An Schülerbeförderung im Kreis Kronach wird weiter gearbeitet
Autor: Marco Meißner
Kronach, Freitag, 17. April 2015
Die Beförderung der Schüler im Kreis Kronach ist seit 2013 in aller Munde. Damals liefen Eltern aus dem nördlichen Landkreis Sturm. Inzwischen sieht das Landratsamt eine positive Entwicklung.
Lange Fußwege zum Bahnhof, Gedränge am Bahnsteig, zu wenige oder zu kleine Waggons und schlecht geplante Busverbindungen beschäftigten die Kommunalpolitiker und die Landkreis-Verwaltung monatelang, nachdem eine Elterninitiative 2013 Alarm geschlagen hatte. In den vergangenen Wochen ist es jedoch ruhig um das Thema geworden. Was hat sich bisher getan?
"Derzeit läuft die Schülerbeförderung im Landkreis Kronach ohne Schwierigkeiten, da die Deutsche Bahn das durch die BEG bestellte Zugmaterial vereinbarungsgemäß einsetzt", informiert Pressesprecher Bernd Graf vom Landratsamt über eine positive Entwicklung aus Sicht der Behörde. Um die Sicherheit der Schüler am Bahnhof zu gewährleisten, werde zeitweise Sicherheitspersonal eingesetzt. Ferner setze der Landkreis Kronach zur Verkürzung der Wartezeit der Schüler in Richtung Tettau einen zusätzlichen Bus ab Pressig ein. Außerdem werde derzeit geprüft, ob und wie das Ziel eines maximal 60-minütigen Schulweges erreicht werden könne, berichtet Graf über bereits durchgeführte und geplante Maßnahmen, welche die Schülerbeförderung weiter verbessern sollen.
Mehrfach wurde in der Vergangenheit die Bus- und Zugnutzung überprüft. Momentan sind derartige Kontrollen laut Graf nicht vorgesehen. Dafür nennt er auch einen Grund: "Beschwerden beziehungsweise Erkenntnisse, die solche Überprüfungen erforderlich gemacht hätten, gab es seit längerer Zeit nicht mehr." Wie Graf ferner ausführt, werde einem CSU-Antrag entsprechend die Prüfung eines Online-Beschwerdemanagements durch die Verwaltung vorgenommen. Eine Schülerbefragung soll bis Ende April ausgewertet werden.
Das sagen die Politiker
Die CSU hat sich im Kreistag mit vielen Denkanstößen in die Diskussion um die Schülerbeförderung eingebracht. Die Bilanz von Fraktionssprecher Bernd Liebhardt: "Wir haben schon mal eines erreicht: Es ist ein Bewusstsein entstanden, dass etwas passieren muss." Erste Verbesserungsmaßnahmen seien bereits ergriffen worden. Nur würde sich Liebhardt eine höhere Schlagzahl bei deren Umsetzung wünschen. "In der Masse und in den Hauptzeiten funktioniert es", analysiert er das Schülerbeförderungs-System, allerdings gebe es in einzelnen Gebieten und Randlagen Handlungsbedarf. Dieser sei im Kreistag auch unstrittig, nur hat nach Liebhardts Einschätzung noch nicht jeder erkannt, wie akut die Situation ist. "Wir müssen die 60 Minuten Höchstfahrzeit nehmen und alle Maßnahmen an diesem Ziel messen", betont er, wie künftig klare Entscheidungen erreicht werden sollten.
Auch für Fraktionssprecher Richard Rauh (SPD) ist "im Grunde genommen unbestritten, dass alle eine Verbesserung wollen". Punktuell sei Geld in die Hand genommen worden, wodurch auch Fortschritte erzielt worden seien. Insgesamt seien solche Maßnahmen aber noch Stückwerk. "Von den Zielvorstellungen sind wir jedenfalls noch ein ganzes Stück weit entfernt." Nun müsse man erst einmal bis Ende Mai/Anfang Juni abwarten, bis das ÖPNV-Konzept stehe.
Ins gleiche Horn stößt Fraktionssprecher Peter Hänel (FW), der bisher nur geringfügige Verbesserungen wahrgenommen hat. "Man wartet auf das Ergebnis des Mobilitätskonzepts", erklärt er dies. Die Zielvorstellung - für alle maximal 60 Minuten Fahrzeit - zu erreichen, wird aber auch mit dem Konzept als Grundlage in seinen Augen ein schwieriges Unterfangen.
Eltern sind noch nicht zufrieden
Die Ludwigsstädter Mutter Astrid Vetter verfolgt seit Jahren mit Argusaugen, was sich bei der Schülerbeförderung im Landkreis tut. Als Gruppe auf Facebook ("Schülerverkehr mit der Bahn im Landkreis Kronach"), aber auch in Gesprächen vor Ort und mit der Politik vertreten sie und Gleichgesinnte die Interessen der Schüler und Eltern aus dem Kreisgebiet, die mit den langen Schulwegzeiten hadern.
