Als das Bier zum Zankapfel wurde
Autor: Roland Graf
Geschwend, Donnerstag, 19. Sept. 2019
Lange Zeit waren die Kronacher vom Bischof privilegiert: Sie durften Bier brauen und verkaufen, die Landbevölkerung jedoch nicht.
Über Jahrhunderte hinweg verursachte ein städtisches Privileg immer wieder heftige Streitigkeiten und Auseinandersetzungen zwischen den Kronachern und der Landbevölkerung. Es war das vom Bamberger Bischof erlassene Bierprivileg, welches besagte, dass jeder Kronacher Bürger das Recht habe, Bier zu brauen und es zu "verzapfen", d. h. auszuschenken oder zu verkaufen. Allen Untertanen in den Dörfern der Hauptmannschaft hingegen war, mit wenigen Ausnahmen, das Brauen strengstens untersagt.
Die Landbevölkerung war somit gezwungen, ihr Bier aus Kronach zu beziehen. Wer dagegen verstieß, verfiel einer heftigen Strafe. Die Landbevölkerung sprach deshalb von der "Kronacher Biergeißel". Durch diese Regelung kamen die Stadt Kronach und der Bischof in den Genuss der Biersteuer, auch Ungeld oder Umgeld genannt. Im Gegensatz dazu hatten die markgräfischen Dörfer, zum Beispiel Hesselbach, ihr eigenes Braurecht und waren von dieser Anordnung nicht betroffen. Jedoch durften sie kein Bier in die Hauptmannschaft Kronach verkaufen.
Heimlich verkauft
Streng kontrollierten die Kronacher das Braurecht und den Bierverkauf, was bis in den letzten Bauernhof, besser gesagt, bis in die letzte Wustung erfolgte. Unter einer Wustung versteht man ein Einödgehöft mit umliegender, blockförmiger Flur.
Als den Kronachern zu Ohren kam, dass in den Wustungen Geschwend und Grümpel gebraut werde und diese heimlich ihr Bier an die Bewohner der Hauptmannschaft verkauften, kam es am 22. Juni 1644 zu einer Zeugenbefragung in der Vogtei in Kronach über das Braurecht in den Wustungen. Geschwend und Grümpel gehörten in der damaligen Zeit zum Rittergut Hesselbach, das seit 1610 dem Markgrafentum anheimgefallen war. Das markgräfische Hesselbach mit seinen Wustungen war somit für die Kronacher biersteuerliches "Ausland".
Erlaubnis vom Junker
Interessant gestalten sich die Zeugenaussagen. Der Zeuge Martin Weber von Hesselbach, Bamberger Untertan, seines Alters 60 Jahre, sagt bei Erinnerung seiner Pflicht, wie ihm gut wissend, dass die Hesselbacher zu brauen berechtigt sind. Sie dürfen aber keine Maß Bier hinaus verkaufen. Die Wustungen jedoch hätten keinerlei Recht zu brauen, jedoch vor ungefähr einem Jahr habe ihnen der Junker Christian Joachim von Varell das Brauen erlaubt.
Als die Gemeinde Hesselbach dagegen Einspruch erhob, verbot er ihnen zu sagen, dass die in der Wustung "deme 18. (Juni) gebraut hetten". Und der Zeuge fuhr fort: "Und dennoch ist es wahr, dass Heinz Fidler und Martin Wachter in Geschwend neulich gebraut hätten." Damit war die Befragung des ersten Zeugen beendet.
Auch der zweite Zeuge, der dreißigjährige Hans Müller von Hesselbach, ebenfalls ein Bamberger Untertan, bestätigt, dass die in den Wustungen kein Braurecht hätten und sie dennoch gebraut haben. Dies wisse er von seinem Vater Heinz Müller. "Sintemahlen Sie In der Haubtmannschafft herümber gelaufen Ihre Bier heimblicher weiß verpractirieret, welches die Heßelbacher Gemeind widsprochen, solches gar nicht gestatten wollen, Aber Ihr Juncker darbey geschüzet."