicher, ob der Härtefall mit den damit erwarteten 50 Prozent an Zuschüssen auch erreicht werde, weil der Antrag noch nicht gestellt worden sei. Zudem vermisse er eine genaue Kalkulation.
Gehaltsfrage aufgeworfen
Letztendlich schlug er vor, dass der Vorsitzende auf einen Teil seines Gehaltes von rund 1400 Euro monatlich verzichten sollte, zumal er mit dem Geschäftsführer Woller eine Entlastung habe. Und was die möglichen Belastungen der Bürger betrifft, spricht er davon, dass er als Teuschnitzer auch seine Wasserleitung habe bezahlen müssen.Das mit dem Gehaltsverzicht "finde ich dreist!", erwiderte Baumgärtner. Er sagte, dass Neubauer die FWG mit geprägt habe. Dessen Vorschlag für eine Sanierung der FWG würde ein Ende der kommunalen Zusammenarbeit mit der Fernwasserversorgung Oberfranken (FWO) bedeuten und hätte zur Folge, dass weitere 12,5 Millionen an Belastungen vorhanden wären. Dagegen gratulierte er Neubauer für die Überlegungen, eventuell Investitionskostenbeiträge für Haßlach und Rappoltengrün leisten zu wollen. "Statt 750 000 Euro könnte ich dann 1,5 Millionen Euro umlegen." Das ist seinen Worten zufolge der Investitionsbedarf für Haßlach.
Der Steinwiesener Bürgermeister Gerhard Wunder (CSU) spricht von einer "sportlichen Aufgabe". Er weist darauf hin, dass seine Kommune Baumgärtners Weg mitgehe. Voraussetzung sei allerdings, dass die Leistungsfähigkeit der FWG voll ausgeschöpft werde und die rechtliche Grundlage vorhanden sei. In diesem Zusammenhang hat der Bürgermeister seine Bedenken, da Steinwiesen eine Konsolidierungsgemeinde ist. Zudem solle zunächst der erste Schritt vollzogen werden, nämlich die Sanierung der Fernleitung und der Ortsnetze in Wilhelmsthal und Schauberg.
Und was nun die Fragen von Arnold Jungkunz betrifft: Aus Belegen aus dem Jahr 2009 geht hervor, dass die FWG 800 000 Euro an Einnahmen und 900 000 Euro an Ausgaben hatte. Dabei schlugen die Personalkosten mit 420 000 Euro, die Betriebskosten mit 200 000 Euro zu Buche. Für 120 000 Euro wurde Wasser von der Stadt Kronach gekauft. Aus Belegen ist auch zu entnehmen, dass sich die Zweckverbandsmitglieder im Jahr 2012 einstimmig - darunter auch die Stadt Teuschnitz - für eine Verbandsumlage der Gemeinden aussprachen.
Infoabend in Haßlach geplant
Sollte das Konzept von Baumgärtner scheitern, müssten aller Wahrscheinlichkeit nach die Bürger für den gesamten Investitionsstau aufkommen. Man rechnet mit rund 20 000 Euro pro Haushalt für die nächsten 25 Jahre. Der Wasserpreis würde dann bei einem Einfamilienhaus (Wasserverbrauch etwa 100 Kubikmeter pro Jahr) rund 10,95 Euro pro Kubikmeter betragen. Ob dieser Betrag über die Zumutbarkeit hinausgeht?Geht das Konzept von Baumgärtner auf, werden die Haushalte mit rund 5000 Euro belastet. Der Wasserpreis würde dann etwa 4,95 Euro netto pro Kubikmeter betragen. Baumgärtner will nun einen Infoabend in Haßlach abhalten. Dazu will er Gabi Weber und auch den stellvertretenden Bürgermeister einladen. Und Stefan Neubauer will kommen; eines will er aber nicht - den Vorsitz übernehmen.