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AfD-Wahlveranstaltung in Weißenbrunn: Zwischen Angst und Wut


Autor: Marian Hamacher

Weißenbrunn, Freitag, 08. Sept. 2017

In der Weißenbrunner Leßbachtalhalle stellten die bayerischen Spitzenkandidaten der AfD vor, was ihrer Meinung nach in Deutschland und Europa falsch läuft.
Neben Martin Böhm (im Bild), dem Direktkandidaten des AfD-Kreisverbands Coburg/Kronach für die Bundestagswahl, sprachen in der Leßbachtalhalle auch der oberfränkische AfD-Bezirksvorsitzende Tobias Peterka sowie Martin Hebner und Peter Boehringer. Letztere stehen auf Platz 1 und 2 der bayerischen Landesliste. Foto: Marian Hamacher


Offenbar wollte die Polizei auf Nummer sicher gehen: Zwei Streifenwagen hatten sich Donnerstagabend vor der Leßbachtalhalle in Weißenbrunn positioniert, in der die AfD ihre Wahlkampf-Veranstaltung zum Thema "Euro-Rettungspolitik und Demokratieversagen" abhielt.

Viel zu tun hatten die Beamten allerdings nicht - außer in ihrem Wagen zu warten, bis die Besucher sich nach rund drei Stunden wieder auf den Heimweg machten. Denn Demonstranten hatten sich vorm Eingang keine eingefunden. Doch auch die AfD sorgte sich offenbar um ihre Sicherheit. Martin Böhm, der Direktkandidat des AfD-Kreisverbands Coburg/Kronach dankte zur Begrüßung dem engagierten Sicherheitsdienst, der dafür sorge, dass es keine Probleme mit jenen Menschen gebe, "die es mit dem fairen demokratischen Diskurs nicht so ernst nehmen".


Halle zu rund zwei Drittel gefüllt

Doch die Abendgestaltung der von Böhm Angesprochenen sah anscheinend nicht vor, einen Ausflug nach Weißenbrunn zu unternehmen und vor der Halle zu lauschen, was Böhm, der oberfränkische AfD-Bezirksvorsitzende Tobias Peterka sowie die beiden aussichtsreichsten bayerischen AfD-Listenkandidaten Martin Hebner und Peter Boehringer mitzuteilen hatten.

Einige Personen, die am 24. September ihr Kreuz wohl nicht bei der AfD machen werden, hatten sich stattdessen lieber in die Halle begeben, wo sie ruhig der Veranstaltung folgten. Zu erkennen war der - an einer Hand abzuzählende Personenkreis - allerdings daran, dass sie die Hände in den Hosentaschen behielten oder die Arme vor der Brust verschränkten, während der Rest der Zuschauer unter "Bravo"- und "Jawoll"-Rufen applaudierte, wenn einer der Redner auch ihre Meinung getroffen hatte.

Mit einer Trennwand hatte der veranstaltende Kreisverband ein Drittel der Halle abgetrennt. Mit etwa 90 Besuchern war der Bereich zu rund zwei Dritteln gefüllt.


Integration, Grenzöffnung, Sicherheit und Bildung

Böhm, der als erster Redner hinters Pult trat, konzentrierte sich zunächst auf den zweiten Aspekt des Themas und nahm sich das "Demokratieversagen" vor. Das scheint er vor allem in den Punkten Integration, Grenzöffnung, Sicherheit und Bildung zu sehen.

Im Laufe des Abends ging nahezu jeder Redner darauf ein, weshalb die bisher im Bundestag vertretenen Parteien oder die FDP seiner Meinung nach nicht in der Lage sind, politisch aktiv zu sein. Für Peterka etwa sammeln sich bei der Linken, der "ehemaligen Mauermörder-Partei", linke Träumer, während sich die Grünen, die "vielleicht in den 80ern noch nötig gewesen sind", einen "Orwell-Staat" wünschen. Die FDP wiederum, habe bei der AfD abgeschrieben, "wenn es um Europa geht. Aber wenn es die FDP sagt, ist es ok", fand er.


Peterka verteidigt Gauland

Einer der Lieblingsgegner war am Donnerstagabend die Integrationsbeauftragte Aydan Özoguz. Ende August hatte der AfD-Spitzenkandidat Alexander Gauland Äußerungen der SPD-Politikerin kommentiert, wonach eine spezifisch deutsche Kultur jenseits der Sprache nicht auszumachen sei. "Ladet sie mal ins Eichsfeld ein und sagt ihr dann, was spezifisch deutsche Kultur ist", soll Gauland bei einer Wahlkampfveranstaltung in Thüringen gesagt haben - gefolgt vom Satz: "Danach kommt sie hier nie wieder her, und wir werden sie dann auch, Gott sei Dank, in Anatolien entsorgen können."

Wenn man Gauland ganz negativ auslege, was er über Özguz gesagt hat, "dieses Wort ,Entsorgung', dann geht das natürlich nicht", sagte Peterka. "Aber das hat er niemals so gemeint, und es ist eine Frechheit, ihm das so vorzuwerfen."

Er ging auch auf die Äußerungen der Hamburger Linken-Kandidatin Sarah Rambatz ein, die in einer Facebook-Gruppe um "antideutsche" Filmempfehlungen bat und sich nach einem Shitstorm nun aus dem Wahlkampf zurückzieht. "Diese Art von Selbsthass und schlussendlich purem Rassismus wiedert mich zutiefst an. Vielleicht sollte sich diese Frau Rambatz einmal selbst in Nordkorea entsorgen", schlug Peterka dem Weißenbrunner Publikum vor. "Dort hat sie dann das Arbeiterparadies, das sie wahrscheinlich selbst sucht."
Peter Boehringer konzentrierte sich hingegen auf die Wirtschaftspolitik. "In diesem Land wäre genug Geld da, wenn nicht an falscher Stelle zu viel ausgegeben würde", sagte der Wirtschaftspublizist. Er ist davon überzeugt, dass die EU eines Tages scheitern wird, es sei lediglich die Frage, in wievielen Jahres es soweit sein wird. Deutschland brauche eine nationale Währung, um stark aufgestellt zu sein. Der Euro wäre zudem nie eingeführt worden, wenn es Volksabstimmungen gegeben hätte, wie sie die AfD für die Zukunft fordert.


"Wir bilden Sammeltaxen"

Martin Hebner zeichnete in seiner Rede das Bild eines Deutschlands, in dem sich die Sicherheit der Bevölkerung Stück für Stück zurückzieht. "Wir haben vier Kinder, davon zwei Töchter", sagte der Informatiker aus dem Kreisverband Starnberg, der zwar auf Platz 1 der bayerischen AfD-Landesliste steht, sich aber noch nicht als Politiker versteht.

"Wir schauen, dass wir sie nicht mehr mit der S-Bahn nach Hause fahren lassen, sondern Sammeltaxen bilden und sie abholen", erzählte Hebner. Auch bitte er seine Töchter, kein öffentliches Schwimmbad mehr zu besuchen. Etwas ändern könne an diesem Zustand nur die AfD. Dieser Satz war im Grunde das AfD-Mantra des Abends.