"Jetzt haben wir den Waggon mehr am Zug", freut sie sich über einen Fortschritt. Und wenn es damit mal nicht klappe, gebe es einen Ersatzbus und jemanden, der Gewehr bei Fuß parat stehe, um die Kinder darauf hinzuweisen. "Das ist schon mal eine Hilfe." Dennoch haben die Streiter für eine bessere und schnellere Schülerbeförderung noch höhere Ziele. So ist es ihnen ein Dorn im Auge, dass manche Kinder aus der Rennsteigregion erst einmal kilometerweit laufen müssen, ehe sie mit Bus, dann Bahn, dann wieder Bus oder gar zu Fuß eine Stunde unterwegs sind, um zu ihrer Schule in Kronach zu kommen. "Ich finde diese Ungerechtigkeit schlimm", sagt Vetter. "Warum hat ein Kind, das nur drei Kilometer Schulweg hat, das Recht, mit dem Bus zu fahren. Ein anderes, dass eine Stunde unterwegs ist, muss zusätzlich aber zwei Kilometer laufen?!"
Momentan sei in dieser Angelegenheit eine gewisse Ruhe eingekehrt. Eine Studie, die sich mit einer Schule für den Landkreis-Norden befasst, sei in Auftrag gegeben worden. Deren Ergebnis wolle man erst einmal abwarten. Eine solche Schule wäre für Vetter die ideale Lösung. Oder wenigstens eine "Zweigstelle" - eventuell mit Containern - für den Nachmittagsunterricht. Aber ihre Euphorie, Letzteres zu erreichen, hält sich in Grenzen. Sie habe schon mit Schulleitern gesprochen und die ernüchternde Antwort bekommen: "Wie sollen denn die Lehrer da hinkommen?" An die Anfahrt der Schüler denke in diesem Moment offenbar niemand, ärgert sich die Mutter.
Auch eine Vereinsgründung hatte die Initiative ins Auge gefasst. Dieser Verein sollte gegebenenfalls sogar den Klageweg für einen schnelleren Schulweg beschreiten. Diese Option kann aber nicht gezogen werden. "Ein Verein darf nicht klagen. Wir bräuchten also eine Person, die sich vorne hinstellt - und das will zurzeit keiner machen", stellt Vetter fest. Daher heißt es erstmal abwarten.
Schule sieht bisher nur leichte Verbesserung
Eine Verbesserung zumindest in einem Fall nimmt Renate Leive, die Leiterin des Kaspar-Zeuß-Gymnasiums, bei den Schulwegverbindungen wahr. Ansonsten sei die Situation aus ihrer Sicht im Wesentlichen unverändert. Vor allem, wer im Landkreis-Norden und dort nicht direkt an der Bahnlinie wohne, habe es beispielsweise schwer, die Ganztagsklasse zu besuchen.
"Die Probleme tauchen oft bei Zug-Bus-Verbindungen auf", bedauert Leive. Allerdings ist sie überzeugt, dass an den entscheidenden Stellen an Lösungen gearbeitet wird. Aus Sicht der Schulleiter würde man sogar eine Anpassung der Schulzeiten ins Auge fassen, wenn der Bahnfahrplan eine Konstanz für die Planung garantieren könnte, meint sie. Eine "Zweigstelle" der weiterführenden Schulen im Norden hält sie hingegen aus organisatorischen Gründen für schwer umsetzbar.
Kommentar von Corinna Igler
Er steckt. Kommt nicht von der Stelle. Die Rede ist vom Zug, der in Kronach losgefahren ist und in Ludwigsstadt ankommen sollte. Doch in Stockheim hängt er fest, bewegt sich nicht weiter. Helfer sind vor Ort, versuchen durch Schieben den Zug zu bewegen. Doch es passiert nichts. Warum? Das ist generell die große Frage beim Thema Schülerbeförderung im Kreis Kronach.
Eineinhalb Jahre ist es nun her, dass die beiden Mütter Astrid Vetter und Tanja Jakob diesbezüglich Alarm geschlagen haben. Damals hing der Zug, um bei dem Bild zu bleiben, allerdings schon in Gundelsdorf.
Seitdem hat sich einiges getan, der Zug ist ein Stück weiter gekommen. Wenngleich nicht so weit, dass man von einer Erleichterung für die Schüler aus dem Landkreis-Norden sprechen könnte. Politiker sämtlicher Parteien im Kreis haben sich als Helfer hinter den Zug gestellt und geschoben. Der Zug kam vorwärts. Ein Stück zumindest. Nur noch nicht ins Ziel, sondern, bildlich gesehen, nur bis Stockheim. Dort steckt er nun wieder.
Die CSU hat das sicher nicht als einzige Partei erkannt, aber sie hat Ideen eingebracht, wie man den Zug wieder ins Rollen bringen könnte.
Und trotzdem kommt er noch nicht in Bewegung. Warum? Haben die Kräfte der Helfer nachgelassen? Oder fehlt vielleicht ganz einfach vorne einer, der zieht?
Das war es unter anderem, was wir als Tageszeitung vor wenigen Wochen mit Vertretern aus Politik, Landratsamt, Schule und Elternschaft diskutieren wollten. Doch Politik und Landratsamt waren dazu nicht bereit.
Schade, denn wenn man über die Probleme schon nicht öffentlich sprechen will, ist die Frage, ob man sie - und damit in diesem Fall den feststeckenden Zug - lösen kann.